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Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes

Titel: Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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bevor er ging. »Aber dann warst du schon fort«, sagte sie, »und ich war allein. Da habe ich mich denn für die Fahrt nach New Orleans fertiggemacht.«
    »Fahr hin, Liebe«, sagte er trocken. »Du hast einen zweifelhaften Sieg errungen. Jedesmal, wenn ich anfange, meine Gefühle zu zergliedern, halte ich rechtzeitig ein und amüsiere mich über den Unsinn.«
    Sie nahm den Nachmittagszug nach New Orleans. Dilcy saß ihr mit Cornelia im Abteil gegenüber. Dilcy machte ein grimmiges Gesicht; sie befand sich im Zustand höchster Mißbilligung. Sie hatte lange Jahre für die Damen auf Ardeith gearbeitet, und es war ihr in all der Zeit niemals begegnet, daß eine Dame ihren Gatten verlassen hätte, um allein und unbeschützt in einem Hotel zu übernachten.
II
    E leanor ließ sich im St.-Charles-Hotel eintragen. Unter keinen Umständen wollte sie die Gastfreundschaft von Kesters oder ihrer eigenen Familie in Anspruch nehmen. Sie telefonierte mit Mr. Robichaux und verabredete mit ihm eine Unterredung für den nächsten Nachmittag im Bankgebäude.
    Sie schlief ruhig in dieser Nacht, und der Schlaf tat ihr gut, stärkte und erfrischte sie. Am Morgen suchte sie ihren Vater in seinem Büro auf. Ihr Bruder Vance, der ein Jahr jünger als sie und bereits ein vielversprechender junger Ingenieur war, sprang auf, als sie hereinkam, und fragte, was sie in der Stadt zu tun habe. Sie sagte, daß sie den Vater gern kurz gesprochen hätte. Papa sei in seinem Privatbüro und diktiere, sagte Vance. Er bat sie, sich zu setzen und ihm einen Augenblick Gesellschaft zu leisten. Er erzählte ihr dann die Tagesneuigkeiten. Lena Tonelli hatte sich verlobt und wollte demnächst heiraten; Florence hatte sich zu einem hübschen Mädchen entwickelt und hielt das Haus mit ihren zahlreichen Verehrern ständig in Bewegung; der Atchafalaya-Fluß führte Hochwasser und stand höher als jemals zuvor in diesem Jahr.
    Obgleich Eleanor im Innersten niedergeschlagen war, hörte sie dem Plaudern des Bruders doch aufmerksam zu. Vance trug seinen Namen nach dem Manne, dem Fred Upjohn seine erste Arbeit beim Deichbau verdankte; er hatte von klein auf großes Interesse für das Wasserstraßen-System Louisianas gezeigt und seine Schwester stets gern von seinen Kenntnissen profitieren lassen. Während er jetzt sprach, erinnerte sich Eleanor daran, wie sie mit Vance und Florence in den verschiedenen Deichbaulagern herumgetollt und gespielt hatte. Sie hatten nach eigenen Entwürfen kleine Deiche gebaut und alte Blechdosen als Schaufeln benützt. Als Vance neun und sie zehn Jahre alt waren, konnten sie bereits richtige kleine Uferdämme bauen, sorgfältig ausgewogen, mit Schächten, Böschungsabhängen und Schlaghölzern versehen. Die Abhänge pflegten sie mit Hilfe eines Maßbandes, das aus ihrer Mutter Nähkorb stammte, sorgfältig abzustufen und überhaupt jede Einzelheit korrekt vom Großen ins Kleine zu übertragen. Die erst siebenjährige Florence mußte Botengänge erledigen. Wenn sie sich weigerte, drohten sie ihr damit, ihr ihre ›Schweineschwänzchen‹ abzuschneiden. Jetzt war Vance bereits Ingenieur und Florence eine erwachsene junge Dame, und sie selber hatte bereits die Erkenntnis hinter sich, daß nichts auf der Welt vollkommen war. Sie sprachen eine ganze Weile, aber schließlich bat Eleanor den Bruder, den Vater von ihrer Anwesenheit zu verständigen. Vance öffnete die Tür zu Freds Privatkontor und steckte den Kopf durch den Spalt. »Papa«, sagte er, »Eleanor ist hier.«
    Fred Upjohn saß hinter seinem Schreibtisch und sah mit gerunzelten Brauen auf die rot-blaue Zeichnung eines Dampfplanierers. Er sprang auf, als sie das Zimmer betrat.
    »Eleanor«, sagte er, »warum kommst du in die Stadt?«
    Sie warf einen flüchtigen Blick auf seine Sekretärin. »Ich hätte dich gern einen Augenblick allein gesprochen«, sagte sie.
    Fred gab dem Mädchen einen Wink, das seine Sachen zusammenpackte und das Kontor verließ. »Setz dich, meine Liebe«, sagte Fred, nachdem sie allein waren.
    »Ich habe nicht sehr viel Zeit, Papa«, sagte Eleanor unvermittelt. »Ich habe nur eine Frage. Würdest du mir das Kapital meiner Tonelli-Anteile freigeben?«
    »Oh!« Fred setzte sich wieder und faltete seine Hände über der rot-blauen Zeichnung. Er sah sie eine Weile schweigend von oben bis unten an; schließlich begegneten sich ihre Augen.
    »Nein, Eleanor, das werde ich nicht tun«, sagte Fred Upjohn.
    Es gab ihr einen Stich; sie fühlte ihn fast wie einen physischen

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