Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
Platz war leer, aber gleich einem Rahmen mit zahllosen kleinen Brillanten besetzt.
Eleanor raffte diese und andere Schätze zusammen und tat sie in einen Beutel. Dann verschloß sie den Safe, raffte ihren Rock zusammen und verließ das Gewölbe. Sie ließ die Juwelen vorerst in ihrem Zimmer und begab sich, ohne auch nur erst ihre schmutzigen Hände zu reinigen, auf den Boden des Hauses. Der war angefüllt mit altertümlichen Möbeln aus Mahagoni und Rosenholz, die hier nutzlos herumstanden, aber hinter den Schaufenstern der Royalstreet in New Orleans als kostbare Antiquitäten bestaunt werden würden.
Als sie nach einer Weile wieder herunterkam, trat ihr Kester schon in der oberen Halle entgegen.
»Eleanor, wo hast du gesteckt? Was hast du gemacht?« fragte er. Er sah sie von oben bis unten an und brach plötzlich in lautes Gelächter aus. »Dein Haar ist voller Spinnweben«, rief er aus, »und dein Kleid sieht aus, als hättest du dich im Straßenstaub herumgewälzt.«
»Komm herein«, antwortete Eleanor und öffnete die Tür ihres Schlafzimmers.
»Kester, weißt du, daß wir genug alten Kram im Haus haben, um uns Geld zu verschaffen?« sagte sie. »Da stehen und liegen Dinge herum, die einen Antiquitätenhändler verrückt machen würden. Ich werde einen aus New Orleans herauskommen lassen.«
Kester sah sie verblüfft an. Sie merkte schon nach wenigen Minuten, daß er unangenehm berührt war. Offenbar war es ihm noch nie vorgekommen, daß jemand auf den Gedanken verfiel, die alten Möbel und Kleinodien von Ardeith trennen zu wollen. Sie schienen ihm ebenso untrennbar mit dem Hause verbunden wie die Säulen, die das Dach trugen. Seine Augen ruhten unverwandt auf den Juwelen und den Silbergeräten, während er Eleanor zuhörte, die Überlegungen darüber anstellte, was von all diesen Dingen sich am leichtesten und vorteilhaftesten verkaufen ließe. Dann und wann schüttelte er, wie in hilflosem Protest, den Kopf.
»Den Cognac meinetwegen«, sagte er nach einer Weile, »und, wenn es sein muß, auch die Möbel vom Boden; wir werden sie selber ja vermutlich nicht mehr benötigen. Aber dies hier –«, er wies auf die Juwelen – »Eleanor, sollen wir uns von diesen Stücken wirklich trennen? Sie gehören zu Ardeith, jedes einzelne Stück hat seine besondere Bedeutung, ich könnte dir seine Geschichte erzählen –«
»Leider sind wir nicht in der Lage, uns Sentimentalitäten leisten zu können«, entgegnete Eleanor.
Er hatte das brillantengeschmückte Medaillon aufgenommen. »Meine Großmutter – das Mädchen mit dem blauen Reifrock unten in der Halle – versuchte, das Stück hier während der Rekonstruktion zu verkaufen«, sagte er. »Eines ihrer Kinder war schwer erkrankt. Es war Hochsommer, und sie konnte kein Eis bekommen. Nicht einmal für das Medaillon hier. Das Kind starb.«
»Kester, mein Lieber, das war sicher sehr traurig«, sagte Eleanor. »Aber es darf uns heut nicht mehr kümmern. Wir müssen an uns und unser Kind denken.«
Er legte das Medaillon behutsam zurück auf den Tisch neben die anderen Juwelen. »Das Schlimme mit dir ist, daß du immer so verdammt recht hast«, sagte er nicht ohne Bitterkeit.
Sie fuhren am nächsten Tag mit den Juwelen nach New Orleans und ließen sie schätzen. Hinterher erklärte Eleanor, es sei ja nicht unbedingt notwendig, die Sachen zu verkaufen; die Bank würde sie vielleicht als Sicherheit auf die fälligen Hypothekenzinsen in Verwahr nehmen. Kester atmete unwillkürlich auf, und da er das Schlimmste auf diese Weise abgewendet sah, stellte er ihr anheim, einen Antiquitätenhändler auszuwählen, der die alten Möbel auf Ardeith besichtigen möchte.
Der Händler zeigte sich sehr interessiert. Sein Gesicht glänzte wie Schweineschmalz. Sein Haar war schmierig, und selbst seine Stimme hatte einen öligen Ton. An seinem Rockaufschlag trug er einen Knopf mit der sonderbaren Inschrift: ›Ich liebe meine Frau, aber du bist so süß!‹ Es gab eine ganze Anzahl seriöser Händler auf der Royalstreet, aber Eleanor hatte gerade diesen Mann mit kühlem Bedacht ausgewählt; sie wollte mit jemand verhandeln, der das, was sie zu verkaufen hatte, als Ware betrachten und nüchtern abschätzen würde, ohne sentimentale Betrachtungen an den Vorgang zu knüpfen. Cameo, der sie am Bahnhof mit dem Gespann erwartete, warf dem ein wenig fragwürdigen Individuum einen abschätzigen Blick zu, ließ aber im übrigen nichts von der respektvollen Haltung vermissen, die er allen
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