Louisiana-Trilogie 3 - Am Ufer des Ruhmes
ziemlich trübseligen Wetters guter Laune hinaus. Ein Baby war jedenfalls etwas sehr Schönes. Kester wünschte sich ein zweites, aber Eleanor weigerte sich, an weitere Kinder zu denken, solange sie nicht die Gewißheit hatte, ein Dach über dem Kopf zu haben. Während sie zur Stadt fuhr, wirbelte der Begriff Baumwolle schon wieder in ihrem Kopf herum und folterte sie. Als sie den Drugstore erreichte, regnete es. Klara und Violet saßen an der Sodaquelle vor einem Getränk und klagten über das Wetter.
»Du kannst nicht einmal einwenden: Es ist gut für die Ernte«, sagte Violet, »die Ernte ist herein.«
»Ich bin es so leid, über Baumwolle reden zu hören«, jammerte Klara, »mit Neal ist schon gar nichts mehr anzufangen.«
Silberwald ist wenigstens nicht bis zum Zusammenbruch in Hypothekenschulden verstrickt, dachte Eleanor, während sie grüßend herankam.
»Ich habe gerade beschlossen, mich nicht mehr darüber zu ärgern«, trotzte Klara und hob das Kinn mit einem Selbstbewußtsein, als hätte sie durch diesen Beschluß die Wiedereröffnung der Börse erzwungen.
Eleanor lehnte die Einladung, einen Soda mitzutrinken, ab. Sie vermochte Klaras niedliches Geschwätz im Augenblick nicht zu ertragen; es zerrte an ihren Nerven. Aber als sie dann zurückfuhr, beneidete sie die junge Frau fast. Es mußte wundervoll sein, einfach bei sich beschließen zu können, sich nicht mehr zu ärgern, und auch andere zu der gleichen harmlosen Betrachtungsweise bringen zu können.
Sie stellte den Wagen ab, rannte durch den rieselnden Regen zur Hintertür, riß sie auf und schloß sie so hastig hinter sich, daß ihr Rock dazwischengeriet und entzweiriß. Sie schrie verwirrt und ärgerlich auf und eilte die Treppe hinauf. Ihr Zimmer war kalt. Sie mußte veranlassen, daß zum Abend geheizt wurde. Sie untersuchte den Rock und stellte fest, daß er böse zerrissen war. Die gestopfte Stelle würde sich nicht verbergen lassen. »Ich beginne nun langsam wie ein Almosenempfänger auszusehen«, sagte sie erbittert zu sich selbst, »o mein Gott – Ardeith! Sogar der Verkäufer im Drugstore sah mich an, als wüßte er, daß unsere Rechnung monatelang überfällig ist. Baumwolle – der Krieg – verdammt sei das alles!«
Das Telefon läutete.
Sie hatte gar keine Lust, mit jemand zu sprechen. Die Dienerschaft war unten bei der Arbeit; irgend jemand würde den Hörer schon abnehmen. Aber das Telefon läutete abermals. Sie besah sich den Riß in ihrem Rock und achtete nicht darauf. Es klingelte zum dritten Male. Sie stand unwillig auf und setzte sich auf die Bettkante. So ein Instrument ist hartnäckig; man kann es nicht ignorieren. Sie nahm den Hörer ab und hörte im gleichen Augenblick Kester am unteren Apparat antworten.
»Mr. Larne?« sagte eine weibliche Stimme am anderen Drahtende.
»Ja«, sagte Kester.
»Kester, hier ist Isabel.«
»Oh«, sagte Kester, »ich dachte es fast.«
Eleanor wunderte sich etwas, was Isabel wohl von Kester wollen möchte.
Sie schickte sich eben an, den Hörer wieder aufzulegen, als Isabels nun folgende Worte sie zögern ließen:
»Ist deine Frau – wie heißt sie doch noch?«
»Eleanor.«
»Ach ja. Ist Eleanor in der Nähe?«
»Nein. Sie ist in die Stadt gefahren.«
»Gut. Kester, ich möchte mit dir sprechen.«
»Ja? Also sprich.«
»Nein, verzeih! Ich meine, ich möchte dich sehen. Könntest du herkommen?«
Es entstand eine Pause. »Ja, ich weiß nicht«, sagte Kester dann, »ich möchte lieber nicht.«
Eleanor lauschte. Sie saß auf der Bettkante und hielt den Hörer ans Ohr gepreßt. Sie spürte, wie ihr Herz klopfte.
»O Kester«, rief Isabel über den Draht, »benimm dich nicht wie ein provinzlerischer Puritaner.«
Er lachte. »Ich bin in meinem Leben schon mit allen möglichen Namen belegt worden, aber das Prädikat ist neu. Aber mein liebes, sehr ehrenwertes Mädchen, ich sehe den Grund zu einem solchen Besuch noch nicht ein.«
»Deine Stimme erinnert mich an Louisiana – wie es damals war. Aber ernsthaft, Lieber, ich möchte dich sehen. Soll ich es dir erklären?«
»Bitte, bitte, wenn es sein muß. Sprich ruhig. Es ist niemand weiter hier.«
Er sprach obenhin, offensichtlich uninteressiert. Vielleicht tut er das absichtlich, dachte Eleanor.
»Höre zu, Kester«, sagte Isabel, »ich bin nicht deinetwegen nach Hause gekommen« – sie lachte nervös –, »aber seit ich nun hier bin – sage mir, Kester, weiß Eleanor etwas über – nun, über uns?«
»Nein«,
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