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Lourdes

Lourdes

Titel: Lourdes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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interessant, sehr interessant!« wiederholte Frau Desagneaux. »Wir danken Ihnen sehr für Ihre Gefälligkeit!«
    »Bitte sehr, bitte sehr, gnädige Frau. Ich bin entzückt, die Gelegenheit gehabt zu haben, Ihnen mein kleines Volk zu zeigen.« Gérard hatte Raymonde nicht verlassen. Herr von Guersaint und Pierre berieten sich bereits mit den Blicken, um sich endlich auf die Place du Marcadal zu begeben, als Frau Desagneaux sich erinnerte, daß eine Freundin sie beauftragt hatte, ihr eine Flasche Wasser von Lourdes zu übersenden. Sie fragte Gérard, wie sie das anzufangen hätte. Dieser begann zu lachen.
    »Wollen Sie mich wiederum als Führer annehmen? Aber halt! Wenn diese Herren uns begleiten, werde ich Ihnen vor allem das Lager zeigen, in dem man die Flaschen füllt, zupfropft, in eine Schachtel legt und dann verschickt. Es ist sehr merkwürdig.«
    Herr von Guersaint war sofort einverstanden. Die fünf Personen machten sich wieder auf den Weg. Frau Desagneaux ging zwischen dem Architekten und dem Priester, während Raymonde und Gérard hinter ihnen schritten. Die Menge wurde im brennenden Sonnenschein immer größer, die Place du Rosaire floß über von einem Strom gaffender Leute, wie am Tag einer öffentlichen Lustbarkeit.
    Die Werkstätte befand sich übrigens da, zur linken Hand unter einem der Bogen. Sie bestand aus einer Reihe von drei sehr einfachen Sälen. Im ersten füllte man die Flaschen auf die gewöhnlichste Weise von der Welt. Ein kleines, grün angestrichenes, einem Bewässerungsfaß ziemlich ähnliches Zinkfäßchen kam voll Wasser aus der Grotte. Dann wurden die Flaschen aus weißem Glas ganz einfach Stück für Stück am Hahn gefüllt, ohne daß der Arbeiter im Kittel immer darüber wachte, daß kein Wasser überfloß. Eine kleine Pfütze entstand auf dem Boden. Die Flaschen trugen kein Etikett, nur die Bleikapsel über dem Pfropfen aus schönem Kork hatte eine die Herkunft anzeigende Inschrift, und man überstrich dieselbe mit einer Art Bleiweiß, ohne Zweifel der besseren Erhaltung wegen. Die zwei anderen Säle dienten zum Verpacken und waren eine wirkliche Packerwerkstätte mit den dazugehörigen Werktischen, Geräten und Haufen von Hobelspänen. Man verfertigte darin hauptsächlich Holzschachteln für eine oder zwei Flaschen, sehr hübsch gearbeitete Schachteln, in die die Flaschen auf ein Bett aus feinen Spanschnitzeln niedergelegt wurden. Das Ganze glich etwa den Versandgeschäften für Blumen in Nizza und für eingemachte Früchte in Grasse.
    Gérard gab mit ruhiger und befriedigter Miene Erklärungen.
    »Sie sehen«, sagte er »das Wasser kommt in der Tat aus der Grotte, was die im Umlauf befindlichen, übel angebrachten Spöttereien erledigt. Und es gibt da keine Verwicklungen, alles ist natürlich und geht am hellen Tage vor sich. Ich mache Sie überdies darauf aufmerksam, daß die Patres kein Wasser verkaufen, wie man sagt. So kostet eine hier gekaufte volle Flasche nur zwanzig Centimes. Wenn Sie sie versenden lassen, tritt natürlich die Verpackung und der Versand dazu. Sie wird Sie auf einen Frank und siebzig Centimes zu stehen kommen. Übrigens steht es Ihnen frei, alle Kannen und etwaigen sonstigen Gefäße, die es Ihnen mitzubringen beliebt, an der Quelle zu füllen.«
    Pierre überlegte, daß der Gewinn der Patres nicht groß sein konnte. Denn sie verdienten fast nur an der Verpackung der Schachteln und an den Flaschen, von denen sie, tausendweise bezogen, das Stück sicher nicht zwanzig Centimes kostete. Aber Raymonde und Frau Desagneaux und auch Herr von Guersaint mit seiner lebhaften Einbildungskraft erlebten eine große Enttäuschung angesichts des kleinen grünen Fäßchens, der mit Bleiweiß verklebten Kapseln und der um die Werktische herum angehäuften Hobelspäne. Sie hatten sich wohl Zeremonien, einen gewissen Ritus vorgestellt, mit dem das wunderbare Wasser in die Flaschen gefüllt würde. Und Pierre dachte schließlich angesichts dieses gewöhnlichen Flaschenlagers und des alltäglichen Packraumes an die wirksame Kraft des Glaubens. Wenn eine von den Flaschen in weiter Ferne in das Zimmer eines Kranken kommt, wenn man sie auspackt und er auf die Knie fällt, wenn er sich beim Beschauen und Trinken dieses reinen Wassers begeistert, bis er die Heilung seines Leidens hervorruft, so bedarf es dazu wahrhaftig eines außerordentlichen Sprungs in das Gebiet der allmächtigen Illusion.
    »Halt!« rief Gérard, als alle hinausgingen, »wollen Sie, ehe wir zur Verwaltung

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