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Lourdes

Lourdes

Titel: Lourdes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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man glaubte, es sei mit ihr zu Ende. Da röteten sich plötzlich ihre Wangen, ihre Augen öffneten sich und sie holte tief und kräftig Atem. Sie war geheilt, sie konnte sich allein wieder anziehen und aß tüchtig, nachdem sie vorher in die Grotte gegangen war, um der Heiligen Jungfrau zu danken ... Nun, das war doch gewiß eine Schwindsüchtige, und sie ist dennoch geheilt worden!«
    Dann wollte Bruder Isidor sprechen; aber er konnte nicht und begnügte sich daher, unter großer Anstrengung zu seiner Schwester zu sagen:
    »Martha, erzähle doch die Geschichte von der Schwester Dorothea, die uns der Kurat von Saint-Sauveur mitgeteilt hat.«
    »Schwester Dorothea«, begann die Bäuerin unbeholfen, »stand eines Morgens mit einem geschwollenen Beine auf. Von diesem Augenblicke an konnte sie das Bein nicht mehr gebrauchen. Es wurde kalt und schwer wie ein Stein. Dabei hatte sie große Schmerzen im Rücken. Die Ärzte verstanden nichts davon. Sie hatte ein halbes Dutzend um Rat gefragt, die sie mit Nadeln tief ins Fleisch stachen und ihr mit einer Menge Arzneimitteln die Haut verbrannten. Das war alles, was sie konnten ... Schwester Dorothea hatte bald eingesehen, daß allein die Heilige Jungfrau das richtige Heilmittel finden würde. So reiste sie denn nach Lourdes und ließ sich in den Weiher setzen. Zuerst glaubte sie, darin sterben zu müssen, denn es war so kalt. Dann aber wurde das Wasser weicher, so daß es ihr fast lauwarm vorkam und köstlich wie Milch. Noch niemals hatte sie etwas so Wohltuendes verspürt. Ihre Adern öffneten sich, und das Wasser drang hinein. Das Leben kehrte in ihren Körper zurück von dem Augenblicke an, da sich die Heilige Jungfrau in die Sache gemischt hatte ... Ihr fehlte von da an nicht das geringste mehr, sie ging spazieren, aß zum Abend eine ganze Taube und schlief die ganze Nacht hindurch wie eine Selige. Ruhm und Ehre der Heiligen Jungfrau! Ewige Dankbarkeit der allmächtigen Mutter und ihrem göttlichen Sohne!«
    Elise Rouquet hätte auch gar zu gern ein Wunder, das sie kannte, angebracht. Aber sie sprach wegen ihres entstellten Mundes so schlecht, daß sie bis jetzt noch nicht an die Reihe hatte kommen können. Als aber eine Pause entstand, benützte sie diese, nachdem sie das Tuch, das ihre entsetzliche Wunde verbarg, etwas zur Seite geschoben hatte.
    »Bei dem, was man mir erzählt hat, ist nicht von einer schweren Krankheit die Rede, aber die Geschichte ist sehr komisch ... Es handelt sich um eine Frau, Cölestine Dubois mit Namen, die sich beim Einseifen von Wäsche eine Nadel in die Hand gestochen hatte. Sieben Jahre lang blieb sie darin stecken, da kein Arzt imstande gewesen war, sie wieder herauszuziehen. Ihre Hand hatte sich ganz zusammengezogen, und sie konnte sie gar nicht mehr aufmachen. Sie kommt in Lourdes an, sie taucht die Hand in den Weiher. Aber sofort stößt sie einen Schrei aus und zieht sie wieder zurück. Mit Gewalt steckt man die Hand in das Wasser hinein und hält sie dort fest, während die Frau jammert und stöhnt und ihr Gesicht sich ganz mit Schweiß bedeckt. Dreimal tauchte man sie unter, und jedesmal sieht man, wie die Nadel wieder ein Stück weiter gewandert ist, bis sie endlich an der Spitze des Daumens zum Vorschein kommt ... Natürlich war ihr Schreien dadurch veranlaßt worden, daß die Nadel in dem Fleische vorwärtswanderte, als wenn sie von jemand gestoßen würde, um sie herauszubekommen ... Cölestine hat niemals mehr Schmerzen gehabt, und ihre Hand hat nur eine kleine Narbe behalten zu dem einzigen Zwecke, das Werk der Heiligen Jungfrau zu zeigen.«
    Diese Anekdote hatte noch mehr Wirkung als die Wunder der großartigen Heilungen. Eine Nadel, die vorwärtsdrang, gleich als wenn sie jemand gestoßen hätte! Das war eine Steigerung des Wunderbaren, das zeigte jedem Kranken seinen Schutzengel, der hinter ihm stand, bereit, ihm auf einen Wink des Himmels zu helfen. Dann wie reizend und wie kindlich war das, eine Nadel, die durch das wunderbare Wasser zum Wandern gebracht wurde, nachdem sie sieben Jahre ruhig auf einem Platze geblieben war! Und alle gaben ihrer Freude lauten Ausdruck und lachten vor Vergnügen und strahlten vor Glück, daß dem Himmel nichts unmöglich war, daß sie alle, wenn der Himmel wolle, gesund, jung und glücklich würden. Es genügte, zu glauben und innig zu beten, damit die Natur verstumme und das Unglaubliche sich verwirkliche.
    »Oh, Vater, wie schön ist das!« flüsterte Marie, durch die Erregung neu belebt und

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