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Lourdes

Lourdes

Titel: Lourdes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Anstrengungen der Propaganda bedurft hat. Selbstverständlich wird sich eine solche Menschenmenge nicht so leicht wieder hier zusammenfinden.«
    Eine kurze Pause entstand, dann murmelte der Pater:
    »Ohne Zweifel ... Das Werk ist gesegnet, es gedeiht von Tag zu Tag. Wir haben mehr als zweimalhunderttausend Frank Almosen für die Reise zusammengebracht. Gott wird mit uns sein, und ich bin überzeugt, wir werden morgen zahlreiche Heilungen zu konstatieren haben.«
    Dann unterbrach er sich und fuhr nach einer Weile fort:
    »Ist der Pater Dargelès nicht gekommen?«
    Doktor Bonamy machte eine Bewegung mit der Hand, die besagen sollte, daß er es nicht wüßte. Der Pater Dargelès war mit der Redaktion des »Journal de la Grotte« betraut. Er gehörte dem Orden der Väter von der Unbefleckten Empfängnis an, die vom Bischof in Lourdes angesiedelt und dort unumschränkte Herren waren. Wenn aber die Väter von Mariä Himmelfahrt den nationalen Pilgerzug aus Paris hergebracht hatten, dem sich die Gläubigen aus den Städten Cambrai, Arras, Chartres, Troyes, Reims, Sens, Orleans, Blois und Poitiers anschlossen, hatte es den Anschein, als ob sie vollständig verschwunden wären. Man merkte ihre Allmacht weder in der Grotte noch in der Basilika. Sie schienen mit der Ablieferung aller Schlüssel auch jede Verantwortlichkeit von sich abzuwälzen. Allein wenn auch die Väter von der Unbefleckten Empfängnis verschwunden waren, so spürte man sie trotzdem wie die verborgene und höchste Kraft, die ohne Ermüdung an dem siegreichen Gedeihen des Hauses arbeitet. Sie machten sich nützlich bis zur eigenen Erniedrigung.
    »Es ist wahr«, begann Pater Fourcade von neuem das Gespräch in einem heiteren Tone; »es ist wahr, man muß bei guter Zeit aufstehen, schon um zwei Uhr morgens ... Aber ich wollte doch da sein. Was würden denn sonst meine armen Kinder gesagt haben?«
    »Drei Uhr fünfundzwanzig, noch fünfundzwanzig Minuten«, sagte Doktor Bonamy, der nach der Uhr sah und ein Gähnen unterdrückte und trotz seiner unterwürfigen Haltung im Grunde doch verdrießlich darüber war, daß er sein Bett zu so früher Morgenstunde hatte verlassen müssen.
    Müßige Leute, in Gruppen geteilt, Geistliche, Herren in Überröcken und ein Dragoner offizier kamen und gingen auf dem matt erleuchteten Bahnsteig auf und ab. Andere saßen auf Bänken und plauderten oder schauten mit erwartungsvollen Blicken in die finstere Landschaft. Die hellerleuchteten Wartesäle öffneten ihre Pforten. Die Lichter in dem Restaurationszimmer wurden angezündet. Man bemerkte Marmortische und das mit Brot- und Fruchtkörben, mit Flaschen und Gläsern beladene Büfett.
    Am rechten Ende des Schutzdaches herrschte ein gewaltiges Durcheinander. Dort befand sich ein Tor für die Wagen, mit denen man die Kranken, wegschaffte. Eine Unmenge von Tragbahren und kleinen Wagen, ein Berg von Kissen und Matratzen versperrte den Bahnsteig. Drei Abteilungen von Sänftenträgern waren da, Männer aus allen Klassen, besonders junge Leute aus den besseren Ständen. Alle trugen auf ihren Röcken das rote, orangefarbengeränderte Kreuz. Die einen rauchten, während die anderen es sich in ihren kleinen Wagen bequem gemacht hatten und schliefen oder bei dem Lichte einer der Gasflammen eine Zeitung lasen.
    Plötzlich grüßten die Sänftenträger. Ein Mann von väterlichem Aussehen, mit schneeweißen Haaren, einem guten, dicken Gesicht und großen, gläubigen Kinderaugen erschien. Es war der Baron Suire, Besitzer eines der größten Vermögen und großer Liegenschaften in Toulon, der Präsident der Hospitalität Notre-Dame de Salut.
    »Wo ist Berthaud?« fragte er jeden mit geschäftiger Miene. »Wo ist Berthaud? Ich muß mit ihm sprechen.«
    Jeder antwortete, und jeder gab einen andern Bescheid. Berthaud war der Direktor der Sänftenträger. Die einen hatten den Direktor soeben mit dem ehrwürdigen Pater Fourcade gesehen, die anderen behaupteten, er wäre auf dem Bahnhofsplatze und besichtige die Krankenwagen.
    »Wenn der Herr Präsident wünscht, daß wir den Herrn Direktor holen sollen ...«
    »Nein, nein, ich danke! Ich werde ihn wohl selbst finden.«
    Während dieser Zeit saß Berthaud auf einer Bank am andern Ende des Bahnhofs und plauderte in Erwartung der Ankunft des Zuges mit einem jungen Freunde, Gérard de Peyrelongue. Er war ein Mann von vierzig Jahren mit schöner, großer und ebenmäßig gebauter Gestalt, der aus Liebhaberei ein Amt übernommen hatte. Einer streitbaren

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