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Lourdes

Lourdes

Titel: Lourdes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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entzückt:
    »Welche Landschaft! Nun sind es dreißig Jahre, daß ich das Tal von Gavarnie zu besuchen wünsche. Das ist aber noch weit und so teuer, daß ich diesen Ausflug gewiß nicht werde machen können.«
    »Sie täuschen sich! Nichts ist leichter auszuführen. Wenn mehrere daran teilnehmen, ist die Ausgabe bescheiden. Und gerade dieses Jahr will ich wieder dorthin reisen. Wenn Sie sich also uns anschließen wollen ...«
    »Wie, war' es möglich? Nun, wir werden noch darüber sprechen. Tausend Dank!«
    Seine Tochter rief ihn, und nach einem Austausch von herzlichen Grüßen gesellte er sich zu ihr. Pierre hatte beschlossen, Marie bis zum Hospital zu fahren, um ihr die Umlagerung in einen andern Wagen zu ersparen. Schon kamen die Omnibusse, die Landauer und die Möbelwagen zurück und füllten, auf den folgenden Zug wartend, den Hof aufs neue an. Es kostete einige Mühe, mit dem kleinen Karren, dessen Räder in den Schmutz einsanken, die Straße zu erreichen.
    Als der kleine Wagen etwas freier auf der abhängigen Straße hinrollte, fragte Marie Herrn von Guersaint, der neben ihr ging, plötzlich:
    »Vater, welchen Tag haben wir heute?«
    »Samstag, mein Liebling.«
    »Wahrhaftig, Samstag, den Tag der Heiligen Jungfrau ... Wird sie mich heute heilen ?«
    Hinter ihr brachten zwei Träger auf einer bedeckten Bahre den Leichnam des Mannes, den sie im Hintergrund des Gepäcksaales im Dunkel der Fässer aufgeladen hatten, um ihn an einen von Pater Fourcade bezeichneten verborgenen Ort zu bringen.

II
    Das Hospital Notre-Dame des Douleurs, von einem wohltätigen Kanonikus erbaut und aus Mangel an Geld unvollendet, ist ein weites Gebäude von vier Stockwerken. Gewöhnlich ist es von hundert kranken und armen Greisen besetzt. Aber zur Zeit der nationalen Pilgerfahrt erhalten diese Greise anderswo ein Obdach für drei Tage, und das Hospital wird an die Patres von Mariä Himmelfahrt vermietet, die manchmal bis zu fünf- und sechshundert Kranke darin unterbringen.
    Diesen Morgen herrschte eine große Verwirrung auf dem Hofe und vor der von zwei Personen bewachten Tür. Seit dem Tage vorher hatte sich das Personal der einstweiligen Direktion in einem Saale des Erdgeschosses eingerichtet mit einem verschwenderischen Aufwand von Registern, Karten und bedruckten Formularen. Man wollte es viel besser machen als das vorhergegangene Jahr: die Säle des unteren Stockes sollten für die schwächsten Kranken reserviert werden. Die Ausgabe der Karten, welche den Namen des Saales und die Nummer des Bettes trugen, sollte mit größter Sorgfalt vorgenommen werden. Aber alle guten Absichten schlugen fehl angesichts des Stromes von Schwerkranken, welchen der weiße Zug mitbrachte. Die neuen Formalitäten verwickelten die Dinge dermaßen, daß man sich hatte entschließen müssen, die Unglücklichen in der Reihenfolge ihres Eintreffens im Hofe niederzulegen, in der Erwartung, sie später mit etwas mehr Ordnung unterbringen zu können. Es begann noch einmal wie auf dem Bahnhof das jämmerliche Lagern unter freiem Himmel, während die Sänftenträger und die Beamten des Sekretariatsjunge Seminaristen – von allen Seiten mit bestürzten Mienen herbeiliefen.
    »Man hat allzuviel tun wollen«, rief der Baron Suire verzweifelt.
    Das Wort war begründet. Man bemerkte, daß man die Kranken, die am schwierigsten von der Stelle zu bringen waren, infolge von unerklärbaren Mißgriffen für die oberen Säle eingeschrieben hatte. Es war unmöglich, diese Einteilung umzuarbeiten. Alles wurde auf gut Glück neu organisiert. Man begann mit der Verteilung der Karten, während ein junger Priester die Namen und Adressen zur Kontrolle in ein Register eintrug. Jeder Kranke mußte seine Hospitalitätskarte vorzeigen, die die Farbe des Zuges hatte und mit seinem Namen und seiner Ordnungsnummer versehen war und auf die man den Namen des Krankensaales und die Nummer des Bettes schrieb. Das dehnte das Geschäft der Krankenaufnahme endlos aus.
    Hierauf begann in dem weitläufigen Gebäude durch die vier Stockwerke hindurch ein Hasten ohne Ende. Herr Sabathier befand sich als einer der ersten in einem Saale des Erdgeschosses, im sogenannten Saal der Haushaltungen, wo die kranken Männer ermächtigt waren, ihre Frauen bei sich zu behalten. Man nahm im Hospital Notre-Dame des Douleurs übrigens keine ledigen Damen auf. Obwohl der Bruder Isidor von seiner Schwester begleitet wurde, willigte man doch ein, sie als eine Haushaltung zu betrachten. Man gab ihm einen Platz

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