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Love Alice

Love Alice

Titel: Love Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nataly Elisabeth Savina
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Sauna trocknet die Haut sehr aus. Creme dich bitte nachher ein. Bleib nicht zu lange drin. Sei vorsichtig mit der Hitze.«
    Ich umarme und küsse Mama und stecke die Tube schnell in die Tasche. Dann renne ich hinter Micha und Cherry die Treppe hinunter.
    Im Auto singen Cherry und Micha die Reimfetzen aus Cherrys Heft. Ich kenne sie nicht alle, viele sind einfach albern, aber Micha kann sie alle auswendig. Cherry sagt, dass sie ihm immer die neuen vorliest, wenn sie abends nichts zu tun haben. Micha lacht und sagt, dass er die Reime nicht mehr aus dem Kopf bekäme. Cherry singt schief, Micha heiser, und ich bin gleichzeitig verwundert und froh, dass ich mit in die Sauna gehen darf. Ich hätte nicht gedacht, dass Mama ihr Misstrauen gegenüber Fremden so schnell ablegen kann. Vielleicht liegt es daran, dass sie einfach merkt, wie erwachsen ich mittlerweile bin.
    Die Sonne blitzt zwischen den vorbeirasenden Birken und Fichten am Wegrand. Die Strahlen schießen direkt in mein Gesicht. Ich schließe die Augen und genieße es, wie eine Katze auf der Fensterbank.
    Der Wald ist sonnendurchflutet und friedlich. Es ist ein ungewöhnlich warmer Tag. Das Saunahäuschen hat sich Micha auf einem kleinen Grundstück gebaut. Tuulas Vater habe ihm dabei geholfen, erzählt er, als er mir alles zeigt. Tuulas Familie hat ihr Grundstück in der Nachbarschaft, aber es ist von hier aus durch die Büsche nicht zu sehen. Um das Häuschen herum kann man unter den schmelzenden Schneehügeln kleine Beete erkennen, vor dem Eingang steht eine alte, verrostete Gartenbank. Bevor wir hineingehen, breitet Micha eine flauschige Decke darauf aus, »für später«, wie er sagt.
    Ich stehe barfuß vor dem Umkleideraum auf einem Holzgitter, um den Körper habe ich ein Handtuch gewickelt. Auf einmal ist es mir peinlich, nackt zu sein, ich sehne mich nach meinen Kleidern. Einfach so ausgezogen vor Cherrys Vater aufzutauchen erscheint mir höchst unpassend und ziemlich unangenehm. Ich frage mich, was sich Mama dabei gedacht hat.
    An den Außenwänden der Sauna klettert ein schwarzes Eichhörnchen hoch. Es sieht mich an, sobald ich es anschaue. Ich halte meinen Atem an, um es nicht zu verschrecken. Wenn man es aus der Nähe betrachtet, wirkt das Nagetier viel weniger niedlich als aus Entfernung. Der Schwanz hängt gerade zwischen den Hinterpfoten zur Erde herunter, die Pfoten sind im Verhältnis zum Körper breit und grabschig, es hat riesige Finger. Ich beuge mich vor und blase eine Atemwolke auf das Glas. Das Eichhörnchen klettert mit verärgertem Geknatter davon. Ich zeichne mit dem Fingernagel ein Auge auf das Fenster und versinke wieder in meinen schamhaften Gedanken.
    Da wird mit einem Ruck die Tür der Saunakabine aufgerissen. Splitternackt steht Cherry vor mir, ihr nasses Haar klebt an ihren Schultern. Im Hintergrund sehe ich Micha, der auf der obersten Holzbank liegt. Sein Bauch glänzt vor Schweiß, um die Hüften trägt er ein Handtuch. Cherry grinst über beide Ohren und atmet tief ein.
    »Tür zu!«, ruft Micha.
    »Komm endlich rein!«, ruft Cherry.
    Wir verteilen uns auf den Saunastufen. Ich bin ganz unten, wo es am wenigsten heiß ist. Wir dösen in der Hitze, die mich zufrieden und müde macht. Micha sieht mich kein einziges Mal an.
    Die Holzbank wärmt mir den Rücken, meine hochgezogenen Knie brennen. Ich strecke die Beine aus. Ich erinnere mich an alle Momente der letzten Wochen, in denen ich gefroren habe, und hülle meine Erinnerungen an die Kälte in die mollige Wärme ein. Der eisige Wind, der kalte Boden in unserer Wohnung, das Frösteln im Klassenzimmer, das Bibbern auf der Bushaltestelle und die beißende Kälte im Tannenhaus – der Winter verdampft aus meiner Erinnerung. Alles weicht der trockenen Hitze der glühenden Steine und Bretter. Meine Poren öffnen sich. Das Drumherum wird von den erdig-rotbraunen Farben bestimmt. Wie vor der Geburt, überlege ich, warm, dunkel, gemütlich.
    Mein Herzanhänger glüht zwischen meinen Schlüsselbeinen. Wenn ich mich nicht bewege, spüre ich ihn nicht. Nur wenn die goldene Kette ein wenig an meinem Hals hin und her rutscht, fühle ich das aufgeheizte Metall auf der Haut.
    »Mädels?«, sagt Micha.
    »Hm?«, meldet sich Cherry stellvertretend. Ich hebe meinen Kopf, aber jede Bewegung erscheint mir zu viel.
    »Ich zisch raus. Kommt, sobald ihr durch seid, dann zeig ich euch was«, sagt Micha.
    Ich lege mich wieder hin. Ich horche, wie mein Blut in den Ohren pocht. Als es immer lauter wird und

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