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Love Alice

Love Alice

Titel: Love Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nataly Elisabeth Savina
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aussieht.
    »Ach, so ein Quatsch!«, flüstert sie schließlich.
    Ich merke, dass es ihr leidtut, wie sie mich angefahren hat.
    Wir kriechen ganz nah an die Gleise heran. Cherry legt ihren Kopf auf den Boden, dass er die Schienen fast berührt. Sie dreht sich zu mir und blinzelt mich an. Dann scheuert sie ihren Kopf tiefer in den Schnee.
    Ich sehe sie an, dann wieder in die Ferne, wo die Gleise eine Kurve machen und hinter dem Gebüsch verschwinden. Flirrendes Summen kommt auf, die Schienen beginnen zu vibrieren.
    »Er kommt«, sagt Cherry. »Du darfst den Kopf auf keinen Fall heben, klar?«
    Ich zögere. Die Gleise summen immer lauter.
    »Mach schon, Alice!«, ruft Cherry und zuckt mit dem einen Bein in meine Richtung, ohne ihren Kopf zu bewegen.
    Ich werfe mich neben sie und lege meinen Kopf ganz nah an ihren. Ich versuche, mich darauf zu konzentrieren, wie die Flechtmuster meiner Mütze die Wollzöpfe ihrer Mütze berühren.
    Wir gucken in den Himmel. Ich spüre das Trommeln in den Gleisen. Der Zug kommt. Er rast viel schneller auf uns zu, als ich es erwartet hätte.
    Ich würde gerne noch näher an Cherry heranrücken, traue mich aber nicht mehr. Der Atem stockt mir bei der diffusen Vorstellung, ich müsste aus unerfindlichen Gründen genau jetzt meinen Kopf heben, würde von dem verrußten Metallungeheuer erfasst und zerfetzt werden.
    Der Zug überfährt uns mit einem ohrenbetäubenden Kreischen, schwarzölige Gewinde rasen knapp über unsere Köpfe hinweg und berühren fast unsere Nasen. Wir verkrallen unsere Hände miteinander. Cherry macht die Augen auf und brüllt vor Vergnügen, ich presse die Augen zusammen und brülle mit ihr.
    Als es wieder still ist, sehen wir uns mit weit aufgerissenen, glänzenden Augen an. Bevor mein Herz komplett aus meinem Bauch heraushüpft, beuge ich mich zu Cherry und küsse sie auf den Mund. Sie lässt es geschehen, spannt die Lippen an, ihr Mund ist fest und lebendig. Ich lege mich wieder hin, nehme ihre Hand und sehe in den Himmel.
    Eine kosmische Ruhe fließt durch meine Adern. Von der Körpermitte in alle Richtungen. Schneeflocken kommen aus der Tiefe des Himmels auf uns zu, als würden wir durch einen Tunnel schweben. Cherry liegt ganz still und hält meine Hand fest.
    Als der zweite Zug kommt, starren wir gemeinsam mit aufgerissenen Augen seinen Bauch an. Wir drücken unsere Hinterköpfe fest in den Boden, kreischen und lachen gleichzeitig.
    Sobald wir wieder frei sind, kullern wir den Hügel herunter und bleiben kurz vor dem Gebüsch im Schnee liegen. Schneeflocken schmelzen auf unseren Wangen. Ich gähne. In meinem Schneeanzug ist es warm und gemütlich, der windstille Winterabend kühlt sanft meine Nase. Auf einmal rollt sich ein Mädchengewicht grob auf mich und ich spüre Cherrys Atem auf meinen Lippen.
    »Du darfst nie im Schnee einschlafen. Sonst stirbst du«, sagt sie.

Die Fuchsspuren
    Diesmal reiße ich die Tür auf, bevor Cherry auf den Klingelknopf drückt. Wir sind verabredet. Fertig angezogen und zum Aufbruch bereit, grinse ich Cherry an und will sie zur Begrüßung umarmen. Wir stoßen unbeholfen aneinander und küssen uns ungelenk, mehr aus Versehen, auf den Mund. Ich höre Mamas Schritte hinter mir und sehe Micha hinter Cherry hochkommen.
    »Guten Tag«, ruft Mama rasch, bevor jemand so etwas Plumpes wie »Hallo!« oder »Hey!« loslässt und ihr den freien Vormittag verdirbt.
    Ich bemerke, wie sie unauffällig Michas Atem überprüft. Er trägt eine lässige Jeans und eine sportliche Daunenjacke und strotzt vor Energie. Mama schlägt ihren Diven-Morgenmantel fester um sich, bewusst ignoriert sie seinen schelmischen Blick. Nur ich weiß, dass es kein Zufall ist, dass sie noch ihren Morgenmantel anhat. Mama lächelt Cherry freundlich an und schwebt zurück in unsere Wohnung. »Wann bringen Sie Alice wieder?«, ruft sie im Gehen.
    »Sie kommen nicht mit?«, antwortet Micha enttäuscht.
    Mama taucht wieder in der Tür auf. Sie streckt den Arm mit den klimpernden Bracelets über meinen Kopf und übergibt Micha ihre Autoschlüssel.
    »Nein, das ist nicht die Art Spaß, auf die ich Wert lege. Aber Alice wollte unbedingt«, sagt Mama.
    »Es ist sehr gesund, regelmäßig in die Sauna zu gehen«, sagt Cherry.
    »Na, dann viel Spaß, Dodospatz«, sagt Mama und ruft Micha streng hinterher: »Ich verlasse mich auf Sie!«
    Ich schnappe Cherrys Hand und ziehe sie hinter mir her, um Mama zu entkommen. Mama hält mich an der Jacke fest und steckt mir eine Tube zu.
    »Die

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