Love at Stakes 05 - Der Vampir der aus der Kälte kam-ok
Toni sah zu, wie Constantine auf den Boden hinabschwebte. Sie konnte es noch immer nicht glauben. Shanna und Radinka tranken ihren Tee, als wären Kinder, die halb Mensch und halb Vampir waren, das Normalste von der Welt.
»Hast du gefragt, ob du darfst, ehe du geschwebt bist?«, fragte Shanna ihren Sohn.
»Ja, Mommy.« Er kletterte zurück in seinen Stuhl.
»Gut.« Shanna setzte sich ihm gegenüber. »Wir haben ihm beigebracht, mit dem Schweben vorsichtig zu sein. Wir wollen nicht, dass jeder es zu sehen bekommt.«
»Grandpa zum Beispiel.« Constantine nahm noch einen Schluck Milch.
»Leider ja", stimmte Shanna zu. »Mein Dad ist der Kopf des Stake-Out-Teams der CIA. Die wollen alle Vampire vom Erdboden verschwinden lassen.«
Das hörte sich nach Familienstreitigkeiten an. »Das muss unangenehm sein bei Familientreffen.«
»Ich kann dir sagen. Zum Glück ist mein Dad verrückt nach seinem Enkel, also ignoriert er die guten Vampire und konzentriert sich ganz auf die Malcontents. Aber wenn er herausfindet, dass Tino einige ungewöhnliche Gene geerbt hat, könnte das ein Problem werden.«
Der kleine Junge sackte über seinem Buch zusammen. »Würde Grandpa mich dann nicht mehr lieb haben?«
»Oh, Süßer.« Shanna eilte zu ihrem Sohn. »Er wird dich immer lieb haben. Wir lieben dich alle so sehr.«
»Das tun wir.« In Radinkas Augen glitzerte es, während sie den kleinen Jungen ansah.
Ein stechender Anflug von Neid machte sich in Toni bemerkbar. Wie viel Glück hatte dieser Junge, so sehr geliebt zu werden. Sie hatte sich immer nach der Liebe ihrer Mutter gesehnt, aber sie nie zu spüren bekommen. Ihre Mutter hatte den Mann ihrer Träume geheiratet und zwei weitere Kinder bekommen. Toni war bei ihnen nie willkommen gewesen. Nur ihre Großmutter hatte sie spüren lassen, was Mutterliebe war, und sie selbst hatte die Beziehung abrupt beendet, als sie dreizehn Jahre alt gewesen war. Toni hatte sie im Stich gelassen.
Als sie vor ein paar Nächten zum ersten Mal die Welt der Vampire betrat, hatte sie erwartet, einen schaurigen Ort voll von gruseligen Gestalten vorzufinden. Stattdessen hatte sie eine Gruppe aus Vampiren und Sterblichen gefunden, die mitfühlend und fürsorglich waren. Es war offensichtlich, dass sie sich umeinander kümmerten. Shanna war fünf Treppen hinaufgestiegen, nur um Ian eine Nachricht zu hinterlassen.
Gehörte sie zu ihnen? Das hatte Constantine gefragt. Und ganz plötzlich merkte Toni, dass sie zu einem Mitglied dieser ausladenden Familie werden konnte - einer Familie, die sich umeinander kümmerte und einander vertraute. Sie konnte von all dem ein Teil sein. Nie wieder ausgestoßen. Nie wieder würde sie sich so fühlen, als sei sie nicht gut genug.
Es war so... verlockend. Aber auch erschreckend, denn sie hatte ihr ganzes Leben bereits mit Sabrina geplant. Sabrina war ihre Familie, nicht diese Leute in der Vampirwelt. Sobald der ganze Mist mit Sabrina aufgeklärt war, konnte Toni die Vampirwelt für immer verlassen. Vor zwei Tagen hatte ihr das noch nicht schnell genug gehen können. Jetzt aber begann sie, sich... gewollt zu fühlen. Und wertgeschätzt. Zum ersten Mal merkte sie, dass es noch eine andere Möglichkeit gab, ihr Leben zu gestalten.
»Alles in Ordnung, Liebes?«, fragte Radinka.
»Ich - ich sollte gehen.« Sie warf einen Blick auf die Uhr über der Spüle. »Meine Klausur fängt in einer Stunde an.«
Constantine legte seine kleine Hand auf ihren Arm. »Alles wird gut, Toni.«
Ihr Arm kribbelte, als eine Welle warmer Energie von der Hand des kleinen Jungen ausging. Sie erstarrte, aber dann entspannte sie sich urplötzlich, als die Energie sich mit beruhigender Sanftheit über sie ergoss. Ihre Spannung löste sich und hinterließ das Gefühl von Wohlbehagen. Und das Gefühl, dass sie einfach alles schaffen konnte.
Sie sah den kleinen Jungen an, und er lächelte. In seinen leuchtend blauen Augen stand eine Intelligenz geschrieben, die in einem so jungen Kind erschreckend wirken sollte, aber sie war zu wunderbar, um sich Sorgen zu machen. Constantine strahlte Güte aus, und er ließ sie damit wissen, dass sie keine Angst haben musste.
Er zog seine Hand zurück und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Bilderbuch. Toni sammelte ihre Sachen zusammen und verabschiedete sich. Auf dem Weg zur U-Bahn-Station wiederholte sie die Frage des kleinen Jungen immer wieder in ihren Gedanken. Gehört Toni zu uns ? Wie weit ließ sie sich in diese neue Welt hineinsaugen?
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