love sheriffs
interessanter sein dürfte als Ihr Schreibtisch.«
Der Dokumentarfilm ist zum zehnjährigen Bestehen des Magazins in Auftrag gegeben worden und wird seither bei jeder sich bietenden Gelegenheit wehrlosen Gästen vorgeführt. Und zwar meistens im Konferenzraum!
»Ja, aber ...«, beginne ich einen Einwand, ohne zu wissen, wie er weitergehen soll. »Warten Sie, Mister Collins«, spreche ich dann in meiner Verzweiflung den blonden US-Boy direkt an. »Schauen Sie mal da hinten«, ich zeige in die Richtung, wo Anna in einiger Entfernung steht und mich neugierig beobachtet. »Das ist unsere Volontärin Anna. Die möchte Sie unbedingt kennenlernen.«
Die Blicke der ganzen Gruppe folgen meinem ausgestreckten Arm und ich sehe gerade noch, wie Anna knallrot anläuft, sich - fipp - flink wie ein Erdmännchen wegduckt und hinter ihrem Schreibtisch versteckt.
Landuris macht eine verärgerte Handbewegung und sagt in einer Schärfe, mit der er sonst wohl nur seinen Scheitel zieht: »Wir haben heute noch viel auf dem Programm, Frau Herzog. Also, wenn Sie uns jetzt bitte in Ruhe weitermachen ließen? Verbindlichen Dank.«
Mister Collins zuckt mit den Achseln und schaut mich mit einem bedauernden Ausdruck an, dann läuft er mit der Truppe weiter zum Konferenzraum.
Anna streckt vorsichtig ihren Kopf über den Schreibtisch und als sie sieht, dass die anderen fort sind, steht sie auf und zeigt mir einen Vogel. Ich atme tief durch, stoße einen leisen Fluch aus und renne meinem Fanclub hinterher.
»Hallo«, rufe ich im Vorbeilaufen. »Ich bereite schon mal alles vor.«
Und ehe mich jemand aufhalten kann, habe ich die zwanzig Meter bis zum Konferenzraum im Sprint zurückgelegt. Bevor ich den Raum betrete, sehe ich noch, wie einer der Redakteure aus dem Moderessort unseren Herausgeber anspricht und mir so ein paar wertvolle Sekunden verschafft. Dann stehe ich schwer atmend vor dem großen Bild, auf dem ein nackter, debil grinsender Dr. Kortmann von seiner nur mit Strapsen und High Heels bekleideten stellvertretenden Chefredakteurin beritten wird.
Meine Verzweiflung verleiht mir die Kraft, die nötig ist, um das Riesending abzuhängen. Und jetzt? Wohin damit? Jeden Augenblick können die anderen hereinkommen. Leider habe ich nichts dabei, um wenigstens die Gesichter unkenntlich zu machen. Es reicht auch nicht, wenn ich das Bild einfach umdrehe oder etwas davorstelle. Bei der Größe würde es in jedem Fall so viel Aufmerksamkeit und Neugier hervorrufen, dass jemand genauer nachsehen würde. Da kommt mir in letzter Minute die rettende Idee. Mit einiger Mühe gelingt es mir gerade noch, das Bild auf die Sitzflächen von sechs der hinteren Stühle zu hieven, drei auf der linken und drei auf der rechten Tischseite, sodass es komplett unter dem Tisch verborgen ist.
»Ja, alles reinkommen!«, rufe ich, als die Tür aufgeht, und winke die Gruppe herein. »Nehmen Sie doch Platz. Moment, ich mache das«, sage ich und ziehe einer der Amerikanerinnen einen Stuhl hervor. Dann eile ich auf die andere Tischseite und mache dasselbe bei Frau Dr. Kortmann.
Als Mister Collins und seine Kollegin weiter hinten Platz nehmen wollen, stürze ich auf sie zu und halte die Stuhllehnen fest. »Nein, hier ist leider besetzt. Und da auch. Und hier und hier und hier auch.« Ich dränge die beiden resolut zurück. »Wie wäre es da vorne? Reichen die Stühle? Wenn nicht können Sie sich draußen irgendwo einen holen.«
Die Amerikanerin schaut mich aus furchtsamen Augen an. »Excuse me«, sagt sie eingeschüchtert. »But what you‘ve said is your exact function? Are you die ställvä ... ställvätrattene Chef...«
»Nein, ist sie nicht«, antwortet Dr. Kortmann an meiner Stelle. »Frau Herzog, würden Sie bitte mit mir kommen. Ich möchte Sie kurz unter vier Augen sprechen.«
Er verlässt den Konferenzraum, ohne sich noch einmal nach mir umzudrehen, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Ich kann nur hoffen, dass während meiner Abwesenheit niemand das Bild entdeckt.
»Also, Frau Herzog, was ist los mit Ihnen?«, fragt Kortmann, nachdem er die Tür hinter uns geschlossen hat. »Sind Sie etwa betrunken? Dann gehen Sie jetzt bitte nach Hause und kommen erst wieder, wenn Sie nüchtern sind. Haben Sie das verstanden?«
»Ich bin nicht betrunken«, wehre ich ab und hauche ihm zum Beweis ins Gesicht.
»Egal, gehen Sie trotzdem nach Hause«, sagt Kortmann eindringlich. »Ich will Sie hier heute nicht mehr ...«
In dem Moment hören wir von
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