Love Story: Roman (German Edition)
Ende vierzig, streckte mir die Hand entgegen. Ihr Druck war kraftvoll.
«Guten Tag, Sir.»
«Phil», verbesserte er. «Ich heiße Phil.»
«Phil, Sir», erwiderte ich und schüttelte ihm immer noch die Hand.
Dann kam ein schrecklicher Moment.
Denn gerade als er meine Hand losließ, wandte sich Mr.Cavilleri seiner Tochter zu und schrie unfaßbar laut: «Jennifer!»
Für den Bruchteil einer Sekunde geschah gar nichts. Dann umarmten sie einander. Fest. Sehr fest. Sie schaukelten hin und her. Und alles weitere, was Mr.Cavilleri an Kommentaren zu bieten hatte, war eine (diesmal sehr leise) Wiederholung des Namens: «Jennifer.» Und alles, was diese mit summa cum laude in Radcliffe studierende Tochter als Antwort zu bieten hatte, war: «Phil!»
Ich war entschieden überflüssig.
Endlich war meine sorgfältige Erziehung einmal zu etwas nütze an diesem Nachmittag. Man hatte mir immer eingepaukt, nicht mit vollem Mund zu sprechen. Und da Phil und seine Tochter sich offenbar dahingehend verabredet hatten, diese Öffnung stets gefüllt zu halten, brauchte ich gar nichts zu sagen.
Ich muß Rekordmengen italienischer Backwaren gegessen haben. Später hielt ich dann ein Referat darüber, welche mir am besten geschmeckt hatten (ich aß, um ja niemanden zu kränken, immer zwei von jeder Sorte), und die beiden Cavilleris waren hocherfreut.
«Der ist okay!» sagte Phil Cavilleri zu seiner Tochter.
Und was bedeutete das?
Ich brauchte mir okay nicht definieren zu lassen, ich hätte bloß gern gewußt, welche meiner wenigen und vorsichtigen Aktionen mir das liebevolle Beiwort eingetragen hatte.
Schmeckten mir die richtigen Kuchen? War mein Händedruck fest genug? Was war es?
«Ich hab dir doch gesagt, daß er in Ordnung ist, Phil», sagte Mr.Cavilleris Tochter.
«Na ja, schön», sagte ihr Vater. «Trotzdem mußte ich mich selber davon überzeugen. Das hab ich jetzt getan. Oliver?»
Diesmal sprach er mit mir.
«Ja, Sir?»
«Phil.»
«Ja, Phil, Sir.»
«Du bist okay.»
«Vielen Dank, Sir. Ich weiß es zu schätzen. Wirklich. Und Sie wissen, was ich für Ihre Tochter empfinde. Und auch für Sie, Phil.»
«Oliver», unterbrach mich Jenny, «hör gefälligst auf, dieses dämliche Internatler-Gewäsch von dir zu geben, verdammt noch mal …»
«Jennifer», fiel Mr.Cavilleri ihr ins Wort, «könntest du die Kraftausdrücke nicht mal sein lassen? Schließlich ist der verdammte Kerl unser Gast!»
Beim Abendessen (das viele Gebäck war, wie sich erwies, nur ein Zwischenimbiß gewesen) versuchte Phil mit mir ein ernsthaftes Gespräch zu führen – dreimal dürfen Sie raten, worüber. Aus irgendeinem verrückten Grund glaubte er, er könnte eine Wiederaufnahme freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Olivers Nr. III und Nr. IV zustande bringen.
«Laß mich doch mal mit ihm telefonieren, von Vater zu Vater», bat er.
«Phil, bitte, es ist reine Zeitverschwendung!»
«Ich kann nicht einfach dasitzen und zulassen, daß ein Vater sein Kind verstößt. Das kann ich nicht.»
«Ja, aber ich verstoße ihn doch auch, Phil.»
«Solche Reden will ich nicht hören», sagte er und wurde ernstlich böse. «Die Liebe eines Vaters muß man ehren und achten. Sie ist rar.»
«Besonders in meiner Familie», sagte ich.
Jenny stand immer wieder auf und bediente uns, so daß sie das meiste gar nicht mitbekam.
«Ruf ihn mir ans Telefon», wiederholte Phil.
«Ich mach dann die Sache schon.»
«Nein, Phil. Mein Vater und ich haben einen kalten Draht zueinander …»
«Ah, hör zu, Oliver, der taut schon wieder auf. Glaube mir, wenn ich dir sage, der taut wieder auf. Wenn wir erst gemeinsam zur Kirche gehen.»
In diesem Augenblick richtete Jenny, die gerade jedem seinen Teller für den Nachtisch hinstellte, ein unheilverkündendes, einsilbiges Wort an ihren Vater.
«Phil …»
«Ja, Jen?»
«Wegen der Sache mit der Kirche …»
«Ja?»
«Ich bin irgendwie nicht dafür, Phil.»
«Ach?» fragte Mr.Cavilleri. Dann zog er sofort einen voreiligen und falschen Schluß und wandte sich entschuldigend an mich.
«Ich – öh – ich habe nicht unbedingt an eine katholische Kirche gedacht, Oliver. Ich meine, Jennifer wird dir sicherlich gesagt haben, daß wir katholisch sind. Aber ich meine natürlich deine Kirche, Oliver. Gott wird dieser Verbindung seinen Segen in jeder Kirche geben, davon bin ich überzeugt.»
Ich sah Jenny an, die offenbar dieses wichtige Thema in ihrem Telefongespräch nicht berührt hatte.
«Oliver»,
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