Love you, hate you, miss you: Roman (German Edition)
Und ja, es ist wahr, Du hast mich im Gegenteil noch dazu angestachelt.
Aber es war meine Entscheidung. Jedes Mal – jedes einzelne Mal.
Ich
hab getrunken. Nicht Du.
Ja, die Wahrheit ist, ich habe getrunken, ich allein. Das werde ich Laurie sagen, wenn ich das nächste Mal dort bin.
Vielleicht wird sie mir dann endlich mal zuhören.
17
Typisch Laurie: Das einzige Mal, als ich wirklich zu ihr wollte, war sie nicht da.
»Aber du warst doch erst vor zwei Tagen dort«, sagte Dad, als er mich von der Schule abholte und ich ihn fragte, ob ich noch mal zu Laurie gehen könne.
So wie er mich ansah, konnte ich mir denken, dass meine Eltern bereits mit Laurie über meinen Besuch an Julias Grab gesprochen hatten.
Zähneknirschend sagte ich: »Ja, schon, aber ich muss sie noch mal sehen.«
Ich konnte es kaum erwarten, Lauries Gesicht zu sehen, wenn ich ihr ihre dumme Frage über Julia um die Ohren hauen würde.
»In Ordnung«, sagte Dad, aber als wir zu Hause waren (und er mit Mom gesprochen hatte, klar), rief er in Lauries Praxis an, und wie sich herausstellte, war Lauries Vater krank geworden, sodass sie zu ihm fahren musste. Mit anderen Worten, ich konnte jetzt nicht zu ihr, und außerdem wurde auch noch mein Termin für nächste Woche abgesagt. Komisch, die Vorstellung, dass Laurie Eltern hat. Dass sie mal ein Kind war. Ich hätte gewettet, dass sie als fertige Seelenklempnerin auf die Welt gekommen ist, mit einem Kugelschreiber in der Hand.
Mom, die am Nachmittag zu Hause war, weil sie ihrer Klasse einen Tag freigegeben hatte, damit sie an ihren Referaten arbeiten konnten, schlug mir vor, stattdessen zu Dr. Marks zu gehen, der in Pinewood die Gruppentherapie leitet. Anscheinend hat er auch eine Privatpraxis. (Mir wird übel, wenn ich bloß dran denke, mit seiner ständig wechselnden Parade von Essensresten im Schnauzbart.)
Ich schnitt ihr einfach das Wort ab und fragte sie, ob sie mit mir ins Einkaufszentrum gehen würde. Damit konnte ich Dr. Marks und seinen Schnauzer sofort aus dem Feld schlagen, das wusste ich und so war es auch.
»Ja, gern, das ist eine gute Idee«, sagte Mom begeistert und ich starrte sie an, bis sie wegschaute. Dad anschaute.
Julias Mom konnte einen manchmal fast in den Wahnsinn treiben, klar, aber sie
wollte
Julia in ihrem Leben haben. Julia war ihr Ein und Alles. Ich hab viel an sie gedacht, seit der Begegnung auf dem Friedhof. Ich weiß, das ist nicht möglich, aber ich würde so gern mit ihr reden. Wirklich reden. Über Julia, meine ich. Weil sie weiß, wie es ist, wenn man sich verzweifelt nach Julia sehnt. Und wie falsch eine Welt ohne Julia ist. Und Julias Mom hat keine Angst, das auszusprechen.
Keine Angst, die Wahrheit zu sagen.
Nicht so wie meine Eltern.
Mom und Dad haben immer noch nichts gesagt, über die Unfallnacht, meine ich – über das, was ich getan habe –, und während Mom ihre Handtasche holen ging, fragte ich mich, ob sie es je tun würden.
Ich hätte natürlich fragen können, klar. Aber ich tu’s nicht.
Mom kam zurück und sagte: »Also, können wir?«
»Ja, klar«, sagte ich. Ich frage nicht, weil ich ihre Antwort nicht hören will. Weil ich mir die Illusion nicht nehmen lassen will, dass ich eine Tochter bin, die sie lieben könnten, auch wenn ich weiß, dass es nicht so ist. Dass ich das nie war und nie sein werde.
Sobald wir im Einkaufszentrum waren, drückte Mom mir eine ihrer Kreditkarten in die Hand und sagte, dass ich allein losziehen sollte.
»Ich weiß doch, wie peinlich das wäre, wenn dich jemand aus der Schule mit deiner Mom im Schlepptau sieht«, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht. »Also, viel Spaß, Amy, und kauf dir was zum Anziehen. Du hast bestimmt keine Lust, dauernd in den Sachen herumzulaufen, die wir dir gekauft haben, nachdem … bevor du wieder in die Schule gegangen bist.«
Wieder lächelte Mom, viel zu strahlend. »Wir treffen uns dann in einer Stunde im Food Court, in Ordnung? Aber wenn du länger bleiben willst, ich meine, wenn du irgendwelche Freunde triffst, ist das auch okay. Ich hab dir ja gesagt, dass dein Vater heute später nach Hause kommt.«
»Ich bin in einer halben Stunde wieder da«, sagte ich und marschierte los. Ich brauchte Abstand von ihr, eine Atempause, weil ich es nicht ertragen konnte, wie glücklich sie war, nur weil sie mich irgendwohin fahren durfte, aber eine ganze Stunde im Einkaufszentrum, das hielt ichauf keinen Fall aus. Weil es mich viel zu sehr an Julia
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