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Love

Love

Titel: Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ein auf Hochglanzpapier gedrucktes, teuer gebundenes Buch, das an mutmaßlich wohlhabende Ehemalige verschickt wurde, nahm ihrem Ärger ein wenig die Spitze; glaubte sie wirklich, die U-TENN REVIEW hätte zuge lassen, dass ihr Lohnschreiber die blutige Slapstickkomödie jenes Tages wahrheitsgetreu schilderte? Wie viele Ehemali gen-Dollars hätte das in die Schatztruhe der Uni gespült? Dass sie sich sagte, auch Scott hätte das amüsant gefunden, half ein bisschen … aber nicht allzu viel. Schließlich war Scott nicht hier, um sie in den Arm zu nehmen, sie auf die Wange zu küssen, sie abzulenken, indem er sie sanft in eine Brust warze kniff, und ihr zu erklären, ein jegliches habe seine Zeit – es gebe eine Zeit, zu säen, eine Zeit, zu ernten, eine Zeit, es umzuschnallen, und ebenso eine Zeit, es abzuschnallen, ja, wahrlich wahr.
    Scott, zum Teufel mit ihm, war fort. Und …
    »Und er hat für euch Leute geblutet«, murmelte sie mit auf gebrachter Stimme, die gespenstisch nach Manda klang. »Er ist für euch Leute fast gestorben . Direkt ein blauäugiges Wun der, dass er überlebt hat.«
    Und Scott sprach wieder mit ihr, wie es seine Angewohn heit war. Sie wusste, dass dies nur der Bauchredner in ihr war, der seine Stimme imitierte – wer hatte sie mehr geliebt oder konnte sich besser an sie erinnern? –, aber so fühlte es sich nicht an. Es fühlte sich an wie er .
    Du warst mein Wunder, sagte Scott . Du warst mein blau äugiges Wunder. Nicht nur an jenem Tag, sondern immer. Du warst diejenige, die die Dunkelheit ferngehalten hat, Lisey. Du hast geleuchtet.
    »Ich nehme an, das hast du manchmal gedacht«, sagte sie geistesabwesend.
    Es war heiß, was?
    Ja. Es war heiß gewesen. Aber nicht nur heiß, sondern …
    »Feucht«, sagte Lisey. »Schwülheiß. Und ich hatte von An fang an ein ungutes Gefühl. Von dem Augenblick an, als ich morgens die Füße aus dem Bett …«
    Aber nein. Nein, nicht sofort. Ein, zwei Minuten später im Bad. Während Lisey hier mit der aufgeschlagenen U-TENN NASHVILLE 1988 REVIEW im Schoß vor der Bücherschlange saß, erhaschte sie einen kurzen, aber deutlichen Blick auf Granny D, wie sie vor vielen Jahren daheim die Hühner füt terte. »Es war im Bad, wo mich schlimme Vorahnungen befallen haben. Weil ich das Glas zerbrochen
    3 Sie denkt immer wieder an das Glas, dieses verflixte zerbrochene Glas. Das heißt, wenn sie sich nicht überlegt, was sie dafür geben würde, aus dieser Hitze rauszukommen.
    Lisey steht leicht rechts hinter Scott, hat die Hände beschei den vor dem Körper gefaltet und beobachtet, wie er auf einem Fuß balanciert, während der andere auf der Schulter der däm lichen kleinen Schaufel steht, die schon halb in der lockeren Erde versinkt, die offenbar eigens zu diesem Zweck angekarrt worden ist. Der Tag ist unerträglich heiß, unerträglich feucht, unerträglich schwül, und die beträchtliche Menge, die sich versammelt hat, macht alles nur noch schlimmer. Im Gegen satz zu den Honoratioren tragen die Gaffer nicht im Entfern testen ihre besten Klamotten, und auch wenn ihre Jeans und Shorts und Sportschuhe vielleicht nicht ganz ausreichen, da mit sie sich in der dampfigen Luft wohlfühlen, beneidet Lisey sie trotzdem, während sie hier in der vordersten Reihe der Menge steht und in der Brutofenhitze dieses Nachmittags in Tennessee schmachtet. Einfach nur dazustehen, in ihren leich testen Sommersachen dazustehen, ist der pure Stress, weil sie sich Sorgen macht, sie könnte bald dunkle Kreise in die dünne braune Leinenjacke schwitzen, die sie über ihrem Seidentop und einem schmal geschnittenen Rock aus blauer Seide trägt. Obwohl ihr BH perfekt ist für heißes Wetter, zwickt er unter den Titten wie verrückt. Happy Days, Babylove.
    Scott balanciert unterdessen weiter auf einem Fuß, wobei seine Haare, die hinten zu lang sind – er müsste dringend zum Friseur; sie weiß, dass er in den Spiegel blickt und einen Rockstar sieht, aber sie sieht nur einen jämmerlichen Land streicher aus einem Song von Woody Guthrie –, ab und zu von einer heißen Brise bewegt werden. Er ist ein guter Kerl, während der Fotograf Bilder schießt. Ein verdammt guter Kerl. Links von ihm steht ein gewisser Tony Eddington, der über diesen ganzen schönen Scheiß in irgendeiner Campus-Publikation schreiben wird, und rechts von ihm steht ihr Ersatzgastgeber, ein wackerer Kämpe aus der Englischfakultät namens Roger Dashmiel. Er gehört zu diesen Männern, die nicht nur deshalb älter

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