Love

inneren Bogen und betritt damit sozusagen die Höhle des Ungeheuers. Hier ist der Geruch besonders heftig: nicht der Gestank von Scheiße oder auch nur der von Haut und Haaren, sondern der von Pelz und Fell. Das Ding hat ein Glied, das im Vergleich zu Pauls unzweifelhaft größer ist, und der Flaum von Pauls Schamhärchen ist jetzt von dem groben, dichten Schamhaar des Ungeheuers überwuchert. Die Füße am Ende von Pauls Beinen (nur die Beine wirken ganz unverändert) scheinen eigenartig nach innen gedreht zu sein, als hätten sich die Fußknöchel verzogen. Im Regen liegen gebliebene Bretter, denkt Scott, womit er nicht einmal unrecht hat.
    Dann kehrt sein Blick zurück zum Gesicht des Wesens, zu seinen Augen. Die Lider sind weitgehend geschlossen, und Scott kann keine Pupillen, sondern nur das blutige Weiß sehen. Auch die Atmung klingt unverändert; die schmutzigen Hände liegen schlaff neben den Oberschenkeln – mit den Handflächen nach oben, als wollte es sich ergeben. Trotzdem weiß Scott, dass er die Todeszone betreten hat. Zögern darf er jetzt nicht mehr. Das Ding kann ihn jeden Augenblick wittern und davon aufwachen. Das wird trotz »des Zeugs« passieren, das Daddy in den Hamburger gemischt hat, aber wenn er es schafft, wenn er das Wesen mitnehmen kann, das von seinem Bruder Besitz ergriffen hat …
    Scott geht langsam weiter, bewegt sich auf Beinen, die er kaum noch spürt. Ein Teil seines Verstandes ist überzeugt, dass er in den Tod geht. Er wird sich nicht einmal mehr weg boomen können, sobald das Paul-Ding sich ihn geschnappt hat. Trotzdem tritt er in die Reichweite des Ungeheuers, in die heftigste Konzentration seines wilden Gestanks, und legt die Hände auf seine nackten, klebrigen Flanken. Er denkt
    (Paul komm jetzt mit mir)
    und
    (Bool Boo'ya Boo'ya-Mond süßes Wasser der Pool)
    und einen herzzerreißend schmerzlichen Augenblick lang geschieht es beinahe. Erst das vertraute Gefühl, dass seine Umgebung rasant vor ihm zurückweicht; fast gleichzeitig das Summen von Insekten und der köstliche Tagesduft der Bäume auf dem Sweetheart Hill. Im nächsten Moment schließen sich die mit gefährlich langen Nägeln bewehrten Hände des Un geheuers um Scotts Hals. Es reißt das Maul auf und röhrt die Geräusche und Gerüche von Boo'ya-Mond mit seinem nach Aas stinkenden Atem weg. Für Scott fühlt es sich an, als wäre soeben ein glühender Meteorit durch das in seinem Kopf ent stehende zarte Netz gerast. Nur ist es nicht sein Verstand, der ihn an jenen Ort mitnimmt, nicht eigentlich sein Verstand … aber darüber kann er jetzt nicht nachdenken, denn das Un geheuer hat ihn, es hält ihn wirklich gepackt . Alles, wovor Daddy sich gefürchtet hat, ist eingetreten. Auf irgendeine alb traumhafte Weise, die jeglicher Vernunft widerspricht, scheint sein Unterkiefer ausgeklinkt zu sein, sodass er bis fast aufs
    (Brustbein)
    Brustbein herabhängt und das schmutzige Gesicht zu etwas verzerrt, aus dem die letzte Spur von Paul – der letzte Rest Menschlichkeit – verschwunden ist. Dies ist das Bösmüllige mit heruntergerissener Maske. Scott hat noch Zeit, zu denken: Es wird mir den Kopf mit einem einzigen Biss abbeißen, wie einen Lutscher. Dieser schreckliche Rachen gähnt, die roten Augen glitzern im Schein der nackten Glühbirnen, und Scott hat den sicheren Tod vor Augen. Das Ungeheuer wirft den Kopf so weit in den Nacken, dass er an den Stützpfeiler knallt, und lässt ihn dann nach vorn schnellen.
    Aber Scott hat wieder Daddy vergessen. Plötzlich ist Daddys Hand da, packt das Paul-Ding an den Haaren und schafft es irgendwie, den Kopf zurückzureißen. Dann taucht Daddys andere Hand auf, die den Kolben des Jagdgewehrs an der Stelle mit dem geringsten Umfang so umklammert, dass sein Zeigefinger am Abzug liegt. Er rammt die Mündung der Waffe unter die vorgereckte Kinnlade des Ungeheuers.
    Daddy, nein!, kreischt Scott.
    Andrew Landon achtet nicht auf ihn, kann es sich leisten, nicht auf ihn zu achten. Obwohl er eine große Handvoll seiner Haare gepackt hält, reißt das Wesen sich trotzdem von seiner Faust los. Jetzt brüllt es etwas, und dieses Gebrüll klingt auf schreckliche Weise wie ein Wort.
    Wie Daddy .
    Grüß mir die Hölle, du bösmülliger Drecksack, sagt Sparky Landon und drückt ab. In der Enge des Kellers ist der Schuss der .30-.06 ohrenbetäubend laut; er wird Scott noch über zwei Stunden lang in den Ohren dröhnen. Die zotteligen Haare am Hinterkopf des Ungeheuers fliegen wie von einem