Lovesong
bringen?«, beharrte Fitzy. »Scheiße, Mann. Wir haben da ein paar unglaublich gute Songs. Ich wünschte, ich hätte sie geschrieben. Aber das war nun mal Adam. Er ist wieder okay. Und er kommt zu uns zurück. Vielleicht sollten wir also einen Neustart wagen und einfach nur gute Musik machen und dann abwarten, wohin uns das alles führt. Und, weißt du, vielleicht sollten wir unserem Kumpel hier mal wieder ein bisschen Spaß in seinem Leben gönnen. Also vergessen wir, was war.«
Mikes Befürchtungen stellten sich letzten Endes als unbegründet heraus. Einige der Major-Label, die im Herbst noch ganz scharf auf uns gewesen waren, wollten kaum mehr was von uns wissen, aber ein paar zeigten immer noch Interesse, und als wir ihnen schließlich die Demotapes zu den Songs schickten, die später auf Collateral Damage erscheinen sollten, da rasteten sie schier aus. Ehe wir es uns versahen, hatten wir schon einen Deal unterschrieben und probten mit Gus im Studio.
Und für ein Weilchen lief auch wirklich alles bestens. Fitzy und Liz sollten beide recht behalten. Die Aufnahmen zu Collateral Damage wirkten tatsächlich kathartisch auf mich. Und wir hatten sehr viel Spaß dabei. Mit Gus zu arbeiten war ziemlich anstrengend. Er hat echt das Letzte aus uns rausgeholt, hat uns eingetrichtert, wir sollten uns nicht vor der rohen Gewalt in uns fürchten, sondern sie rauslassen, und genau das taten wir. Außerdem war es echt cool, in Seattle aufzunehmen und in einem Apartment zu wohnen, das dem Label gehörte, und uns wie die Größten zu fühlen. Alles schien optimal zu laufen.
Kurz nachdem das Album dann erschienen war, gingen wir auf Tour. Eine fünfmonatige Ochsentour durch Nordamerika, Europa und Asien, die uns, zumindest am Anfang, wie die aufregendste Sache der Welt erschien. Und anfangs war es auch so. Aber irgendwie auch ziemlich strapaziös. Und schon bald war ich permanent müde. Und fühlte mich einsam. Es gab reichlich unausgefüllte Zeit, während der ich Mia ausgiebig vermissen konnte. Ich verkroch mich ständig im Hotelzimmer oder ganz hinten im Tourbus. Ich stieß alle von mir. Sogar Liz. Ganz besonders Liz. Sie war nicht dumm; sie wusste genau, was mit mir los war – und warum. Und sie war auch kein schwaches Pflänzchen. Sie kümmerte sich um mich. Und deshalb vergrub ich mich immer weiter, bis sie wahrscheinlich irgendwann die Schnauze voll davon hatte, mich immer wieder auszugraben.
Im Verlauf der Tour ging das Album irgendwann voll ab. Platin. Dann Doppelplatin. Die Konzerte waren allesamt ausverkauft, weshalb unsere Promoter noch ein paar zusätzliche Termine organisierten, damit man der Nachfrage gerecht werden konnte. Wir bekamen unzählige Merchandising-Verträge. T-Shirts, Mützen, Poster, Aufkleber von Shooting Star gab es, sogar ein Teleskop wurde auf den Markt gebracht. Plötzlich war die Presse hinter uns her. Dauernd mussten wir Interviews geben, was uns anfangs auch echt schmeichelhaft erschien. Die Leute interessierten sich so sehr für uns, dass sie tatsächlich lesen wollten, was wir zu sagen hatten.
Aber irgendwann geschah in den Interviews etwas Seltsames. Die Journalisten stellten erst der gesamten Band ein paar unverfängliche Fragen, aber dann richteten sie das Mikrofon oder die Kamera nur noch auf mich. Ich hab dauernd versucht, den Rest der Band wieder einzubinden. Dann aber wollten die Journalisten auf einmal nur noch mich allein interviewen, was ich jedoch stets kategorisch ablehnte, bis wir irgendwann keine andere Wahl mehr hatten und Interviews nur noch in dieser Weise geben konnten.
Vier Monate nach Tourstart waren wir in Rom. Der Rolling Stone hatte einen Mitarbeiter geschickt, der ein paar Tage mit uns verbringen sollte. Eines Abends hatten wir nach einem Auftritt die Hotelbar für uns in Beschlag genommen. Wir waren ziemlich angeheitert, saßen einfach nur so rum, entspannten uns und kippten einen Grappa nach dem anderen. Und plötzlich fängt dieser Reporter an, uns all diese krassen Fragen zu stellen. Und eigentlich waren sie sämtlich nur an mich gerichtet. Immerhin waren wir mindestens zwölf Leute da drin – ich, Liz, Fitzy, Mike, Aldous, ein paar Roadies, ein paar Groupies –, aber dieser Typ tat so, als wäre ich die einzige Person im Raum. »Adam, zieht sich für dich ein bestimmtes Thema durch Collateral Damage ? Und wenn ja, kannst du bitte erläutern, welches das ist?« – »Adam, hast du das Gefühl, dass du mit diesem Album als Songwriter gewachsen
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