Luc - Fesseln der Vergangenheit
finden, die dir und Jasmin mehr Abgeschiedenheit bietet.«
»Danke, aber das ist nicht notwendig. Ihr habt schon genug Unruhe, mit der ihr fertig werden müsst.«
Ein weiteres Mal meldete sich sein Sat-Handy. In der Erwartung, dass es sich erneut um seinen Vorgesetzten handelte, sah er nur flüchtig auf das Display, stutzte dann aber, als er die Nummer erkannte. Automatisch stieß er einen Fluch auf Paschtu aus, bei dem Hamids Augenbrauen emporschossen. Den Anrufer abzuweisen, würde ihm nur einen kurzen Zeitaufschub verschaffen. Tief durchatmend drückte er die Taste, um das Gespräch anzunehmen. Während er keine Hemmungen hatte, den Admiral seinen Unmut spüren zu lassen, stellte er sich jetzt automatisch gerader hin und begrüßte Anas Mann Munir ausgesprochen formell und freundlich. Vermutlich würde er nie den Respekt vor dem Mann ablegen, den er seit seiner Kindheit vor ihm hatte.
»Meine Frau hat mir berichtet, dass wir Gäste erwarten.«
»Das ist richtig und ich danke euch für eure Gastfreundschaft.«
»Lass diese blumigen Formulierungen und komm zum Punkt. Wer ist der Mann, dessen Frau und dessen Kind wir einen Platz in unserem Haus anbieten?«
Und Luc warf er vor, blumig zu reden … »Ein Freund, dem ich einiges schulde.« Die Chancen, damit durchzukommen, waren gering, aber einen Versuch war es wert.
»Wir waren uns einig, dass dein Job nichts zwischen uns ändert, aber trotzdem gibt es Grenzen. Zu wem gehört er?«
»Er heißt Murat. Beim Nachnamen muss ich passen, ich hatte noch keine Gelegenheit, danach zu fragen. Er gehört zu Hamid Kazim.« Schweigen. Es geschah nicht oft, dass Luc es schaffte, Munir zu überraschen, und er genoss den Augenblick.
»Es heißt, dass Hamid Kazim von einem amerikanischen SEAL -Team festgenommen worden ist. Ich vermute, dass du dahintersteckst?«
Das wurde immer besser. Zum ersten Mal in all den Jahren besaß er einen Informationsvorsprung. »Tut mir leid, Munir. Da liegst du falsch. Ich würde kaum den Mann festnehmen, den ich als Freund betrachte. Hamid steht direkt neben mir, während Warzai auf dem Weg ins übelste Gefängnis ist, das wir auftreiben können.«
Tiefes Lachen erklang. »Dann hast du mir an Informationen einiges voraus. Genieß deinen Triumph nicht zu sehr, mein Sohn. Allerdings gefällt mir die Entwicklung außerordentlich gut. Ich kannte den Vater der beiden und habe seine Söhne kennengelernt. Hamid ist ernster und nachdenklicher, aber nicht zu unterschätzen. Wenn ich es mir recht überlege, seid ihr euch ähnlich, so dass es mich nicht wundert, dass ihr euch angefreundet habt. Kalil war hingegen kaum zu bändigen, ein Temperamentsbündel, gegen das selbst deine Schwester langweilig wirkt.«
»Dann würde ich sagen, sie haben sich beide nicht allzu sehr verändert.« Mit Verspätung sickerte eine Erkenntnis in sein Bewusstsein. Offiziell war Munir seit Jahrzehnten nicht mehr in Afghanistan gewesen, sondern unterstützte einige Politiker und Unternehmer gezielt von Amerika aus. »Dann musst du noch öfter und später in dieser Region gewesen sein, als Ana bewusst ist. Ich hoffe, du warnst mich rechtzeitig vor, ehe wir uns hier unerwartet gegenüberstehen.«
»Das wird nicht geschehen und ich setze auf deine Verschwiegenheit. Ansonsten gäbe es da ja auch noch einige Dinge, die ich Ana erzählen könnte.«
Die gegenseitigen Erpressungen gehörten seit Jahren dazu und taten ihrer gegenseitigen Zuneigung keinen Abbruch. Luc schnaubte nur und wieder erklang das tiefe Lachen. »Soll ich ihn von dir grüßen?«
»Tu das und versichere ihm, dass Murat und seine Familie bei uns wie Verwandte aufgenommen werden, aber richte dich auf ein baldiges Treffen ein. Denn ich habe Fragen und die wirst du mir beantworten.«
»Werde ich. Sobald ich einiges in Washington erledigt habe. Lass solange bitte Scott leben, ich brauche ihn noch. Sofern du mir Ma und Ana vom Leib hältst, bekommst du die unzensierte Fassung.«
»Dann haben wir eine Vereinbarung.«
Das war besser als erwartet gelaufen. Hamids neugierige Miene brachte Luc zum Lachen. »Mir wurde gerade mitgeteilt, dass wir uns als Kinder ähnlich waren, während Kalil kaum zu bändigen gewesen ist. Murat wird von meinem Ersatzvater wie ein Familienmitglied aufgenommen und behandelt werden.«
»Dann solltest du mir verraten, wer dein afghanischer Vater ist.«
»Ich habe die Erlaubnis, es dir zu sagen, aber bitte behalte es für dich. Munir Al-Sawar. Er kannte deinen Vater.«
Hamids Mund
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