Lucas
läuft’s?«
»Hektisch. Du glaubst nicht, was hier los war.« Sie lächelte mir zu, dann wandte sie sich wieder an Dad. »Ohne Cait wären wir überhaupt nicht zurechtgekommen.«
»Ich hoffe, ihr nehmt sie ordentlich ran«, sagte Dad.
»Tja, ist ja alles für einen guten Zweck.« Und sie warf einen Blick auf den Jungen, mit dem ich zugange war. Er weinte immer noch. »Simon«, sagte sie. »Kümmer du dich doch mal um den kleinen Kerl. Cait soll eine Pause machen, solange ihre Familie hier ist.«
»Es macht mir nichts –«, fing ich an.
»Sei nicht albern. Na los, geh schon.«
Als ich gerade verschwinden wollte, streckte Simon die Hand aus und wollte das Hundeposter herunternehmen.
»Du kannst ihm das doch nicht geben«, sagte ich.
»Wieso nicht? Wenn er’s haben will.«
»Er ist ein Kind – von dem Bild kriegt er ja Alpträume.«
»Na und?«
Ich schüttelte den Kopf und ließ ihn mit dem Jungen allein.
Hinter dem Stand kam mir Dad durch die Menschenmenge entgegen, um mich abzuholen.
»Wie geht’s dir?«, fragte er. »Alles in Ordnung?«
Ich nickte. »Heiß ist mir.«
»Das liegt wahrscheinlich an der Sonne«, sagte er grinsend. »Die macht nämlich so was.«
Er legte mir den Arm um die Schulter und dirigierte mich über die Straße. »Wir hatten vor ins Dog & Pheasant zu gehen. Was hältst du davon?«
»Ja . . . gut.« Ich blickte über die Straße zu Rita, Bill und Dominic. »Seid ihr alle zusammen gekommen?«
»Dom und ich waren gerade auf dem Sprung, als Rita mit dem Auto vorbeikam und fragte, ob wir mitwollten. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«
»Nein – warum sollte ich?«
»Was weiß ich – ich hab’s aufgegeben herauszufinden, was bei euch gerade los ist.«
Wir gesellten uns zu den andern und gingen gemeinsam in Richtung Pub.
Bill sah ziemlich verändert aus gegenüber unserer letzten Begegnung in der Bücherei. Die Haare hatten wieder ihre natürliche Farbe und sie trug einfach bloß einen Sommerrock und ein schlichtes weißes Shirt ohne Ärmel. Abgesehen von einem Hauch Lipgloss schien sie kein bisschen Make-up aufgelegt zu haben. Ihre Augen waren hinter dunklen Brillengläsern versteckt und sie wirkte müde, so als hätte sie etliche Nächte ohne Schlaf hinter sich. Aber zumindest wirkte die Müdigkeit natürlich.
Als wir im Pub waren, wollten die andern mit ihrem Tablett voller Bier und Sandwiches lieber drinbleiben, während Bill und ich unsere eisgekühlten Colas mit nach draußen nahmen. Es war ein komisches Gefühl, mit Bill zusammen zu sein, irgendwie gut und schlecht, angenehm und unangenehm zugleich. Ich wusste nicht so richtig, was ich wollte.Ich wollte mit ihr reden . . . ich wollte nicht mit ihr reden. Ich wollte reingehen und mit Dominic reden . . . ich wollte nicht mit Dominic reden. Ich wollte wissen, was lief . . . ich wollte es nicht wissen. Hauptsächlich wollte ich, glaube ich, Lucas treffen. Aber nicht einmal darüber war ich mir mehr sicher.
Der Garten war voll mit lärmenden Biertrinkern und Kindern, die Enten um den Teich jagten, aber es gelang uns doch noch, ein halbwegs ruhiges Plätzchen ganz am Ende zu ergattern, wo man von einer moosigen alten Bank aus auf ein ausgetrocknetes Bachbett blicken konnte. Wir setzten uns hin, tranken unsere Colas und lächelten einander verlegen an. Die Sonne schien heißer denn je und aus der Ferne trieb der Lärm des Sommerfests herüber.
»Und?«, sagte ich vorsichtig. »Wie geht’s?«
Bill zuckte die Schultern. »Ging schon mal besser. Und dir?«
»Könnte schlimmer sein.«
Sie grinste. »Wie ist es am Stand?«
»Heiß. Hektisch.«
»Geht’s Simon gut?«
Ich schaute sie an und suchte nach einem Anzeichen von Boshaftigkeit in ihrem Gesicht, aber das Einzige, was ich sah, war ein nervöses Zucken.
»Er ist ziemlich so wie immer«, sagte ich.
»So nett, dass es einem auf die Nerven geht?«
Unwillkürlich musste ich lachen. Es war kein richtiges Lachen, eher ein kurzes Schnauben, und es hinterließ einen unangenehmen Geschmack in meinem Mund. Herrje, dachte ich, warum bist du die ganze Zeit so verflucht
schwach
? Wiesokannst du nicht einmal in deinem Leben ein bisschen unversöhnlich sein? Du solltest jetzt gefälligst sauer sein auf Bill. Du solltest sie meiden und nicht ein nettes Gespräch mit ihr führen und über Simon lachen.
Was ist denn verflucht noch mal los mit dir?
Ich holte tief Luft und versuchte mich zu entspannen. Der kühle Biergeruch wehte vom Tresen herüber und erinnerte mich
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