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Lucas

Lucas

Titel: Lucas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Moulton gesehen worden.«
    »Simon«, sagte ich und warf ihm einen ungehaltenen Blick zu, »ich will wirklich darüber nicht reden. Kapiert?«
    Er starrte mich an und wirkte ein bisschen verwirrt, dann schob er seine Haare zurück und senkte den Blick.
    Wir saßen eine Weile schweigend da und schauten beide verlegen zu Boden. Meine Gedanken wanderten zurück zu dem Samstagnachmittag vor zwei Wochen, als ich an der Bushaltestelle auf Bill gewartet und das Plakat mit den Dorfveranstaltungen gelesen hatte:
Samstag, 29.   Juli   – Flohmarkt im Gemeindesaal. Sonntag, 30.   Juli   – Konzert im Country Park, Blaskapellen + Moulton Majorettes, Eintritt frei. Samstag, 5.   August   – West Hale Regatta: jede Menge Familienspaß. Samstag, 12.   August   – Sommerfest in Hale . . .
    Da hatte noch alles so harmlos gewirkt.
    »Wir sollten lieber wieder zurückgehen«, sagte Simon.
    »Einverstanden.«
    Auf dem Weg zum Stand machte ich einen Versuch, mich für mein Benehmen am Mittwoch zu entschuldigen, aber Simon winkte ab. Entweder wollte er nett sein oder er hatte wirklich nicht gemerkt, wie unfreundlich ich war. Ich zog esvor zu glauben, dass er einfach bloß nett sein wollte. Denn wenn nicht, wenn er wirklich glaubte, mein Benehmen sei akzeptabel gewesen . . . nein, es war einfach viel zu erbärmlich, als dass ich darüber nachdenken wollte.
     
    Am späten Vormittag war das Fest in vollem Schwung. Die Band hatte losgelegt, aus den Pubs plärrten die Jukeboxen und die Straßen waren absolut voll mit Leuten. Ich hatte noch nie erlebt, dass so viel los war. Wir waren ständig auf den Beinen. Es war unglaublich heiß, und je weiter der Tag dahinschlich, desto schlimmer wurde die Hitze. Die Leute zogen sich immer weiter aus und liefen mit nacktem Oberkörper oder im Bikini herum und die Luft war geschwängert mit Parfüm- und Sonnencremedüften. Ich nehme an, es war die Hitze, die die Menschenmengen hinauszog – sie und dazu die pikanten Gerüchte, die in der Luft lagen. Alle hatten ihre Meinung dazu – Kunden, Einheimische, Standbesitzer, sogar Leute vom Festland. Während ich arbeitete, hörte ich einen steten Strom durcheinander wirbelnder Kommentare:
Verfluchte Zigeuner . . . Hat sie offenbar fast umgebracht . . . Solche Leute sollte man ausmerzen . . . Obwohl, das sind sie ja gewohnt . . . Das ist diese Inzucht, weißt du . . . Abscheulich
. . .
    Niemand hatte irgendwas
Rationales
zu sagen. Es war, als hätten die Hitze, der Lärm und das Gedränge alle verrückt gemacht. Selbst Leute, von denen ich wusste, dass sie vernünftig und intelligent waren, redeten plötzlich völligen Unsinn.
    Die Hölle, das sind die andern
, hat mal jemand gesagt. Ich weiß nicht, wer, aber ich wette, er lebte auf einer Insel.
    Obwohl ich wusste, er würde nicht kommen, hielt ich die Augen offen nach Lucas. Es war albern, ich weiß, aber irgendwo in meinem Hinterkopf ließ eine kleine Stimme nicht locker:
Er könnte sich verkleiden . . . er könnte eine Nachricht schicken . . . er könnte von den Klippen herunterschauen . . .
    Ja, dachte ich, und er könnte auf einem großen weißen Pferd einreiten und mich ins Wunderland entführen.
    Aber ich hielt trotzdem Ausschau. Ein- oder zweimal glaubte ich sogar, ich hätte ihn gesehen – ein fernes grünes Aufblitzen am Ende der Straße, ein blonder Wuschelkopf, der sich durch die Menge bewegte, eine einsame Figur, die oben auf den Klippen entlanglief – aber das bildete ich mir alles nur ein.
     
    Gegen Mittag gab es ein bisschen Theater mit einem seltsam aussehenden Kind, das eine Brille trug und ein Poster mit einem verhungernden Hund kaufen wollte. Das Poster war allerdings unverkäuflich, es gehörte zu einer Reihe von Bildern, mit denen der Tierschutzbund demonstriert, wie Menschen ihre Haustiere misshandeln. Doch als ich dem Kind sagte, ich könne ihm das Poster nicht geben, fing es an zu weinen. Ich zeigte ihm ein paar Radiergummi-Tiere, um es zu beruhigen, aber es wollte nichts davon wissen, sondern zeigte immer wieder auf den ausgemergelten alten Hund und jammerte: »Das da, das da, das da . . .«
    Dann sagte jemand: »Na los, gib ihm endlich, was er will!«
    Ich schaute mich nach der Stimme um, kurz davor, die Geduld zu verlieren, aber dann sah ich Dad mit einem breitenGrinsen vor mir. Dominic war auch da, er stand auf der anderen Straßenseite und daneben zu meiner Überraschung Rita und Bill Gray.
    »Hallo, John«, sagte Mrs Reed.
    »Hallo, Jenny«, antwortete Dad. »Wie

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