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Lucas

Lucas

Titel: Lucas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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es ein wunderbarer Ort sein können, um sich für ein paar Stunden die Zeit zu vertreiben.
    Ich begab mich in eine akzeptable Position, vergewisserte mich, dass ich einen guten Blick auf den Weg hatte, dann stellte ich mich aufs Warten ein.
     
    Was ich bei den Figuren in Büchern oder Filmen immer merkwürdig finde, ist, dass sie so gut wie nie aufs Klo müssen. Man sieht sie alles Mögliche tun – sich verlieben, sichstreiten, Auto fahren, essen, Whiskey trinken, Zigaretten rauchen, Sex haben, Drogen nehmen   –, aber aufs Klo gehen sie höchstens, wenn sie vor jemandem auf der Flucht sind und durchs Fenster steigen wollen oder vielleicht noch, wenn sie zusammengeschlagen oder niedergestochen werden sollen. Man hört nie jemanden sagen: »Entschuldigung, ich muss mal.« Oder wenn, dann weiß man, sie müssen nicht
wirklich
, sie klettern nur gleich durchs Fenster oder werden zusammengeschlagen beziehungsweise niedergestochen. Ich weiß, es ist nicht wichtig, aber es ist doch merkwürdig, dass etwas so Fundamentales, so absolut Lebensnotwendiges fast völlig übergangen wird. Ich sage nicht, dass Schauspieler alle zehn Minuten aufs Klo rennen sollen, es ist nur so, dass ich mich, wenn ich einen Film sehe oder ein Buch lese, ab und zu frage, ob Sowieso überhaupt nicht muss. Ich sehe Leonardo DiCaprio auf einem sinkenden Schiff rumrennen oder Russell Crowe ein bisschen Gladiatorenkampf machen und plötzlich denke ich mir: Der war doch schon Ewigkeiten nicht mehr pinkeln, gleich
platzt
er.
    Wie gesagt, es ist nicht wichtig, ich erwähne es nur, weil
ich
, als ich im Mais hockte und wartete, auf einmal ganz dringend musste. Ich weiß nicht, wieso . . . vielleicht waren es die Nerven . . . es war einfach plötzlich so. Gerade saß ich noch schön gemütlich, auf einmal zappelte ich herum und überlegte, was ich gegen das Gefühl tun konnte. Erst versuchte ich mir einzureden: Du musst es ignorieren, halt es auf, es ist weder der rechte Zeitpunkt noch der rechte Ort, dir Gedanken über deine Blase zu machen. Aber nach einer Weile konnte ich es nicht mehr ignorieren, ich musste
wirklich
. Zum Glückgab es Gebüsch genug. Ich wollte nicht da pinkeln, wo ich mich versteckte, aber ich wollte auch nicht den Blick auf den Weg aufgeben. Also kroch ich aus meinem Versteck, lief zur Hecke und fand gleich neben der Lücke einen Ort, wo noch ein paar kleine verirrte Maisstängel wuchsen. Obwohl die Hecke dicht war, saß ich doch so nah dran, dass ich hindurchblicken konnte bis auf den Weg. Umgekehrt war ich mir ziemlich sicher, dass mich von dort niemand entdecken würde. Ich wartete einen Moment, schaute mich sorgfältig um, dann zog ich die Shorts runter, hockte mich hin und fing an zu pinkeln.
    Genau in dem Moment hörte ich Stimmen den Weg hinaufkommen.
    Sie klangen nah, überraschend nah. Ich verstand nicht, wie sie so nah sein konnten, ohne dass ich sie vorher gehört hatte. Ich hörte Jamie Tait, der über irgendwas laut schwadronierte, dann Dominic, der irgendwas Zustimmendes murmelte. Sie kamen stetig näher. Ich hörte auf zu pinkeln und schaute mir über die Schulter. Sie waren direkt hinter mir – ich konnte sie durch die Hecke sehen; Jamie vorneweg, Dom seitlich ein Stück zurück und Lee Brendell schlappte hinter ihnen her. Eine halb leere Whiskeyflasche baumelte in Jamies Hand, sein Hemd hing offen aus der Hose. Lee Brendell steckte ein großer fetter Joint im Mund und Dom sah aus, als hätte er die Nase gestrichen voll. Plötzlich war ich mir nicht mehr so sicher, dass man mich nicht sehen konnte. Wenn ich
sie
so deutlich sah . . .
    Verflucht.
    Ich hätte nicht panisch werden dürfen. Ich hätte mich absolutstill verhalten und da bleiben sollen, wo ich war . . . aber ich dachte nicht nach. Im Nachhinein wird mir klar, ich hatte den ganzen Tag nicht nachgedacht. Genau bis zu diesem Moment hatte ich mir vorgemacht, dass nichts passieren würde. Schlimmstenfalls würde ich vielleicht eine Stunde im Mais warten, dann Lucas treffen und ihn irgendwie überreden, den anderen Weg zurückzugehen oder sich vielleicht mit mir zusammen im Mais zu verstecken . . . Aber jetzt war der alberne Traum vorbei. Und als mir der Alptraum bewusst wurde, geriet ich in Panik.
    Mein erster Fehler war, gleichzeitig die Shorts hochzuziehen und loszulaufen, um mich zu verstecken. Die Kombination von Angst, Eitelkeit und Verlegenheit und dazu das Aussetzen meines Verstands warfen mich, mit den Shorts um die Knie, taumelnd zu Boden. Mein

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