Lucky - Nur eine Frage der Zeit
ganz sicher nur ein.
Aber sie bekam keine Gelegenheit, ein zweites Mal hinzuschauen, denn wieder erwartete sie eine Überraschung. Sein Wohnzimmer war völlig anders eingerichtet, als erwartet. Hübsche Möbel, aber eindeutig in die Jahre gekommen. Nichts passte zusammen, die Polster waren geblümt. Der Raum war einladend, freundlich und durch und durch gemütlich.
An den Wänden hingen keine Ansel-Adams-Drucke, sondern Familienfotos. Lucky als flachsblonder Junge, die Arme um ein dunkelhaariges kleines Mädchen gelegt. Lucky mit einer lachenden Blondine, die vermutlich seine Mutter war. Lucky als schon zu gut aussehender Dreizehnjähriger in freundschaftlichem Ringkampf mit einem dunkelhäutigen, dunkelhaarigen Mann.
“Hey, wissen Sie was, ich habe hier noch eine Flasche Weißwein stehen”, rief Lucky aus der Küche herüber. “Wenn Sie lieber ein Glas Wein möchten statt Limonade?”
Was? Syd wurde erst bewusst, dass sie laut gedacht hatte, als er seine Frage wiederholte. Er stand in der Küchentür, schwenkte die erwähnte Weinflasche und strahlte sie mit einem umwerfend freundlichen Lächeln an.
Das Interesse in seinem Lächeln hatte sie sich also doch nicht nur eingebildet. Auch nicht die Wärme in seinen Augen.
Himmel, Navy Ken war ein verflixt attraktiver Mann! Wenn er sie so anschaute, fiel es ihr äußerst schwer, den Blick abzuwenden.
Er musste den Effekt, den er auf sie hatte, in ihren Augen gesehen haben. Oder sie hatte sich dadurch verraten, dass sie den Mund nicht wieder zubekam. Jedenfalls stieg die Temperatur seines Blickes.
“Ich habe ein paar Steaks im Kühlschrank”, sagte er. Seine volltönende dunkle Stimme umschmeichelte sie wie das rosa angehauchte Abendlicht, das durchs Fenster fiel. “Ich könnte den Grill anwerfen, wir essen hier und sparen uns den Feierabendverkehr und die Menschenmassen.”
“Ähm.” Mehr fiel Syd im Moment nicht ein. Sie hatte bisher nicht einmal seine Einladung ins Restaurant angenommen.
“Tun wir’s einfach. Ich hole zwei Gläser, und wir setzen uns auf die Veranda”, entschied er kurzerhand und verschwand wieder in der Küche. Dass sie seine dreiste Einladung ausschlagen könnte, kam ihm offenbar gar nicht in den Sinn.
Syd schüttelte ungläubig den Kopf. Das konnte doch einfach nicht wahr sein! Kein Zweifel: Sie wurde gerade massiv angebaggert.
Seine Motive waren leider nur zu offensichtlich: Er versuchte, sie auf seine Seite zu ziehen. Aus der Gegnerin eine Verbündete zu machen, damit die aufgezwungene Partnerschaft in seinem Sinne funktionierte. Und da er nun mal ein typisches Alphatier war, war er zu dem Schluss gekommen, ihre Unterstützung sei am geschicktesten zu gewinnen, wenn er auf vollen Körperkontakt ohne störende Textilien setzte. Oder ihr dieses doch zumindest in Aussicht stellte.
Verdammt noch mal!
Syd folgte ihm in die Küche, um ihm die Meinung zu geigen. “Sehen Sie, Lieutenant …”
Er reichte ihr ein zierliches, langstieliges Glas. “Nennen Sie mich Lucky.” Damit hob er sein eigenes Glas Wein, stieß vorsichtig mit ihr an und schenkte ihr ein vielversprechendes Lächeln. “Im Moment fühle ich mich wie ein ganz besonderer Glückspilz.”
Syd lachte. Du lieber Himmel! Und anstatt ihm klipp und klar zu sagen, dass sie gehen wolle, und zwar sofort, hielt sie den Mund. Sie hatte heute Abend tatsächlich nichts vor, und sie war neugierig, wie weit dieser Clown zu gehen bereit war.
Er schaute sie unverwandt an und nahm einen Schluck von seinem Wein.
Seine Augen strahlten in einem Blau, das sie noch nie zuvor gesehen hatte. Sie konnte seinem Blick nicht standhalten, ohne sich in diesem Blau zu verlieren. Aber das war schon in Ordnung so, entschied sie, solange sie sich darüber im Klaren war, dass das Ganze nur ein Spiel war. Und solange sie selbst spielte, statt mit sich spielen zu lassen.
Er stellte sein Weinglas auf der Küchentheke ab. “Ich muss mich umziehen. Entschuldigen Sie mich bitte einen Augenblick, ja? In weißer Uniform zu grillen, geht garantiert schief. Setzen Sie sich ruhig schon mal auf die Veranda. Ich bin gleich wieder bei Ihnen.”
Dieses unglaubliche Selbstbewusstsein! Ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen, verließ er die Küche. Er ging einfach davon aus, dass sie ihm brav gehorchen würde.
Syd lehnte sich an die Küchentheke und nippte von ihrem Wein. Er schmeckte erschreckend gut. Das passte.
Sie konnte Lucky singen hören, ein kurzes Stück aus einem alten Song der Beach Boys. Auch
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