Lucky - Nur eine Frage der Zeit
Wartezimmer. Luke lag lang ausgestreckt auf der Couch und schlief. Eine jammervoll magere Frau hatte sich einen Stuhl so weit wie nur irgend möglich von ihm entfernt gesucht.
Er sah großartig aus im Schlaf. Vollkommen, absolut und grässlich großartig.
Die magere Frau betrat Lanas Büro und schloss die Tür mit Nachdruck hinter sich, während Syd zu Luke hinüberging.
“Zeit zu gehen”, verkündete sie forsch.
Keine Reaktion.
“O’Donlon.”
Er rührte sich nicht. Seine Augen blieben geschlossen. Seine Wimpern waren endlos lang und ruhten dicht und dunkel auf seinen vollkommenen, sanft gebräunten Wangen.
Sie wollte ihn auf keinen Fall berühren. Sie hatte schon zu oft gelesen, dass Berufssoldaten einen unglückseligen Narren, der versuchte, sie wach zu rütteln, beinahe umgebracht hätten.
Sie klatschte in die Hände, aber er schlief weiter. “Verdammt noch mal, Luke, wachen Sie auf.”
Nichts. Sie konnte es ihm nicht einmal verübeln. Schließlich war sie selbst zu Tode erschöpft.
Na schön. Anfassen würde sie ihn nicht, aber sie konnte ihm aus sicherer Entfernung einen Knuff geben. Sie nahm ein Exemplar von Psychology Today vom Tisch, rollte es zusammen und knuffte ihn damit in die Rippen, sorgsam bemüht, ihm nicht näher zu kommen als absolut unvermeidlich.
Alles ging so schnell, dass sie sich nicht einmal sicher war, eine Bewegung wahrgenommen zu haben. Im einen Moment waren seine Augen noch geschlossen. Im nächsten lag sie auf dem Boden, eine Hand hielt ihre Handgelenke gepackt und drückte sie nach hinten, der andere Unterarm presste sich schwer gegen ihre Kehle.
Die Augen, die sie unmittelbar vor sich hatte, wirkten wie die eines Raubtieres – kalt und wild. Das Gesicht wirkte hart, ernst und absolut tödlich, die Lippen eine schmale Linie, die Zähne leicht gebleckt.
Aber dann blinzelte er überrascht und verwandelte sich zurück in Luke O’Donlon alias Lucky alias Navy Ken.
“Um Himmels willen.” Er nahm den Unterarm von ihrer Kehle, sodass sie wieder Luft bekam. “Was zum Teufel hatten Sie vor?”
“Ganz bestimmt nicht das”, erwiderte Syd und räusperte sich. In ihrem Kopf begann es schmerzhaft zu pochen. Sie war damit unsanft auf den Boden geschlagen. “Um genau zu sein, hatte ich exakt das vermeiden wollen. Aber ich konnte Sie nicht wecken.”
“Oh Mann, ich muss …” Er schüttelte den Kopf, immer noch nicht ganz wach. “Normalerweise nicke ich nur kurz ein und wache beim geringsten Geräusch auf.”
“Diesmal nicht.”
“Manchmal, wenn ich sehr müde bin und weiß, dass ich mich an einem sicheren Ort befinde, übernimmt mein Körper die Führung, und ich falle in tiefen Schlaf, und …” Seine Augen wurden schmal. “Sie sollten doch hypnotisiert werden”, fiel ihm ein. “Warum liegen Sie nicht in Hypnose?”
Syd schaute hoch in das vollkommene Blau seiner Augen und fragte sich, ob sie wirklich nicht unter Hypnose stand. Wie sonst war es möglich, dass sie auf dem Boden lag, das volle Gewichts seines Körpers auf sich, ohne auch nur im Geringsten zu protestieren?
Vielleicht hatte sie eine Gehirnerschütterung.
Vielleicht ließ das sie so ausgesprochen dumm reagieren.
Vielleicht auch nicht. Ihr Kopf schmerzte, aber nicht so sehr. Vielleicht hatte ihre Dummheit ganz andere, natürlichere Ursachen.
“Eine dunkle Limousine, älteres Modell”, erklärte sie. “Lana wollte Sie nicht wecken, und ich denke, das war auch in Ordnung so. Ich verstehe absolut nichts von Autos. Sie hat nicht mehr aus mir herausgekriegt als diese Info und meine Feststellung, dass es ein hässliches Auto war.”
Wollte er eigentlich so auf ihr liegen bleiben? Sie konnte die angespannten Muskeln seiner Oberschenkel zwischen ihren Beinen fühlen. Und … Oh Gott.
“Alles in Ordnung?”, fragte er und rollte sich von ihr herunter. “Ihre letzte Hypnose war so etwas wie eine emotionale Achterbahnfahrt. Es tut mir leid, dass ich eingeschlafen bin. Ich wollte wirklich dabei sein für den Fall, dass …” Er lachte verlegen und schenkte ihr ein Lächeln voller Selbstironie, das selbst Harrison Ford kaum besser hinbekommen hätte. Es sah bei Luke jedenfalls genauso bezaubernd aus wie bei Harrison. “Nun ja, es klingt wirklich anmaßend, aber ich wollte dabei sein. Für den Fall, dass Sie mich brauchen.”
Sie hätte das unglaublich süß gefunden – wenn sie eine Frau gewesen wäre, die man mit süßen Worten beeindrucken konnte. Und sie hätte sich nach der Wärme seines
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