Lucky - Nur eine Frage der Zeit
etliche Male tief durch, aber ihre eigene Benommenheit war eher darauf zurückzuführen, dass seine Reaktion sie so sehr erstaunte. Nie hätte sie damit gerechnet, dass ihn der Anblick der misshandelten Frau so aus dem Gleichgewicht bringen konnte.
Nach einiger Zeit, die ihr wie eine Ewigkeit vorkam, spürte sie, wie Luke sich aufrichtete. Er atmete einmal tief ein und stieß die Luft heftig wieder aus.
“Danke”, sagte er.
Endlich riskierte sie einen Blick in seine Richtung. Sein Gesicht hatte wieder Farbe angenommen. Er griff nach ihrer Hand, schloss leicht die Finger darum und lächelte sie kleinlaut an. “Das wäre mir jetzt aber peinlich gewesen, wenn ich umgekippt wäre.”
“Oh”, gab sie unschuldig zurück. “War Ihnen etwa auch schwindlig? Ich weiß, dass ich mir im Moment nicht genug Zeit nehme, um anständig zu essen, und obendrein bekomme ich zu wenig Schlaf …”
Er drückte sanft ihre Hand. “Und noch einmal danke. Im Augenblick bin ich derjenige, der Sie behindert. Danke, dass Sie mir das nicht unter die Nase reiben.”
“Tja, jetzt wo Sie es erwähnen …”
Luke lachte. Herrgott noch mal, er sah wirklich verflixt gut aus, wenn er lachte. Syd spürte, wie ihr die Handflächen feucht wurden. Wenn sie sich nicht schon vorher leicht schwindlig gefühlt hatte – jetzt tat sie es.
“Gehen wir rein”, schlug Luke vor. “Schauen wir mal, ob der Kerl uns seine Visitenkarte hinterlassen hat.”
Syd befreite sanft ihre Hand aus seinem Griff und stand auf. “Das wäre doch eine nette Überraschung.”
“Mary Beth Hollis”, informierte Detective Lucy McCoy Syd übers Telefon, “neunundzwanzig Jahre alt. Sie arbeitet als Assistentin eines Bankpräsidenten in San Diego.”
Syd saß in dem kleinen Büro auf dem Navy-Stützpunkt und gab die Informationen über das jüngste Opfer in den Computer ein. “Alleinstehend?”, fragte sie.
“Sie hat vor Kurzem geheiratet.”
Syd betete innerlich. “Bitte, sagen Sie, dass Iihr Mann auf dem Stützpunkt arbeitet!” Sie hegte eine Theorie über die Opfer und hoffte, recht damit zu haben.
Aber sie hatte Pech. “Tut mir leid”, erwiderte Lucy. “Er arbeitet in der Rechtsabteilung derselben Bank.”
“Und ihr Vater?”
“Ist tot. Ihre Mutter besitzt ein Blumengeschäft in Coronado.”
Syd gab noch nicht auf. “Hat sie Brüder?”
“Nein, Einzelkind.”
“Was ist mit ihrem Mann. Hat oder hatte er Brüder oder Schwestern in der Navy?”
Lucy wusste, worauf Syd hinauswollte. “Es tut mir leid, Syd, Mary Beth hat keinerlei Angehörige, die etwas mit dem Stützpunkt zu tun hätten.”
Syd fluchte. Das warf ihre Theorie über den Haufen.
“Aber …”, fuhr Lucy fort.
“Aber was? Gibt es doch etwas?”
“Machen Sie sich keine allzu großen Hoffnungen. Sie wissen, dass Polizei und FInCOM offiziell davon ausgehen …”
“Dass die Tatsache, dass acht von zwölf Opfern Verbindungen zum Stützpunkt haben, auf reinem Zufall beruht?” Syd sagte etwas ganz und gar nicht Druckreifes. “Worin besteht die Verbindung bei Mary Beth?”
“Sie ist sehr weit hergeholt”, gab Lucy zu.
“Nun rücken Sie schon raus damit.”
“Ein ehemaliger Freund. Und ehemalig heißt hier wirklich ehemalig. Das ist Geschichte, fast schon Vorgeschichte. Obwohl Mary Beth gerade erst geheiratet hat, lebt sie schon vier Jahre mit ihrem Rechtsanwalt zusammen. Davor hatte sie eine heftige Affäre mit einem Captain, der immer noch als Arzt im Militärhospital arbeitet. Captain Steven Horowitz.”
Syd seufzte. Vor rund vier Jahren. Das war wirklich weit hergeholt.
“Glauben Sie trotzdem, dass es da eine Verbindung geben könnte?”, fragte Lucy.
“Ja.”
Lucky schob den Kopf durch die Tür. “Sind Sie so weit?”
Genau wie Syd hatte er seit dem nächtlichen Anruf, der sie über den jüngsten Angriff in Kenntnis gesetzt hatte, durchgearbeitet. Aber anders als Syd sah er immer noch frisch und erholt aus, als hätte er gerade ein Nachmittagsschläfchen gehalten. Dabei hatte er sich die ganze Zeit durch die verbleibenden Personalakten der auf dem Stützpunkt stationierten Männer geackert.
“Ich muss jetzt los”, sagte Syd zu Lucy. “Ich will mich noch einmal hypnotisieren lassen. Vielleicht kann ich mich an irgendwelche fremden Autos erinnern, die vor dem Haus parkten in der Nacht, als Gina überfallen wurde. Wünschen Sie mir Glück!”
“Viel Glück!”, antwortete Lucy. “Wenn Sie sich an das Nummernschild erinnern könnten, wäre ich Ihnen
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