Lucy & Olivia - Das Vampirgeheimnis
dich tun können.«
Lucy setzte sich in einen riesigen schwarzen Schaukelstuhl in der Ecke und begann, die Papiere auszufüllen. Name. Geburtsdatum. Adoptiveltern. Leibliche Mutter. Lucy hielt inne und sah auf.
»Was, wenn ich etwas nicht beantworten kann?«, fragte sie.
»Mach’s einfach so gut es geht, Kleines«, sagte die Frau freundlich.
Ein paar Minuten später gab Lucy ihr die Unterlagen zurück. Die Frau blätterte sie schnell durch.
»Lass mich raten. Du suchst nach deinen Eltern.«
Lucy nickte hoffnungsvoll.
»Na, dann auffie!«, sagte die Frau fröhlich, und Lucy verspürte den ganz un-Lucy-haften Drang, sie zu umarmen.
Das muss das Glitzern sein, dachte sie. Es steigt mir zu Kopf!
Die Frau nahm den Telefonhörer ab und klemmte ihn zwischen Schulter und Wange, während sie auf ihrer Tastatur tippte. »Jaha, Sir!«, zwitscherte sie einen Moment später ins Telefon. »Oh, das sind ja wirklich gute Neuigkeiten, Vlad, sehr gute Neuigkeiten!« Sie hielt die Hand über die Sprechmuschel und erklärte Lucy: »Ich bin die 26. in der Warteschleife, um mit einem für Adoption zuständigen Aufsichtsbeamten in Transsilvanien zu sprechen!«
Anderthalb Stunden später wartete Lucy immer noch. Sie hatte mitgehört, wie nicht weniger als sechs verschiedene Leute in Transsilvanien der Frau hinter dem Schreibtisch ihre Anerkennung ausgesprochen hatten, inklusive einem, der ihr beschrieben hatte, wie man ein erstklassiges Hämoglobinsoufflé hinbekommt.
Vampirische Bürokratie ist echt grauenhaft!, dachte Lucy, die sich in den riesigen Schaukelstuhl lümmelte.
»Danke noch mal, Raj! Tschüssie«, rief die Frau fröhlich ins Telefon und legte auf. »Lucy Vega«, legte sie los, »ich habe das nötige Passwort und die Antwort ist unterwegs!«
Lucy sah sie skeptisch an, aber die Frau erklärte:
»Ich mein’s ernst, Kleines, ich hab das Downloadfenster schon hier auf meinem Bildschirm!«
Lucy sprang auf, ihr Herz raste plötzlich. Es ist so weit, dachte sie. Endlich werd ich rausfinden, wer sie waren! Fragen stürmten auf sie ein, als sie im Zimmer auf und ab ging: Leben sie noch? Haben sie sich geliebt? Wurden sie wegen ihrer Liebe ausgegrenzt? Warum haben sie uns weggegeben?
Der Computer piepte laut und Lucy lief schnell hinüber. »Was steht da?«, fragte sie atemlos.
Die Frau tippte auf ein paar Tasten, dann auf noch ein paar und dann breitete sich ein verwirrter Ausdruck auf ihrem Gesicht aus. »Bist du dir sicher, dass du Lucy Vega heißt?«, wollte sie wissen.
»Natürlich!«, entgegnete Lucy.
»Tja, Kleines, tut mir leid, aber du tauchst im System nicht auf«, sagte die Frau entschuldigend.
»Was?«, rief Lucy aus.
»Hier heißt es: ›Keine Datei über eine Lucy Vega.‹«
»Das kann nicht sein.«
Lucy verstand die Welt nicht mehr und schüttelte energisch den Kopf.
»Es muss etwas darüber geben, dass mein Vater mich adoptiert hat. Haben Sie unter Charles Vega nachgesehen?«
Die Frau tippte den Namen ein und ihr Computer piepte erneut.
»Nein, Kleines, es gibt keine Datei, die belegt, dass in den letzten 400 Jahren ein Charles Vega ein Baby adoptiert hätte.«
»Es gibt keine oder es gibt keine, die zugänglich ist?«, hakte Lucy nach.
Die Frau starrte sie verständnislos an und Lucy hob entnervt die Arme.
»Bei der ganzen Geheimniskrämerei der Vampire – wer weiß, was sie da drüben in Transsilvanien alles verbergen?«
Die Frau seufzte. »Ich weiß, das alles muss dir vorkommen, als würdest du im falschen Sarg aufwachen, Kleines«, sagte sie, »aber ich kann leider nichts für dich tun.« Sie kritzelte etwas auf ein Stück Papier und gab es Lucy. »Hier ist die E-Mail-Adresse für Anfragen. Du kannst gerne selbst Kontakt aufnehmen. Ich bin sicher, man wird dir innerhalb von vier bis sechs Monaten antworten. Aber glaub mir, Kleines«, betonte die Frau achselzuckend, »du bist einfach nicht im System.«
Lucy war versucht, mit ihr zu diskutieren, aber sie wusste, dass es sinnlos war. »Danke«, murmelte sie leise, nahm die E-Mail-Adresse entgegen und stürzte durch die Tür nach draußen. Als sie den Häschenbabyladen durchquerte, musste sie zugeben, dass ihr Vater wohl doch recht hatte mit seinem Spruch: »Guck nach vorn, nicht zurück.« Vor allem weil ich, wenn ich zurückgucke, nichts sehen kann!, dachte sie, als sie auf die Straße hinaustrat.
Nachdem sie überall sonst nach Brendans Buch gesucht hatte, kickte Olivia einen Stapel schwarzer Klamotten zur Seite und bückte sich,
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