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Lucy's Song

Lucy's Song

Titel: Lucy's Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bjorn Ingvaldsen
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ihren Kindern. Meinen Cousins und Cousinen.
    »So alte Familienaufnahmen sind doch immer wieder schön anzusehen«, sagte er.
    »Aber sie erinnern daran, wie schnell die Zeit vergeht«, meinte Tante.
    »Wir haben viele Videofilme zu Hause«, sagte ich. »Mama hat viel gefilmt. Schulaufführungen und Fußballspiele. Und alle Ferienreisen, die wir gemacht haben.«
    »Bewahre die Aufnahmen gut auf«, sagte der Onkel.
    »Ich werde ganz viel filmen, wenn wir nach Paris kommen. Die Autofahrt natürlich. Und ich werde viele Fotos machen.«
    »Du«, setzte der Onkel an. »Da ist eine Sache, die ich mir überlegt habe, was deine Autofahrt betrifft.«
    »Nicht meine, das ist Mamas Traum.«
    »Ja, sicher. Aber hast du auch daran gedacht, dass sie wohl nicht selbst wird fahren können? Und solche Autos haben nur Platz für zwei. Du brauchst ein Auto mit einem Chauffeur.«
    Ich dachte nach.
    »Dann kann ich nicht mitfahren«, sagte ich.
    »Genau, das geht nicht. Wäre es nicht besser, einen normalen Wagen zu nehmen, in dem ihr alle mitfahren könnt?«
    »Nein.«
    »Nein? Okay.«
    »Vielleicht können wir mit einem Taxi hinterherfahren? Oder einfach nur dastehen und zugucken? Winken?«
    »Ja, das geht bestimmt.«
    Am folgenden Tag kam ein Mann, der mit mir reden wollte. Ich wusste nicht, woher er wissen konnte, dass ich bei Onkel und Tante war, aber wahrscheinlich hatte die Tante mit ihm telefoniert. Er kam von einem Amt, sagte er. Irgendetwas mit Familien und so.
    »Ich wohne hier nicht«, sagte ich, »ich bin nur zu Besuch. Bei meinem Onkel und meiner Tante.«
    Der Mann nickte lange. Ich fragte mich, ob er überhaupt noch etwas sagen würde.
    »Viele haben Probleme, wenn sie in einer Situation wie du sind«, brachte er endlich heraus.
    »Wirklich?«
    »Viele finden es gut, mit jemandem reden zu können.«
    »Finden sie das?«
    »Viele in deinem Alter finden Gesprächsgruppen gut.«
    »Was ist das?«
    »Das sind Gruppen, in denen Jugendliche zusammenkommen und über ihre Situation reden.«
    »Was für eine Situation?«
    »Ihre Lebenssituation.«
    »Das hört sich blöd an.«
    Er nickte wieder lange.
    »Hast du schon überlegt, was du im Herbst machen willst? Mit der Schule zum Beispiel.«
    »Ich habe gedacht, dass ich weiter in meine Klasse gehe«, sagte ich.
    »In deine Klasse, ja. Genau. Ja.«
    Wieder schwieg er eine ganze Weile.
    »Deine Mutter«, sagte er, »sie ist jetzt im Krankenhaus.«
    »Sie kommt bald wieder nach Hause, sie hat nur ein bisschen Blut erbrochen. In ein paar Tagen ist sie wieder zu Hause. Wir wollen bald in Urlaub fahren.«
    Er nickte.
    »Urlaub, ja. Ja, ich habe davon gehört. Du und deine Mutter, nicht wahr? Und Linda?«
    »Lucy.«
    »Ja. Lucy. Ihr wollt weit weg.«
    »Meine Tante kommt auch mit.«
    »Deine Tante, ja. Ja. Sie kommt auch mit, ja. Denkst du viel daran?«
    »An meine Tante oder an die Reise?«
    »Äh, ja?«
    »Natürlich denke ich an die Reise. Wir wollen nach Paris. Mamas Traum ist es, mit einem Cabrio durch die Stadt zu fahren. So wie in dem Song. Lucy’s Song.«
    »Lucy, ja. Deine Mutter im Cabrio. Hast du schon mal daran gedacht, dass es eventuell nicht klappen könnte? Dass deine Mutter zu krank sein kann? Dass sie es vielleicht nicht schafft?«
    »Die Ärztin hat gesagt, es geht. Und Mama hat Lust. Das wird ihr neuen Lebensmut geben. Sie kriegt dadurch neue Kraft.«
    »Ja, ja«, sagte der Mann, »Kraft, ja.«
    »Wir haben alles geregelt«, sagte ich. »Flug und Hotel. Es fehlt nur noch das Auto.«
    »Gefällt es dir hier? Bei deinem Onkel und deiner Tante?«
    »Ja.«
    »Könntest du dir vorstellen, hier für längere Zeit zu wohnen? Von hier ist der Weg zur Schule nicht weit.«
    »Das ist er von zu Hause auch nicht.«
    »Ja, das wird wohl stimmen. Ja, sicher. Ein kurzer Weg.«
    Er gab mir eine Broschüre über eine Gruppe für Jugendliche. Auf der Titelseite war ein Foto von Leuten in meinem Alter, die auf Angeltour waren. Genau so, wie es Onkel immer erzählte. Auf Angeltour gehen. Warum glauben so viele, dass Jugendliche in meinem Alter immer nur ans Angeln denken? Ich esse ja nicht einmal gerne Fisch.
    »Du kannst dir die Broschüre mal angucken und mir dann Bescheid sagen«, schlug der Mann vor.
    »Okay. Und wieso Bescheid sagen?«
    »Na, ob du mitmachen willst.«
    »Bei einer Angeltour?«
    »Bei unserer Gesprächsgruppe. Bei der für Jugendliche.«
    »Ich mag keine Gespräche«, erklärte ich. »Aber Lucy wäre bestimmt gern dabei.«
    »Aber sie kann doch gar nicht

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