Ludlum Robert - Covert 02
dem gelben Punkt in der Mitte, stieß sich von der Wand ab und schwebte jetzt auf die Tür zu. Als sie den rechten unteren Bolzen erreichte, drückte sie den gelben Punkt. Eine winzige Steuerplatte schob sich heraus. Das Flüssigkeitsdisplay blinkte: ON/OFF. Vorsichtig, weil ihre Finger in dem Handschuh des EMU-Anzugs fast gefühllos waren, drückte sie ON.
Scheiße!
Die Zeituhr schaltete sofort auf sechzig Sekunden, das war wesentlich kürzer, als Megan erwartet hatte. Sie glitt zum nächsten Bolzen und schaltete auch ihn scharf. Dann stieß sie sich vom Boden ab, bezog neue Position und aktivierte die beiden oberen Bolzen. Als sie fertig war, blieben ihr noch genau zwanzig Sekunden.
Sie machte zwei lange Schritte und schwebte dann so weit wie möglich von der Tür weg. Obwohl sie ihren Sichtschutz heruntergezogen hatte, konnte sie die vier pulsierenden Lichter in den Bolzen immer noch erkennen. Sie wusste, dass sie der Luftschleuse den Rücken zuwenden oder sich wenigstens seitlich hinstellen sollte, damit die Explosion sie nicht vorn an der Sichtscheibe erfasste. Aber während die Sekunden dahin tickten, konnte sie den Blick einfach nicht von den zwinkernden Lichtern wenden.
Zwei Etagen über ihr, auf dem Flugdeck, erhielt Dylan Reed die letzten Anweisungen von Harry Landon in Mission Control.
»Sie sind genau im Plan«, sagte Landon. »Wiedereintritt sieht gut aus.«
»Ich kann den Zähler nicht sehen«, sagte Reed. »Wieviel Zeit bis zum Blackout?«
»Fünfzehn Sekunden.«
Der Blackout - das Abrechen des Funkkontakts - war ein völlig normaler Vorgang beim Wiedereintritt. Die Unterbrechung dauerte etwa drei Minuten und war nach all den vielen bemannten Flügen immer noch die Zeitspanne des ganzen Einsatzes, die die meisten Nerven kostete.
»Sind Sie angeschnallt, Dylan?«, fragte Landon. »So gut es geht. Dieser Anzug ist ein wenig klobig.«
»Halten Sie sich einfach fest, und wir sehen zu, dass die Landung so schnell und so glatt wie möglich abläuft.«
Landon hielt inne. »Zehn Sekunden… viel Glück, Dylan. Wir sprechen uns dann auf der anderen Seite wieder. Sieben, sechs, fünf…«
Reed lehnte sich zurück und schloss die Augen. Er dachte daran, dass er unmittelbar nach dem Wiedereintritt und nachdem er den Kontakt mit Landon wieder hergestellt hatte, nach hinten ins Spacelab gehen musste und…
Das Shuttle bäumte sich auf und riss Reed fast aus seinen Haltegurten.
»Was zum Teufel… Harry!«
»Dylan, was ist passiert?«
»Harry, da ist…«
Reeds Stimme brach plötzlich ab. Aus den Lautsprechern bei Mission Control kam nur noch schwaches Rauschen. Landon fuhr ruckartig zu dem Techniker herum, der neben ihm saß. »Das Band zurücklaufen lassen!«
»Was zum Teufel… Harry!«
»Dylan, was ist passiert?«
»Harry, da ist…«
»Eine Explosion!«, flüsterte Landon.
Die Arbeitsgruppe saß noch im Konferenzraum der Air Force One mit dem Präsidenten zusammen, als der Fernmeldeoffizier hereingeschossen kam. Castilla überflog das Blatt, das er ihm reichte, und wurde weiß.
»Und Sie sind sicher?«, fragte er und starrte den Offizier an.
»Dr. Landon sagte, er sei ganz sicher, Sir.«
»Stellen Sie mich zu ihm durch. Sofort!«
Er sah die Männer an, die mit ihm am Tisch saßen. »Auf dem Shuttle ist etwas explodiert.«
Die Bolzen schossen wie Raketen auf Megan zu und krachten gegen die Wände der Luftschleuse. Aber weil das Shuttle sich beim Wiedereintritt in die Atmosphäre aufgebäumt hatte, wurde die Tür, die normalerweise auf Megan zugeflogen wäre, heftig nach links gerissen. Sie prallte von der Wand ab, sauste wenige Zentimeter an ihr vorbei und krachte gegen die andere Wand.
Ohne lang zu überlegen stieß Megan sich ab und schoss auf die Tür zu, packte sie und hielt sie mit beiden Armen fest. Sie klammerte sich einen Augenblick lang daran fest, löste dann ihren Griff und ließ sie davon treiben. Dann zwängte sie sich durch die Öffnung auf das untere Deck, kletterte die Treppe ins Mitteldeck hinauf und strebte auf die Luke zu, die zu dem Tunnel ins Spacelab führte.
Sie hat die Bolzen gesprengt! Das Miststück hat die Bolzen gesprengt!
Reed war das sofort klar, als er das Zittern verspürte, das das Shuttle durchlief. Sein Verdacht wurde unverzüglich bestätigt, als auf der Konsole Lichter aufblitzten und ein Türversagen in der Luftschleuse anzeigten.
Er löste sich aus seinen Haltegurten, arbeitete sich zur Leiter vor und trat dann mit dem Kopf voran, wie ein Taucher, der
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