Ludlum Robert - Covert 02
›entwickelt‹ werden. Sie existieren in der Natur - und natürlich auch in biologischen Waffenlabors. Bei diesen Biestern kommt es eher darauf an, effektive Systeme für den Kampfeinsatz zu installieren.«
Plötzlich stöhnte Smith auf. »Nichts ist unmöglich… Wir wissen, dass die Russen jahrelang daran herumgebastelt und versucht haben, das Virus zu verändern, eine virulentere Linie zu entwickeln. Es war vereinbart, dass sie diese Labors schließen, aber…« Klein hörte zu, blickte aber dabei unverwandt auf den Bildschirm, wo große schwarze Lettern wie Totenköpfe vor einem weißen Hintergrund flackerten: POCKEN.
Das Wort Virus ist von dem lateinischen Wort für Gift abgeleitet. Viren sind so winzig klein, dass ihre Existenz noch Ende des 19. Jahrhunderts unbekannt war, bis schließlich Dimitri Ivanovski, ein russischer Mikrobiologe, auf sie stieß, als er den Ausbruch einer Seuche bei Tabakpflanzen untersuchte. Die Pocken, auch als Blattern bezeichnet, sind ein Teil der unter dem Sammelbegriff Pocken zusammengefassten Virenfamilie, die zum ersten Mal geschichtlich in China im Jahre 1122 v. Chr. erwähnt wurde. Seitdem haben sie den Lauf der menschlichen Geschichte verändert, die Bevölkerung Europas im 18. Jahrhundert und die der Eingeborenenbevölkerung in Nord- und Südamerika dezimiert.
Variola major greift die Atemwege an. Nach einer Inkubationszeit von fünf bis zehn Tagen erzeugt die Seuche hohes Fieber, Erbrechen, Kopfschmerzen und Gelenkversteifung. Eine Woche später tritt zunächst an einzelnen Stellen ein Ausschlag auf, der sich dann schnell über den ganzen Körper ausbreitet und Pusteln erzeugt. Es bildet sich Schorf, der nach einer Weile abfällt und Narben hinterlässt, die Ansatzpunkte für weiteren Befall darstellen. Der Tod kann innerhalb von zwei bis drei Wochen, oder im Falle der Roten oder Schwarzen Pocken binnen weniger Tage, eintreten.
Erst im Jahre 1796 wurden ernsthafte Versuche unternommen, der Seuche Herr zu werden. Ein britischer Arzt, Edward Jenner, machte die Entdeckung, dass Milchmädchen, die sich mit einer schwachen Form der Pocken von Kühen angesteckt hatten, den Blattern gegenüber immun waren. Jenner entnahm Proben aus Hautverletzungen eines Milchmädchens und impfte damit einen kleinen Jungen, der daraufhin die Epidemie überlebte. Jenner nannte seine Entdeckung Vakzinia Vakzine oder Impfstoff.
Zuletzt brach die Seuche 1977 in Somalia aus und wurde erfolgreich bekämpft. Im Mai 1980 hatte die Weltgesundheitsorganisation die Pocken für besiegt erklärt und daraufhin veranlasst, dass alle Immunisierungsprogramme eingestellt wurden, da es keinen Bedarf mehr gäbe, Menschen in Verbindung mit der Impfung auch nur dem geringsten Risiko auszusetzen. Ende der achtziger Jahre gab es nur noch zwei Orte auf der Welt, wo Variola major gelagert wurde: Im Zentrum für Seuchenkontrolle in Atlanta und am Ivanovski Institut für Virologie in Moskau. In letzterem Fall wurde das Virus später an Bioaparat übergeben, eine Institution, die sich in der Nähe der Stadt Vladimir 350 Kilometer südöstlich von Moskau befindet.
Nach einem internationalen sowohl von den Vereinigten Staaten wie auch Russland unterzeichneten Abkommen sollten die Proben in hoch sicheren und einer internationalen Inspektion unterliegenden Laboratorien untergebracht werden. Eine Verwendung der Proben für irgendwelche nicht von Inspektoren der Weltgesundheitsorganisation überwachten Experimente wurde generell verboten.
So lautete zumindest die Theorie.
»Theoretisch hätten Inspektoren anwesend sein müssen«, sagte Smith. Er sah Klein an. »Sie und ich wissen es besser.«
Klein schnaubte durch die Nase. »Die Russen haben den Bürokraten von der WHO ein Märchen von moderneren Anlagen in Vladimir aufgetischt, und die Idioten erlaubten natürlich, dass die das Pockenvirus verlegen. Was ihnen nie klar geworden ist, war, dass die Russen ihnen nur die Teile von Bioaparat geze igt haben, die sie ihnen zeigen wollten.«
Das entsprach den Tatsachen. Aus den Aussagen von Überläufern und ortsansässigen Quellen hatten sich die Vereinigten Staaten im Lauf der Jahre ein ziemlich klares Bild von den tatsächlichen Vorgängen bei Bioaparat zusammensetzen können. Die internationalen Inspektoren hatten nur die Spitze des Eisbergs zu sehen bekommen die Variola-Lager, die daraufhin genehmigt wurden. Aber es gab andere Gebäude, die als Saatgut- und Düngemittellabors getarnt waren und die vor der Welt verborgen
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