Ludlum Robert - Covert 03
dem Unterarm über die Stirn, sicherte seine Waffe wieder und ließ sich erleichtert gegen die Wand sinken. Fast im gleichen Augenblick krachte das Boot wieder auf eine Welle herunter.
Immer wieder sah er auf seine Armbanduhr. In der sechsten Stunde veränderte sich das Motorengeräusch plötzlich, klang jetzt weniger dröhnend, und die Fahrt verlangsamte sich. Bald kam es ganz zum Stillstand, und man konnte das metallische Ächzen des Ankers hören. Die Ankerkette rasselte, und gleich darauf traf der schwere Anker auf dem Meeresboden auf. Das bedeutete, dass sie sich in flachem Wasser befanden. Das schrille Kreischen von Möwen verriet ihm, dass sie in Landnähe waren.
Auf Deck waren leise Geräusche zu hören. Mehrere weiche, klatschende Laute, und dann klang es, als würde jemand über die Bootswand klettern. Die ganze Zeit waren keine Stimmen zu hören. Die Mannschaft verhielt sich so leise, wie das nur gerade möglich war. Jon lauschte eine Weile dem Ächzen von Rudern und dem kontrollierten Klatschen, wenn sie ins Wasser eintauchten, dann verhallten die Geräusche. Bedeutete das, dass die Besatzung die Barkasse und das Schlauchboot zu Wasser gelassen hatten? Er konnte das nur hoffen.
Er wartete. Das Boot hob und senkte sich rhythmisch, immer wieder begleitet vom Krachen schwerer Wellen. Während die See den Rumpf umspülte, schien das Schiff zu seufzen, und dann war es, als würde es allmählich zur Ruhe kommen. Schweigen ringsum.
Er schob den Lukendeckel über seinem Kopf vorsichtig weg und stand langsam auf, wartete, bis das Gefühl in seine Glieder zurückkehrte. Sich streckend, blickte er unverwandt auf den schmalen Lichtstreifen unter der Tür. Schließlich kletterte er aus seinem Loch. Als er sich durch den dunklen Raum auf die Tür zubewegte, stieß er mit dem Knie gegen ein Maschinenteil, das laut klirrend umfiel.
Er erstarrte, lauschte. Auf dem Deck über ihm war kein Laut zu hören. Er bewegte sich immer noch nicht, wartete. Eine Minute. Zwei. Aber niemand kam die Treppe herunter.
Tief durchatmend, öffnete er die Tür und spähte in beide Richtungen. Der Gang war leer. Er trat durch die Türöffnung, schloss die Tür hinter sich und ging nach vorne auf den Niedergang zu. In dem Augenblick war ihm das nicht bewusst, aber er hatte seine Wachsamkeit verringert, verließ sich jetzt darauf, dass niemand mehr an Bord war. Alles schien wieder ganz so, wie er es ursprünglich vorgefunden hatte.
In diesem Augenblick trat ein kräftig aussehender Mann aus einer der kleinen Schlafkabinen und richtete eine Pistole auf Jon. Er hatte einen Fez auf dem Kopf, und die Augen in dem mit Bartstoppeln bedeckten Gesicht blickten bösartig.
»Wer zum Teufel sind Sie? Wo kommen Sie her?« Sein Englisch hatte einen levantinischen Akzent. Ägypter?
Erschreckt warf Jon sich auf den Mann, packte das Gelenk der Hand, die die Waffe hielt, mit der Linken und zog mit der Rechten seinen Dolch.
Von dem plötzlichen Angriff verblüfft, versuchte der Mann sich zu befreien. Er zuckte zurück, verlor das Gleichgewicht, und Jon setzte zu einem Kinnhaken an, aber der Bursche erholte sich von seinem Schrecken, wich aus und rammte Jon die Pistole in die Seite, den Finger am Abzug.
Jon konnte sich gerade noch rechtzeitig wegducken. Der Mann drückte ab, und der Schuss hallte wie ein Kanonenschlag durch den engen Gang. Die Kugel verfehlte Jon und bohrte sich in eine Kabinenwand. Bevor der Gegner erneut abdrücken konnte, stieß Jon ihm seinen Dolch in die Brust.
Der Terrorist ging zu Boden, landete hart auf den Knien … seine schwarzen Augen flammten. Dann sackte er mit einem Grunzlaut vornüber zusammen.
Jon kickte ihm die Pistole – eine 9-mm-Glock – aus der Hand, zog die Walther aus dem Gürtel und trat einen Schritt zurück. Der Mann lag bewegungslos auf dem Boden, unter ihm bildete sich allmählich eine Blutlache.
Jon beugte sich über ihn und tastete nach seinem Puls. Der Mann war tot.
Als Jon sich wieder aufrichtete, merkte er, dass er zitterte. Nach der langen erzwungenen Untätigkeit hatten seine Nerven und Muskeln zu plötzlich reagieren müssen. Er bebte am ganzen Körper wie ein Rennwagen, der plötzlich aus voller Fahrt abgebremst wird. Er hatte nicht vorgehabt, den Mann zu töten. Er hielt überhaupt nichts davon, andere Menschen zu töten, aber ihm war keine Wahl geblieben.
Als sein Zittern aufhörte, stieg er über die Leiche hinweg und kletterte die Treppe hinauf aufs Deck. Die Nachmittagssonne begrüßte ihn.
In
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