Ludlum Robert - Covert 03
Ergebnis.
Zwischen tiefer Verzweiflung und entschlossenem Optimismus hin und her gerissen und halb im Sumpf seiner Medikamente versunken, merkte Marty erst, dass Randi und Peter sein Zimmer betreten hatten, bis sie ihn ansprachen.
»Gibt es etwas Neues, Mart?«, fragte Randi, ehe die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte.
Peter ließ ihn nicht zu Wort kommen. »MI6 hat nichts gehört. Verdammt ärgerlich.« Und dann fügte er leicht gereizt hinzu: »Wenn wir jetzt wüssten, für wen Jon tatsächlich tätig ist könnten wir mit denen direkt Verbindung aufnehmen und vielleicht eine klare Aussage bekommen.«
Marty starrte Randi mit ernster Miene an: »Was ist mit der CIA, Randi?«
»Nichts Neues«, erklärte sie bedrückt.
Marty runzelte die Stirn und ließ die Finger dann erneut über die Tastatur tanzen. »Ich werde noch einmal bei OASIS nachsehen.«
»Wann hast du das das letzte Mal versucht?«, fragte Peter.
Auf Martys Wangen wurden zwei rote Flecken sichtbar. »Wenn du denkst, dass ich anfange zu übertreiben, Peter, was ist dann mit dir? All die Anrufe!«
Peter nickte nur und lächelte.
Marty brummelte halblaut vor sich hin, als er sich in die Website einloggte. Als dann die Begrüßungsseite seinen Bildschirm füllte, spürte er, wie sich seine Muskeln etwas entspannten. Das war, als kehrte man nach langer Abwesenheit nach Hause zurück. OASIS war für Aspergers Patienten und ihre Familien geschaffen und stets voll Informationen. Außerdem gab es auch einen Web-Ring. Marty besuchte die Site häufig, wenn sein Leben normal war – nun ja, aus seiner Sicht normal. Was der Rest der Welt als normal betrachtete, fand er qualvoll langweilig. Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen, wie jemand den Wunsch haben konnte, so zu leben. Bei OASIS andererseits hatte er das Gefühl, dass man dort sofort zur Sache kam. Die Leute, die die Website betrieben, wussten, wovon sie redeten. Was für eine Seltenheit, dachte er bei sich. Er freute sich schon darauf, das neue Buch Der OASIS Leitfaden für Aspergers Syndrom von Patricia Romanowski Bashe und Barbara L. Kirby zu lesen. Es erwartete ihn auf seinem Schreibtisch zu Hause.
Er überflog die Mitteilungen auf dem Bildschirm, aber da war wieder nichts. Er lehnte sich zurück, schloss die Augen und seufzte tief.
»Nichts?«, fragte Peter.
»Nein, verdammt.«
Enttäuschtes Schweigen legte sich über den Raum. Als das Telefon klingelte, griff Randi danach. Es war Doug Kennedy, ihr Vorgesetzter in Langley. Sie lauschte eine Weile, dann leuchteten ihre Augen erregt auf. »Ja, ich weiß, wo das ist. Ich kenne die Gegend. Ja. Eine herrliche Nachricht. Vielen Dank, Doug. Keine Sorge. Ich komme damit klar.« Sie legte auf und drehte sich zu Marty und Peter herum. Sie starrten sie an, warteten gebannt.
»Jon lebt. Ich weiß, wo er ist.«
Grenoble
Der kalte Bergwind zerzauste Jon das Haar und wehte ihm eisig ins Gesicht, als er sich mit anderen Touristen hoch über Grenoble über die Brüstung des Fort de la Bastille aus dem sechzehnten Jahrhundert beugte. Trotz der Kälte schienen die Touristen den Blick auf die verblüffende Mischung aus mittelalterlichen und ultramodernen Gebäuden in der Tiefe zu genießen. Grenoble war für seine Hightech-Firmen und seine erstklassigen Universitäten bekannt und dehnte sich vor dem dramatischen Panorama der Alpengipfel mit ihren in der Nachmittagssonne glitzernden Schneespitzen über die Landfläche am Zusammenfluss der Flüsse Drac und Isere.
Jons Interesse seit seinem Eintreffen in der alten Festung galt freilich nicht diesem Panorama, sondern den Seilbahnkabinen, die von der Stadt heraufschwebten.
Er stand bereits seit einigen Stunden an der Brüstung, jetzt mit neuen Jeans, einem grünen Pullover, einer Bomberjacke und einer dunklen Sonnenbrille bekleidet. In den tiefen Vordertaschen seiner Jacke steckten der Krummdolch des Afghanen und die Leuchtpistole aus dem Hubschrauber, die einzigen Waffen, über die er augenblicklich verfügte. Er stand noch immer unter dem Eindruck der guten Nachricht, dass Randi am Leben war und Marty aus seinem Koma aufgewacht war und sich wohl fühlte.
Doch er war unruhig. Sie hätte längst hier eintreffen sollen, und ihm war in zunehmendem Maße bewusst, dass Abu Auda und seine Männer jeden Augenblick ebenfalls hier auftauchen konnten. Dass sie ihre Suche auf Grenoble, die einzige größere Stadt in der Nähe der Villa, ausweiten würden, war unvermeidbar. Jon wusste viel zu viel, und es bestand immerhin die
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