Ludlum Robert - Covert 03
Gemeinheiten die noch für die Zukunft geplant haben. So wie das, was nach dem Angriff auf das World Trade Center und das Pentagon passiert ist. Unser General und unser Wissenschaftler sind bestimmt nicht scharf darauf, dass man sie dafür zur Verantwortung zieht.«
»Genau«, pflichtete Jon ihm bei. »Ich denke, Chambord rechnet durchaus damit, dass sich wieder Nationen zusammentun, um Jagd auf die Täter zu machen. Also braucht er einen Sündenbock, jemanden, dem die Welt eine solche Tat zutraut. Und dafür eignen sich Mauritania und der Halbmondschild geradezu ideal. Das ist eine nur wenig bekannte Terroristengruppe – wer würde also denen schon glauben, wenn sie sich als unschuldig bezeichnen, besonders, wenn es so aussieht, als ob man sie auf frischer Tat ertappt hätte? Und dann deutet ja auch alles daraufhin, dass sie Chambord entführt haben, was er beschwören wird. Der Mann kann gut genug lügen, dass man ihm glaubt. Ich habe ihn schließlich selbst erlebt.«
»Und was ist mit Thérèse?«, wollte Randi wissen. »Sie weiß doch inzwischen Bescheid, oder?«
»Ich weiß nicht, ob sie die ganze Wahrheit kennt, aber das mit ihrem Vater weiß sie. Sie hat zu viel erfahren, und das beunruhigt Chambord sicherlich. Es würde mich nicht wundern, wenn er sie am Ende opfern würde, um seinen Plan zu retten. Oder Bonnard nimmt ihm die Entscheidung aus der Hand und erledigt das selbst.«
»Die eigene Tochter.« Randi schauderte.
»Er ist entweder völlig durchgedreht oder ein Fanatiker«, sagte Jon. »Einen anderen Grund für einen so plötzlichen Gesinnungswandel kann ich mir einfach nicht vorstellen – vom berühmten Wissenschaftler zum schmutzigen Terroristen.«
Peter blickte mit angespannter Miene nach vorn und studierte die Straßen, die unter ihnen die Landschaft durchzogen. »Wir müssen jetzt unsere Diskussion kurz unterbrechen.« Sie näherten sich einer kleinen Stadt an einem Fluss.
»Das ist Mâcon, an der Grenze von Burgund. Der Fluss nennt sich Saône. Sieht doch recht friedlich aus, oder? Und das ist dieses Städtchen auch. Randi und ich haben hier getankt, als wir hinter dir her waren, Jon. Das ging völlig problemlos, und deshalb werde ich wieder hier landen. Unser Treibstoffbehälter hat Durst. Wann hast du übrigens das letzte Mal gegessen, Jon?«
»Keine Ahnung.«
»Dann sollten wir vielleicht nicht nur tanken, sondern auch ein wenig einkaufen.«
Peter landete die OH-6 im langen Nachmittagsschatten auf dem kleinen Flughafen.
Außerhalb von Bousmelet-sur-Seine
Émile Chambord lehnte sich in seinem Schreibtischsessel zurück und streckte sich. Die steinernen Wände mit den gefährlich aussehenden mittelalterlichen Waffen, die daran hingen, die verstaubten Rüstungen, die hohe Gewölbedecke und sein fensterloser Arbeitsplatz wirkten bedrückend, auch wenn ein dicker Berberteppich auf dem Boden lag und ein paar Stehlampen warmes Licht verbreiteten. Aber er hatte sich diesen fensterlosen Raum in der Waffenkammer selbst als Arbeitsplatz ausgesucht. Keine Fenster, keine Ablenkung, und jedes Mal, wenn die Sorge um Thérèse ihn zu quälen begann, verdrängte er diese Gedanken wieder.
Er blickte liebevoll auf seinen Prototyp auf dem langen Tisch. Obwohl er von seinem Werk begeistert war, empfand er vor der Geschwindigkeit und der Leistungsfähigkeit des Geräts doch geradezu Ehrfurcht. Es prüfte jede mögliche Antwort auf jedes Problem simultan und nicht etwa sequenziell, wie selbst die größten und schnellsten auf Siliziumchips basierenden Computer arbeiteten. In der Cybersprache hieß das, dass die schnellsten Silizium-Supercomputer der Welt ausgesprochen langsam waren. Und dennoch waren sie wesentlich schneller als jedes menschliche Gehirn. Aber am schnellsten von allen war sein Molekularcomputer, seine Geschwindigkeit war beinahe unvorstellbar.
Und die Grundlage von all dem lag in den Gelpacks, in der speziellen DNS-Sequenz, die er geschaffen hatte. Die DNSSpirale einer jeden einzelnen lebenden Zelle – das Grundmuster aller Lebewesen – war für ihn das gewesen, was für einen Maler die Palette ist. Und sein Wunderwerk konnte all die bislang unlösbaren Probleme lösen, vor denen auch der höchstentwickelte Supercomputer kapitulieren musste – Probleme, wie sie in künstlichen Intelligenzsystemen auftauchten, beim Bau komplexer Computernetzwerke wie der so genannten Datenautobahn oder bei komplizierten Spielen, wie beispielsweise dreidimensionalem Schach. Schließlich war all das nur eine
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