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Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Lüge eines Lebens: Stachelmanns vierter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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wollte.

    Als er aufwachte, brauchte er ein paar Sekunden, um zu begreifen, wo er war. Das Bett, das Anne neben seines geschoben hatte, war leer. Er richtete sich auf, fiel aber wieder zurück ins Kissen. Ihm fehlten der Wille und die Kraft aufzustehen. Er wartete auf den Schmerz, aber der kam nicht. Die Gelenke waren steif, die Augen fühlten sich verquollen an. Das Bild überfiel ihn, Brigitte mit aufgeschlitztem Hals auf seinem Stuhl. Der Brechreiz kam, er schluckte, der Reiz wurde schwächer. Um Himmels willen, er musste dieses Bild loswerden. Aber wie?
    Anne erschien. Fragte, ob er gut geschlafen habe. Natürlich, die Schwester hatte ihn vollgepumpt mit Schlafmittel. »Aber dieses Bild kommt zurück.« Als er es aussprach, entsetzte es ihn. »Ich muss immer daran denken.«
    »Ja«, sagte sie. »Du musst dich daran gewöhnen, auch wenn es unmenschlich klingt. Versuchen, das Bild einzusortieren in andere Bilder, die du im Kopf trägst.«
    Er überlegte, was das bedeutete, und verstand es nicht. Wie sollte er dieses Bild einsortieren. Es gab in seinem Kopf nichts, was auch nur annähernd so grausam aussah.
    »Er hat Brigitte vielleicht meinetwegen getötet.«
    Sie schaute ihn stirnrunzelnd an.
    »Ja, sie wollte auspacken, und das hat dieses Monster verhindern müssen. Brigitte wusste etwas, das sie nicht weitererzählen durfte. Weil sie es wollte, hat er sie ermordet.«
    »Und was soll das gewesen sein? Rede dir bloß nicht ein, du seist schuld an ihrem Tod.«
    »Wie soll ich zur Tagesordnung übergehen, solange dieser Kerl frei herumläuft? Er hat es auf mich abgesehen, aber er will mich anscheinend am Leben lassen, ich darf noch ein bisschen zappeln.«
    Die Tür öffnete sich. Stachelmann erschrak, Bohming erschien.
    »Hallo, Josef. Ich wollte doch mal sehen, wie es meinem besten Dozenten geht.«
    Er schüttelte erst Anne die Hand, dann Stachelmann. Der deutete auf einen Stuhl, der in der Ecke stand, neben dem Waschbecken.
    Bohming holte den Stuhl und setzte sich an Stachelmanns Bett.
    »Na ja«, sagte Stachelmann, der es wie fast immer vermied, Bohming mit dem Vornamen anzusprechen. Er wollte ihn nicht zu nahe an sich herankommen lassen.
    »Aber wie erklärst du dir das? Eine Leiche in deinem Zimmer, das ist ungeheuerlich.«
    Stachelmann bezwang den Brechreiz, dann sagte er: »Es nützt nichts, sich darüber aufzuregen. Ich muss diesen Scheißkerl finden.«
    »Um Gottes willen!« Bohming hob die Arme wie zur Abwehr. »Lass dich nicht darauf ein. Die Kripo wird das tun. Und sie wird ihn finden. Das können die sich nicht gefallen lassen. Jeden Tag wird die Presse fragen, ob sie dem Mörder auf die Schliche gekommen sind.«
    Jetzt erst fiel Stachelmann auf, dass Bohming grau im Gesicht war. Natürlich, es warf ein schlechtes Licht auf sein Seminar, dass dort so ein Verbrechen geschehen konnte.
    »Wie kommt es nur, dass du immer wieder in ... äh ... solche ... Sachen verwickelt wirst? Ich will mal nicht davon ausgehen, dass du das Verbrechen suchst. Aber irgendwie will mir das nicht einleuchten. Ich bin nun schon so viele Jahre, viel zu viele Jahre an der Universität, und ich hatte noch nie mit so etwas zu tun.«
    »Willst du andeuten, dass Josef vielleicht selbst schuld ist?«, fragte Anne. Stachelmann hörte Zorn in ihrer Stimme.
    »Nein, nein, natürlich nicht.« Bohming plusterte sich auf. Wie konnte sie ihn nur so falsch verstehen? »Ich bin hier, um zu fragen, ob ich helfen kann. Wir müssen doch zusammenhalten in so einer Lage. Nie würde ich Josef deswegen einen Vorwurf machen.«
    Stachelmann grinste in sich hinein. Immerhin hatte Bohming ihn zum Grinsen gebracht. Aber er war noch so müde.
    »Und, Josef, das mit deiner Habilschrift klären wir, wenn du wieder auf den Beinen bist. Ich werde auch mit dem Schmid nochmal reden. So geht es nicht.«
    Das lag Stachelmann so fern.
    Wieder ging die Tür. Es war wie in einem Taubenschlag. Georgie lugte ins Zimmer. Er trug immer noch diese knallenge Hose, dazu ein Sweatshirt mit Kapuze.
    »Huhu!«, sagte Georgie. »Stör ich?« Er hatte sich erholt vom Schrecken oder versuchte ihn zu überspielen.
    »Nein«, sagte Stachelmann matt. Es war zu viel Besuch. Warum ließ der Polizist draußen alle hereinkommen? Oder war der gar nicht mehr da?
    »Hast du einen Polizisten gesehen vor der Tür?«
    Georgie schüttelte den Kopf und grinste. »Nein, aber einen im Schwesternzimmer. Der lässt sich da verwöhnen.« Das Grinsen erlosch. Er schaute sich um, Bohming kannte er,

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