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Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Titel: Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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trainierst, kannst du dir gleich zwei Sonnen in den Kalender malen. Es reicht am Anfang auch, wenn du schnell gehst und dabei die Arme mitnimmst.«
    »Was sollte ich sonst mit meinen Armen machen? Sie zu Hause lassen?«
    »Haha. Was sagt dein Ruhepuls?«
    Ich sah auf die Pulsuhr, die Carla mir in der Zwischenzeit um das Handgelenk gebunden hatte. »Fünfundsiebzig.«
    »Das ist in Ordnung«, sagte Carla. »Lass sie am besten einfach um. Ab hundertzwanzig Schlägen pro Minute verbrennst du Fett. Das ist ungeheuer motivierend, wenn du zum Beispiel eine Treppe hochsteigst oder zum Kopierer rennst. Das Ding ist so eingestellt, dass es ab hundertvierzig warnende Piepser von sich gibt. Das bedeutet dann so viel wie: Achtung, ab jetzt sind alle Ihre Anstrengungen umsonst, denn ab hundertvierzig verbrennst du kein Fett mehr, sondern nur noch Kohlenhydrate. Ich war am Anfang so fasziniert davon, dass ich das Ding sogar beim Sex umgelassen habe. Aber das war eher enttäuschend. Von wegen, Sex verbrennt Kalorien. Das bringt höchstens was, weil man dabei permanent den Bauch einziehen muss. Aber für die Fettverbrennung ist es schon effektvoller, nur mit den Armen zu rudern. Probier’s mal.«
    Ich ließ gehorsam meine Arme kreisen. Prompt schnellte mein Puls auf hundertachtzehn hoch.
    »Weiter, Rübe, weiter«, ermunterte mich Carla, und ich ruderte, was das Zeug hielt. Carla ruderte mit.
    »Was ist denn hier los? Ist der Ventilator kaputt?« Das war Birnbaum, der grinsend in der Tür stand.
    Carla und ich ließen die Arme sinken. Wie immer am frühen Morgen war Birnbaum tadellos rasiert, gekämmt und gekleidet. Ich fand es immer wieder faszinierend zu beobachten, wie ihm im Laufe eines Arbeitstages ein Bart wuchs, die dunklen Haare verwuschelten und der Anzug zerknitterte. Es war ein Phänomen.
    »Das sind nur ein paar Lockerungsübungen zur besseren Durchblutung des Gehirns«, sagte ich und sah kontrollehalber hinunter auf seine Schuhe. Diesmal trug er zwei zueinander passende Socken.
    »Warum sagen Sie nicht einfach guten Morgen wie andere Leute auch?«, sagte Carla. Sie hasste Birnbaum immer noch.
    »Jetzt tun Sie mir aber Unrecht. Ich war schon in Ihrem Büro, um Ihnen guten Morgen zu sagen, Frau Lautenbacher«, sagte er. »Aber es war niemand da, nur das Telefon hat wie verrückt geklingelt. Ich billige es allerdings voll und ganz, dass Sie etwas zur besseren Durchblutung Ihres Gehirns tun.«
    Carla bedachte ihn mit einem hasserfüllten Blick und suchte nach einer Gegenbeleidigung.
    »Wir testen nur die Pulsuhr«, sagte ich schleimschneckenmäßig, bevor Carla etwas sagen würde, was ihre Kündigung nach sich ziehen könnte.
    Birnbaum kam näher und griff nach meinem Handgelenk. »Hundertfünfundzwanzig«, sagte er. »Ist das gut oder schlecht?«
    »Das ist genau richtig«, sagte ich. »Es bedeutet nämlich, dass ich Fett verbrenne.«
    Birnbaum zog eine Augenbraue hoch. »Was soll das heißen? Gibt es ab jetzt etwa keine Schokoküsse mehr bei Ihnen?«
    »Nein«, sagte ich bedauernd. »Ich könnte Ihnen höchstens eine Möhre anbieten.«
    »Was denn, du machst eine Diät, Hanna?« Marianne war hereingerauscht und ließ sich graziös an ihrem Schreibtisch nieder. »Nur weil ich gesagt habe, dein Hintern ist zu dick? Ich würde mich an deiner Stelle nicht quälen, Schätzchen. Manche Männer mögen es schön mollig, stimmt’s, Herr Chefredakteur?«
    »Ja, das soll es durchaus geben«, sagte Birnbaum.
    Ich hatte das Gefühl, dass alle auf meinen Hintern starrten, und errötete zwangsläufig. Den Bauch kann man einziehen, den Hintern nicht.
    »Meine Mutter sagt immer, Männer wollen was zum Anfassen haben«, fuhr Marianne fort. »Und du hast sogar so viel zum Anfassen, dass es bei dir locker für zwei Männer reichen würde, Hanna. Zwei Männer! Träumen wir da nicht alle von?«
    Meine Gesichtsfarbe dürfte inzwischen einen reifen Tomatenton angenommen haben.
    »Hanna tut das nicht für irgendwelche Männer, sondern ganz allein für sich selber«, sagte Carla. »Stimmt’s, Hanna?«
    Mein Telefon klingelte, und ich dankte Gott dafür, dass er mir auf diese Weise eine Antwort ersparte, sondern wandte mich meinem Schreibtisch und den anderen den Rücken zu. »Redaktion Annika , Johanna Rübenstrunck, guten Tag.«
    »Hanna, Mäuschen, halt dich fest. Es gibt Neuigkeiten!« Es war Alex, mein Exfreund, Sie wissen schon, der, von dem ich mich einvernehmlich getrennt hatte. So einvernehmlich, dass er mich immer noch Mäuschen nennen

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