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Luegenherz

Luegenherz

Titel: Luegenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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fertig?«
    Für eine Millisekunde bin ich sprachlos, dann haue ich ihr eine runter. Ihre Augen funkeln mich wütend an, aber sie rührt sich nicht. Wir stehen uns schwer atmend gegenüber, ihre Wange ist vom Schlag meiner Hand knallrot verfärbt.
    Das bringt mich wieder zur Besinnung. Was habe ich getan?
    »Es tut mir leid«, sage ich und möchte sie streicheln, den Schlag ausradieren, also mache ich einen Schritt auf sie zu, sie geht rückwärts, steht mit dem Rücken an der Tür und starrt mich an.
    Wie ich sie hasse!
    Fotos von mir beim Kotzen und während ich ohnmächtig bin. Ihre großen Augen bohren sich in meine, saugen sich fest und die Angst, die ich darin sehe, entwaffnet meinen Zorn. Und der Trotz, den ich darin auch sehen kann, entfacht ganz andere Flammen und diese Mischung löscht jedes logische Denken vollkommen aus. Ich stemme beide Hände rechts und links neben ihrem zarten Körper an die Tür, beuge mich vor und küsse sie auf den Mund.
    Als unsere Lippen sich treffen, rasen Gedanken wie Blitze durch meinen Körper. Verrückt, Ally, bist du jetzt vollkommen verrückt? Erst schlagen, dann küssen. Warum will ich in ihren weichen zarten Lippen versinken, wo ich sie doch gleichzeitig von ganzem Herzen hasse?
    Mila reagiert immer noch nicht, sie schubst mich nicht weg, aber sie erwidert meinen Kuss auch nicht, sondern bleibt wie eingefroren stehen.
    Ich komme langsam zu mir, weiche zurück, schäme mich entsetzlich. Tränen steigen hoch und meine Kehle ist wie zugeschnürt und doch pulsieren meine Lippen und verlangen nach mehr.
    »Geht’s jetzt wieder?«, fragt Mila dann endlich und klingt ganz sanft. Freundlich.
    Ich setze mich völlig durchgeschwitzt und erledigt aufs Bett.
    »Oh Gott.« Am liebsten würde ich wegrennen, aber dazu bin ich zu schwer, zu müde, zu benommen.
    »An den glaube ich schon lange nicht mehr«, sagt Mila und setzt sich neben mich. Sie nimmt meine Hand und tätschelt sie, als wäre ich ein kleines Kind, das sich gerade an der Kasse auf den Bauch geworfen und laut herumgeplärrt hat, weil es unbedingt ein Überraschungsei haben will.
    Ich ziehe die Hand weg. Ich bin kein kleines Kind und ich werde auch nicht auf ihren Köder anspringen, denn dann kommen die Narben ins Spiel und dann werde ich mich noch fürchterlicher fühlen als sowieso schon.
    »Okay, es war nicht richtig, dich zu schlagen.« In Gedanken füge ich noch hinzu: Und es war auch nicht richtig, dich zu küssen, aber ich bereue es nicht.
    »Stimmt, aber ich verstehe, dass du sauer bist. Schon klar. Also, jetzt noch mal langsam. Was ist dein Problem?«
    »Mein Problem?«
    Sie steht auf, holt die Bilder und setzt sich damit wieder neben mich aufs Bett.
    »Ich will das nicht sehen«, sage ich und drehe mich demonstrativ zur Seite.
    »Aber sie sind genial! Wir hätten das niemals so planen können. Und das habe ich dir zu verdanken.«
    Sie legt einen Arm um meine Schultern und hält mir die Bilder wieder hin.
    Ich ignoriere sie. »Woher wusstest du, wo wir hinfahren?«
    Sie drückt ihre Arme fester um meine Schultern, ich kann ihre nackte Haut spüren, und als sie leise zu reden anfängt, muss ich mich zwingen, mich auf ihre Worte zu konzentrieren.
    »Es mag verrückt klingen, aber mir ist eingefallen, dass samstags im Angerloch immer die Hölle los ist und auch in der Spielberghöhle, wo er normalerweise mit den Gruppen klettert. Und ich dachte, wenn er schon mit dir alleine ist, dann geht er bestimmt dorthin, wo er mit mir auch sehr gern alleine war.«
    Mila sucht meinen Blick, aber so angenehm ich das Prickeln finde, das das Gefühl von ihrer Haut auf meiner auslöst, so dünn finde ich diese Erklärung.
    »Ich würde diesen Ort niemals wiederfinden, auch nicht, wenn ich öfter dort gewesen wäre. Und warum hast mir vorher nichts davon gesagt oder wenigstens eine SMS geschickt? So hast du doch riskiert, dass ich mich total umsonst opfere.«
    Jetzt springt sie auf, als hätten sie gerade tausend Taranteln gestochen.
    »Opfer!«, kreischt sie und baut sich vor mir auf. »Ich glaube, ich hab mich verhört! Du ein Opfer, dass ich nicht lache. Und das sagst du mir ins Gesicht!« Sie schnaubt wütend und ihre Augen funkeln, als wären sie feucht. »Ich scheiß auf dich, Scarlett Müllerhans! Das Ganze war doch deine Idee, nicht meine, und jetzt, wo alles geklappt hat, wo wir den Landgraf an den Eiern haben, da drehst du hier durch und machst einen auf Märtyrer. Weißt du, was, Ally, du bist ja so was von beschissen, du

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