Lügennetz: Thriller (German Edition)
nicken.
Dort auf dem Boden lag meine Chefin, Elena, mit von Kugeln zerfetztem Hals in einer Blutlache.
25
Eines von Elenas reglosen Augen, dasjenige, das nicht ausgeschossen war, stand weit offen und starrte zur Decke. Überall war Blut, als hätte jemand einen ganzen Eimer voll ausgeschüttet– über ihre Uniform, über einen Haufen umgekippter Flaschen mit Fensterreiniger, über die Latexhandschuhe, die sich eine der Sanitäterinnen mit lautem Fluchen von den Händen zog. Überall Tintenkleckse, Einschusslöcher und schreckliche Spritzer aus rotem, nach Kupfer riechendem Blut.
» Es tut mir so leid « , sagte die Sanitäterin zu Billy. » Die Ärmste hat mindestens sechs Schüsse ins Gesicht und in den Hals abbekommen und weitere vier in den Bauch. Sie hatte bereits zu viel Blut verloren, als wir eintrafen. Sie ist tot. «
» Und der andere? « , fragte Billy und zeigte nach links. Dort sah ich zwei nackte, braune Füße, die hinter einer Regalreihe hervorragten wie die der bösen Hexe unter Dorothys Haus.
» Der Tankstellenmitarbeiter? « , sagte die Sanitäterin mit einem Kopfschütteln. » Er hat, wie es aussieht, eine Salve in die Kehle abbekommen. War sofort tot. «
Langsam nickte ich wieder. Es gab also ein drittes Opfer? Ich starrte auf die mit Blut und Hirn vollgespritzten Lebensmittelregale, die Patronenhülsen aus Messing, das zerbrochene Glas. In der Luft hing der starke Krankenhausgestank entleerter Gedärme. Noch nie zuvor hatte ich eine solche Szene von Gewalt und Tod, ein sprichwörtliches Blutbad, aus nächster Nähe gesehen.
Ich stolperte hinter Billy zurück nach draußen, um dem Geruch zu entkommen. Die Menge der Neugierigen hinter dem Absperrband schien sich verdoppelt zu haben. Ein großer Mann mit nacktem Oberkörper, abgeschnittenen Jeans und Panamahut griff plötzlich unter dem Band hindurch und hob eine Patrone an seine rot umränderten Augen.
» Hey! Legen Sie das wieder hin! « , rief Billy und rannte auf ihn zu.
In dem Moment bemerkte ich die dicke, schwarze Pistole auf dem vom Benzin fleckigen Asphalt. Sie lag zwischen der ersten Zapfsäule und dem Eingang zum Laden neben einem leuchtend gelben Hütchen, mit dem Beweise gekennzeichnet wurden.
Ich trat vor, um sie mir genauer anzusehen. Nein, ich hatte mich getäuscht. Es handelte sich nicht um eine normale Pistole, sondern um eine größere schwarze Maschinenpistole mit kleinen Löchern um den Lauf. Der Griff war mit grauem Klebeband umwickelt, daneben standen die Worte » Intratec Miami 9mm « .
Wie gebannt starrte ich vornübergebeugt auf die Waffe hinab.
Weil sie nicht nur einfach wie die Waffe auf Peters Boot aussah.
Nein, dies hier war die Waffe von Peters Boot.
» Verstanden « , sagte Billy in sein Funkgerät, als er neben mich trat. » Schafft die Detectives so schnell wie möglich hier runter. Sieht wie dieses gottverdammte Valentinstags-Massaker aus. Sag ihnen, Officer Cardenas wurde bei einem bewaffneten Raubüberfall getötet. Mal sehen, ob sie dann schneller in die Puschen kommen. «
Die weißen Masten der Segelboote im Jachthafen auf der anderen Seite der Palm Avenue erwachten vor dem blauen Himmel plötzlich zum Leben.
Peters Waffe? Warum lag Peters Waffe hier? Gehörte sie wirklich ihm?
» Komm, Jeanine. Sie bringen Peter ins Lower Keys Medical. Ich fahre dich hin « , bot Billy an.
Wir gingen zu seinem Streifenwagen und stiegen ein. Erschrocken fuhr ich zusammen, als Billy plötzlich mit der Faust aufs Lenkrad schlug. » Diese Schweine! « , schimpfte er. Rasch wischte er sich die Tränen vom Gesicht und startete den Motor. » Entschuldige, Jeanine « , sagte er. » Elena war einfach klasse. Und jetzt ist sie tot. Gott sei Dank haben sie zumindest Peters Blutung unter Kontrolle. «
» Sie haben was? « Ich richtete mich auf, als hätte Billy auf mich statt aufs Lenkrad eingeschlagen.
» Was? Hat dir das niemand erzählt? « , fragte er. » Die Sanitäter haben die Blutung unter Kontrolle. Sieht aus, als würde Peter es schaffen. «
2 6
Das Lower Keys Medical Center auf Stock Island lag fünf Minuten von Key West entfernt. Ein Pfleger sagte mir, Peter sei direkt in den OP gebracht worden.
In den nächsten Stunden saß ich im ersten Stock des Krankenhauses in einem mit Polizisten überfüllten Warteraum. Nach einer Weile verschwanden die Polizisten nach und nach auf den Flur, wo sie sich leise miteinander unterhielten.
Im Fernseher über der Tür lief ein Sonderbericht über den
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