Lügennetz: Thriller (German Edition)
sagte ich zu ihm persönlich, nachdem ich über den Bürgersteig gestürmt und zehn Sekunden später ins Taxi getaucht war. Und ein Dank auch an die Welt der Mobiltelefone.
Ich verriegelte die Tür, noch bevor ich mich tief in den Sitz sinken ließ.
Mr Ken hob im Rückspiegel eine Augenbraue. » Haben Sie Ihren Kaffee vergessen, Ms Bloom? « , fragte er in seinem flotten Akzent.
» Ach, den habe ich schon getrunken, danke « , log ich, den Blick panisch nach draußen gerichtet. » Wenn Sie mich jetzt zum JFK -Flughafen bringen könnten, wäre das toll. «
Ich rutschte noch tiefer in den Sitz und wagte kaum zu atmen, bis Mr Ken endlich aufs Gaspedal trat.
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An der Ecke 42nd Street und Lexington Avenue ließ Peter hektisch seinen Blick über die zahllosen Gesichter vor dem Grand Central Terminal gleiten. Kein elfenbeinfarbener Mantel. Weder auf der anderen Straßenseite noch anderswo. Er hatte die Sache versaut. Seine Ratte hatte ihr Loch gefunden.
So eine Pleite! Er hatte sie gehabt und dann wieder verloren.
Während er so dastand, stieg eine Erinnerung in ihm hoch an etwas, das er als Siebenjähriger erlebt hatte. Er war mit seinem Vater zu seinem ersten und einzigen Jagdausflug mit Pfeil und Bogen in New Hampshire unterwegs gewesen. Er hatte sich zwischen die Büsche verdrückt, weil er pinkeln musste, als drei Meter vor ihm ein riesiger schwarzer Bär aufgetaucht war. Bevor Peter hatte schreien können, war ein Pfeil von dem Bogen seines Vaters durch die Luft gezischt, und der Schaft ploppte aus dem Auge des Bären heraus. Das Tier war umgefallen wie ein Möbelstück.
Sein Vater war vom Hochstand gestiegen und hatte sich über das erlegte Ungeheuer gekniet, während er laut eingeatmet und mit den Händen den Blutgeruch an seine Nase gewedelt hatte wie ein Koch über seinem Topf. Peter hatte sich beinahe in die Hose gemacht, als sein Vater ihn gepackt und sein Gesicht nach unten gedrückt hatte, bis seine Nase die schwarze, blutige Nase des Bären berührte.
» So ist das Leben: Entweder kriegst du den Bären, oder der Bär kriegt dich « , hatte sein betrunkener Vater in seinem französisch-kanadischen Akzent genuschelt. » Du entscheidest. «
Genau, dachte Peter.
Zumindest wusste er jetzt, dass Jeanine in New York lebte. Also musste sie hier irgendwo in der Gegend arbeiten. Verdammt, schon zu wissen, dass sie noch lebte, reichte. Nicht ob er sie schnappte, war die Frage, sondern wann.
Sein Telefon klingelte. Er blickte auf das Display. Seine Frau Vicky.
Um ihn herum wurde laut gehupt, während er die endlosen Fenster entlangblickte. Seine Wut legte sich, verwandelte sich in die natürliche, kalte Geduld eines Jägers.
» Keine Sorge, Paps, ich werde den Bären schon irgendwie kriegen « , sagte er, als er das Telefon ans Ohr hob. » Das habe ich immer getan und werde es auch immer tun. «
Vierter Teil Die Rückkehr der verlorenen Ehefrau
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Ich wusste nicht, wie spät es war, als ich mit einem Schrecken aufwachte und die Unterlagen zum Fall Justin Harris auf den Boden rutschen ließ. Ich saß in einem beunruhigend winzigen Flugzeug mit fünfzig Plätzen, nachdem ich in Atlanta eine Stunde Zeit zum Umsteigen gehabt hatte.
Ich packte Harris’ Unterlagen weg und sah aus dem kleinen Fenster. Wie weit war es noch? Unter mir befand sich nichts als Wasser, silbrig glänzend wie Alufolie unter der grellen Sonne Floridas. Bei diesem Anblick wurden die Schmetterlinge in meinem Bauch wieder wach und machten sich an die Arbeit.
Das hier war das Licht von Florida. Das Licht von Key West.
War ich jetzt in Sicherheit? War Peter in New York geblieben? Ich wusste es nicht.
Ich sah auf, als ein Gong aus dem Lautsprecher tönte und die Stewardess verkündete, dass wir in etwa fünfzehn Minuten landen würden. Von der anderen Seite des Gangs aus lächelte mir ein ganz anständig aussehender, hellhäutiger Mann mit rotblondem Haar um die fünfzig zu. Er trug Bermudashorts und ein graues Sporthemd mit dem Logo der New York University.
Er war Australier und ziemlich betrunken. Das wusste ich, weil er mich am Flugsteig in Atlanta angebaggert hatte. Unter anderen Umständen wäre ich vielleicht darauf eingegangen. Was zu trinken hätte ich gut gebrauchen können.
» Aufs Paradies « , sagte Crocodile Dundee und hob mit trottelig-theatralischer Geste seinen Plastikbecher in meine Richtung. Ich lächelte höflich zurück und blickte zur Seite.
Für mich ist das eher das verlorene Paradies, dachte ich, den Blick
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