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Luegnerin

Luegnerin

Titel: Luegnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justine Larbalestier
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Wolf ist, bis ich vergessen habe, meine Pille zu nehmen.
    Es ist alles meine Schuld.
    »Ich hasse dich«, sage ich zu ihm. »Du hast Zach umgebracht und ich werde es dir nicht verzeihen. Warum konntest du nicht ein verdammtes Eichhörnchen fressen? Scheiße, oder wenigstens einen Touristen, das wäre noch besser gewesen. Warum musstest du Zach töten?«
    »Er hat gut gerochen.«
    Keine Gewalt mehr, rufe ich mich zur Ordnung. Die Oldies werden sich um ihn kümmern. Ich muss ihn nur dort raus aufs Land bringen. Aber der Junge wusste es einfach nicht. Er wusste gar nichts. Er weiß noch immer nichts. Wie kann ich ihn dann seinem Tod ausliefern?
    Fuck.
    Er hat Zach umgebracht. Er wusste, dass Zach ein Mensch ist, und hat ihn trotzdem umgebracht. Dieser Junge hat keinerlei moralisches Empfinden. Er würde wieder töten. Wenn ich ihn zu den Oldies bringe, ist das der Gnadentod.
    Und was ist sein Leben jetzt überhaupt wert? Kein Zuhause, keine Familie, keine Freunde, kein gar nichts.
    »Hab’s nicht so gemeint«, sagt der Junge. »Wusste nicht, dass du so sauer wirst deswegen. Dann hätte ich’s nicht gemacht.«
    Ich glaub, ich fang gleich an zu schreien. Ich tigere schneller hin und her.
    »Kannst du mich wieder zurückverwandeln?«, fragt er. »Ich wär gerne wieder ein Wolf.«
    Ich balle die Fäuste noch fester zusammen. Ich werde
ihn nicht noch einmal schlagen. »Und was gefiel dir daran am besten?« Ich kann mir die Frage nicht verkneifen. »Meinen Freund umzubringen? Oder ihn zu fressen? «
    Er zieht den Kopf ein. Gibt keine Antwort.
    Wenn ich ihn mit zu Mom und Dad nehme, dann werden sie wissen, was zu tun ist. Und sie werden einsehen, dass ich Zach nicht umgebracht habe. Dann kann ich hierbleiben, und sie werden aufhören, mich anzustarren, als wäre ich mehr Tier als Mensch.
    Der Junge ist so fertig, so verzweifelt, dass er alles tun wird, was ich ihm sage.
    »Ich werde dich wo hinbringen«, erkläre ich ihm.
    »Nein«, sagt der Junge bestimmt. »Du bist sauer auf mich.«
    »Da bist du sicher«, erkläre ich ihm.
    »Wo?« Er schaut mich misstrauisch an.
    »Auf dem Land. Da wirst du jeden Monat einmal zum Wolf.«
    »Versprochen?«
    Ich nicke. »Da gibt es noch mehr Wölfe. Meine Verwandten. Es wird dir gefallen.«
    »Wölfe wie dich?«, fragt er.
    »Genau.«
    »Okay«, sagt er und steht auf. »Ich find es schön, wenn ich ein Wolf bin. Das ist besser.«
    Der Tod ist besser als das, was er hier hat.

NACHHER
    In der Morgendämmerung schiebe ich den Jungen in unsere Wohnung und knalle die Tür hinter uns zu. Ich schubse ihn an den Schuhen und Mänteln vorbei in die Küche. Er lässt sich wie ein Sack auf den Boden fallen und schaut böse zu mir auf.
    »Das hier ist aber nicht …«, setzt er an.
    »Micah?«, ruft Dad aus dem Schlafzimmer, bevor er zu uns in die Küche kommt. Mom ist hinter ihm. »Wo warst du? Wer ist das?«
    »Das ist er«, sage ich. »Zachs Mörder.«
    »Ich wollte das nicht«, sagt der Junge.
    » Mon dieu «, sagt Mom und hält sich die Nase zu.
    In der winzigen Küche kommt man nicht an dem Jungen vorbei. Er fläzt sich schlapp auf dem Boden und stinkt hier drinnen noch mehr als draußen, weil hier kein Wind den Geruch davontragen kann. Wir anderen drei drängen uns im Flur, um ihm nicht zu nahe kommen zu müssen. Ich überlege, ob ich wohl ebenfalls stinke, weil ich die letzten Stunden in seiner Nähe verbracht habe. Meine Hand tut weh und ich brauche eine Dusche.
    »Warum hast du ihn mitgebracht?«, fragt Dad und hält sich die Nase zu.
    »Weil ihr mir nicht geglaubt habt. Bitte, hier ist er: Der Junge, der Zach umgebracht hat.«
    Wir starren alle drei den Jungen an, der die Knie an den Körper zieht. »War ich«, gibt er zu.
    »Ist er ein Wolf?«, fragt Mom.
    »Erst einmal«, sagt der Junge. »Das war schön. Sie sagt, ich kann wieder ein Wolf sein. Einmal im Monat.«

    Mom und Dad schauen sich an. Zweifellos glauben sie mir jetzt. Vielleicht darf ich jetzt hierbleiben.
    »Der ist ja widerlich«, sagt Dad. »Ich lass jetzt mal ein Bad ein.«
    Unsere Badewanne ist gerade mal eine halbe Wanne. Das ganze Badezimmer ist winzig. So dünn der Junge auch ist, eng wird es trotzdem.
    »Nicht waschen. Mag kein Wasser.«
    »Nix da«, sage ich.
    »Komm schon«, sagt Dad. »Ich mach dich sauber. Steck dich in frische Klamotten.«
    »Mag kein Wasser.« Er rührt sich nicht.
    »Das sehe ich«, meint Dad. »Aber du wirst dich trotzdem waschen.«
    »Wenn du nicht mit Dad mitgehst, nehmen wir dich nicht mit

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