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Luftkurmord

Luftkurmord

Titel: Luftkurmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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Die nasse Hose hängte er über die Rückenlehne
des Fahrersitzes und den Pulli auf einen Bügel in der Dusche. Am liebsten hätte
er seine Kleidung sofort in eine Reinigung gebracht. Wasser, Schlamm und alles
andere fortwaschen lassen. Aber heute war Sonntag und die Geschäfte
geschlossen. Zum ersten Mal ärgerte er sich darüber, dass er bisher keinen Wert
auf anständige Kleidung gelegt hatte und nun auf die alte Jogginghose
angewiesen war, die er als eiserne Reserve in einem der Fächer verstaut hatte.
Er zog an den Hosenbeinen, die ihm lose um die Knie schlenkerten.
    Kai Rokke quetschte
sich auf die Bank seiner Essecke, betrachtete den leeren Ständer der »Lydia«
und fühlte sich allein.
    Sie wollten ihm sein
Boot zurückgeben, sobald sie mit der Spurensicherung fertig waren, die Haare
aus der Schiffsschraube entfernt und den Rumpf auf weitere Spuren untersucht
hatten. Selbstverständlich seien sie vorsichtig, hatte die ältere Polizistin,
deren Namen er vergessen hatte, ihm versichert, aber er traute ihnen nicht.
Jemand, der keine Ahnung und keine Erfahrung hatte, konnte unmöglich mit der
notwendigen Vorsicht an die empfindliche Technik herangehen. Kai Rokke machte
sich Sorgen um die »Lydia«. Er sah seine Hände und Finger an und seufzte. Lang
waren sie, und schmal. Die Mittelfinger leicht nach außen gekrümmt. Er
trommelte einen Rhythmus auf die Resopalplatte und summte leise, ohne auf den
Text zu dem Lied zu kommen, das ihm durch den Kopf ging. Wieder seufzte er,
beugte sich zum Fenster vor und sah hinaus. Es regnete immer noch.
    Er lehnte sich
zurück und legte den Kopf in den Nacken. »Judith Bleuler«, murmelte er leise
vor sich hin, lauschte dem Klang des Namens nach und fragte sich, wieso er
ausgerechnet jetzt an die junge Polizistin denken musste. Sie hatte ihn
beeindruckt. Strukturiert, gradlinig, stark und klar in ihren Anweisungen. Sie
hatte nicht den Eindruck gemacht, als ob die tote Frau sie aus der Bahn werfen
würde. Ganz im Gegensatz zu ihm. Er hatte gekotzt. Und danach geraucht. Oder
umgekehrt. Er wusste es schon nicht mehr. Der Geschmack in seinem Mund wollte,
trotz des Zähneputzens von vorhin, nicht verschwinden, genauso wenig wie die
Erinnerung an das Gesicht der toten Frau.
    Er stand auf, reckte
sich und drückte seine Handflächen gegen die Decke des Wohnmobils. Die Spannung
tat ihm gut. Sie half ihm, seine Gedanken zu sortieren. Judith Bleuler hatte
ihn gefragt, ob ihm rund um den Zeitpunkt des Auffindens der Toten etwas
aufgefallen war, und er hatte verneint. Je mehr er aber darüber nachdachte,
umso mehr kroch aus seinem Hinterkopf eine Erinnerung an etwas hervor, was ihm
im Augenblick des Erlebens so nebensächlich vorgekommen war, dass er es sofort
wieder vergessen hatte. Außerdem war er sich nicht sicher, ob ihn seine
Erinnerung nicht täuschte. Er könnte sich irren. Und was war dann? Dann sah
Judith Bleuler ihn nicht nur als einen Raucher und Schwächling, sondern auch
noch nach als jemanden an, der sich wichtigmachte. Wollte er das riskieren?
    »Nein«, sagte Kai
Rokke Hornbläser in die Stille seines Wohnwagens hinein, setzte sich wieder an
den Tisch und strich über den leeren Bootsständer. »Nein.«
    Er brauchte fünf
Minuten. Dann war alles bereit. Er ließ den Motor an, setzte rückwärts aus
seinem Standplatz und wendete. Die schmale Straße führte ihn im weiten Bogen
ein Stück am Waldrand entlang und dann über eine kleine Brücke, bis sie
schließlich in die Urftseestraße mündete. Er bog nach links auf die Hauptstraße
des Gemünder Ortsteils Malsbenden ein und lenkte sein Wohnmobil gemächlich
durch die Kurven. Hinter der Ampel ging es links zum Marienplatz. Er entschied
sich, zu parken und dann zu Fuß durch die Dreiborner Straße bis zur Regatta zu
gehen. Um einen Platz näher am Geschehen zu finden, war es jetzt zu spät. Die
Hose klebte immer noch klamm an seinen Beinen und scheuerte unangenehm auf der
Haut, während er den Wagen über den Platz lenkte und nach einer Parklücke
suchte. Viele Autos mit fremden Kennzeichen standen dicht nebeneinander. Kai
Rokke ärgerte sich. Das waren alles Regattabesucher, gekommen, um die schönsten
Schiffe im Einsatz zu sehen, und er konnte nicht teilnehmen.
    Mit einem Krächzen
zog die Handbremse an. Er stieg aus und zupfte Hose und T-Shirt zurecht,
fischte den Tabak von der Ablage und schloss das Wohnmobil ab. Hatte er
irgendetwas vergessen? Ohne die »Lydia« fühlten sich seine Hände so leer an.
Wenn die Polizei

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