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Luftkurmord

Luftkurmord

Titel: Luftkurmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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ich
unterbrach ihn. Ich konnte ihm ansehen, dass er keine Lust mehr auf die
Diskussionen um Hermanns Krankheit hatte, die sich ewig im Kreis drehten und
immer damit endeten, dass ich mich zurückzog.
    »Lass gut sein,
Steffen. Ich weiß, was du sagen willst. Und du weißt, was ich darauf sagen
werde.« Ich versuchte ein Grinsen. »Danke, dass du dich den ganzen Tag um ihn
gekümmert hast.«
    »Was machst du
morgen mit ihm?«
    »Ich weiß es noch
nicht.« Ich strich dem Kater über den Kopf, zwischen den Ohren hindurch und
über die Schnauze bis zur Nase, und erhielt ein leises Schnurren zur Antwort.
»Es wird mir schon was einfallen, Süßer«, murmelte ich und verstärkte mein
Kraulen.
    »Was war heute
Morgen los?« Steffen ging in die Küche, und ich hörte die Kühlschranktür. »Es
hörte sich sehr ernst an.«
    Er wusste es noch
nicht. Er konnte es noch nicht wissen, weil er den ganzen Tag in der Wohnung
verbracht hatte, um auf meinen Kater aufzupassen.
    »Wir haben Regina
Brinke tot in der Urft gefunden.«
    »Die Regina aus der
Stadtverwaltung?« Steffen war mit einem Glas Milch in der Hand wieder im
Wohnzimmer aufgetaucht.
    Ich nickte. Und
bevor er alle Fragen einzeln stellen würde, fasste ich das Geschehene kurz
zusammen.
    »Und wirst du
Andreas Hinweis nachgehen?«, fragte er, als ich mit meinem Bericht zu Ende war.
    »Mal sehen, was die
Obduktion bringt.« Ich nahm eine Haarsträhne und zwirbelte sie um meinen
Finger. »Andrea war sehr aufgeregt wegen der ganzen Sache.«
    »Hatte Regina denn
mit dem Hotelprojekt etwas zu tun? Immerhin arbeitete sie auf dem Bauamt.«
    »Sie engagierte sich
ebenfalls gegen den Wiederaufbau. Sagt Andrea.« Ich stand vom Boden auf, wo ich
die ganze Zeit neben Hermann gekniet und ihn gestreichelt hatte, und sah
Steffen an. »Du wusstest von der geplanten Demo.« Keine Frage. Eine Aussage,
und dass sie stimmte, erkannte ich an seiner Reaktion.
    Er sog Luft durch
seine Nase ein und spitzte die Lippen. »Ich bin nicht hingegangen.«
    »Wärst du denn
hingegangen, wenn du nicht auf Hermann aufgepasst hättest?«
    »Vielleicht? Ich
weiß es nicht.«
    »Andrea hat eine
flammende Rede gehalten.«
    »Du warst da?«
    »Dienstlich.«
    Er nickte und lehnte
sich gegen den Türrahmen. Seine dunklen Locken fielen ihm ins Gesicht, und ich
konnte seine Miene nicht erkennen.
    »Warum hast du mir
nichts von Andreas Plänen gesagt?«
    »Hat sie dir von
ihren Plänen erzählt? Hat sie dir die Mail geschickt?«
    »Herrgott, Steffen,
du bist mein Freund. Ich lebe mit dir zusammen. Da wäre es schon schön, wenn du
solche Informationen nicht für dich behalten würdest.«
    »Was hat das denn
damit zu tun?« Steffen stieß sich vom Türrahmen ab und verschränkte die Arme
vor der Brust. »Deine Freundin Andrea hat dir die Mail nicht geschickt, weil
die Demo nicht angemeldet war und sie weiß, dass du die Information als
Polizistin weitergeben müsstest. Sie wollte dich schützen!«
    »Schützen? Wovor?«
Ich lachte und hörte die Bitterkeit in meiner Stimme. »Und was ist mit dir,
Steffen? Wolltest du mich auch schützen?«
    Die Türklingel ließ
uns beide verstummen. Steffen drehte sich um und ging durch den Flur zur
Wohnungstür. Ich hörte, wie er sie öffnete.
    »Stör ich dich?«
    Steffens Antwort kam
eine Sekunde zu spät, um spontan zu wirken.
    »Nein.« Wieder eine
Pause. »Komm rein, Mama.«
    »Ich will dich
wirklich nicht stören, Junge. Es ist Sonntag, und du hast frei. Aber ich habe
einen Kuchen gebacken, und da dachte ich, du hättest vielleicht Hunger?« Ihre
Stimme wurde immer fester und deutlicher, je näher sie dem Wohnzimmer kam.
    »Hallo, Helga«,
sagte ich zu dem Gesicht hinter der Kuchenplatte.
    »Ina!« Helga stellte
den Kuchen auf das niedrige Tischchen vor dem Sofa. »Ich dachte, du müsstest
heute arbeiten, Kind?« Sie sprach es wie eine Frage aus. »Na, dann will ich
euch beide aber wirklich nicht länger stören.« Sie blieb in ihrer dünnen Jacke
im Raum stehen und sah abwechselnd auf mich und auf Steffen, ohne sich zu
bewegen.
    Steffen verharrte
hinter ihr. Er überragte seine Mutter um zwei Kopf und hatte keine Mühe, mich
über sie hinweg zu mustern. Ich zuckte leicht mit den Schultern, beugte mich zu
Hermann hinunter und streichelte ihn. Helga wegzuschicken brachte ich nicht
übers Herz. Steffens Vater war vor zwei Jahren gestorben, seitdem lebte Helga
allein in Nierfeld. Haus und Garten waren riesig, und Helga bemühte sich, alles
in Ordnung zu halten. Aber mit jedem

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