Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Luftkurmord

Luftkurmord

Titel: Luftkurmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
Vom Netzwerk:
folgte dem Bachlauf der
Urft. Die Straße lag in Hör- und Sichtweite der Kirche. Mitten in Gemünd. Eine
wunderbare Lage.
    »Was ist hier?«
    »Ich wollte es dir
eigentlich zu einem passenderen Zeitpunkt zeigen, aber wenn ich darauf warte,
geht es bei deinem Job wohl nie.« Steffen grinste, strich sich eine Haarsträhne
aus dem Gesicht und räusperte sich. »Also, Ina.« Er zeigte auf das Haus direkt
neben seinem Wagen. »Das ist es. Ich habe es gekauft.«
    Ich sah ihn an. Er
erwiderte meinen Blick. Ich erkannte die Erwartung darin, die Freude, und mein
Magen verknotete sich. Ich drehte mich Richtung des Hauses. Zeit schinden.
Überlegen. Ich wollte ihm nicht wehtun!
    »Aber … das Haus
deiner Mutter. Was ist denn damit?«, stammelte ich und lehnte mich an den
Wagen.
    »Du hast ziemlich
deutlich gesagt, dass es für dich nicht in Frage kommt, mit meiner Mutter in
einem Haus zusammenzuwohnen. Und ich möchte das auch nicht.« Er ging auf das
Haus zu und zog einen Schlüssel aus der Tasche. »Willst du es dir mal ansehen?«
    »Steffen, ich …«,
setzte ich an, brach ab und versuchte es erneut. Jetzt. Ich musste es ihm jetzt
sagen. »Steffen …« Mein Handy klingelte. »Verdammt!«, fluchte ich und war im
gleichen Augenblick froh über den Aufschub. Es war Hansen. »Ja?«
    Seine Stimme kratzte
durch den Äther. »Wir haben eine Leiche gefunden. An der Stelle, an der das
Hotel gebaut werden soll. Diesmal ist es mit Sicherheit kein Selbstmord.«
    ***
    »So sieht man
sich wieder, Frau Weinz. So sieht man sich wieder.« Horst Sauerbier kam mit
ausgestreckter Rechter auf mich zu. Ich drehte mich kurz um und nickte Steffen
zum Abschied zu. Er hatte mich hierhergebracht und versprochen, den Kater zu
Hermann zu bringen und sich um den Wagen zu kümmern, ohne weiter auf eine
Reaktion zum Hauskauf zu drängen. Sein Verständnis für meine Arbeit und seine
Bereitschaft, darauf Rücksicht zu nehmen, machten es mir nicht leichter. »Bonn
wird heute wohl auf mich verzichten müssen, was?« Er sah sich um. »Es hat halt
doch Vorteile, wenn man vor Ort wohnt, aber wem sage ich das?«
    »Guten Morgen, Herr
Sauerbier«, erwiderte ich seinen Gruß, schüttelte seine Hand und beobachtete,
wie seine Schnurrbartenden zuckten. Sauerbier lebte in Schleiden und arbeitete
im Bonner Polizeipräsidium. Die Stunde Fahrtzeit jeden Morgen nahm er gern in
Kauf, solange er nur in seiner geliebten Eifel wohnen konnte. Natürlich wurde
er bevorzugt auf die lokalen Fälle angesetzt, und ich hatte mal wieder den
Eindruck, dass er sich über den »Mord vor Ort« freute.
    »Kommen wir direkt
zur Sache, Frau Weinz. Die örtliche Presse hat gestern, wie Sie wissen, ein
Erpresserschreiben zugespielt bekommen, in dem neben einer stattlichen Summe
Lösegeld der sofortige Stopp des Projektes hier«, er schwenkte seinen Arm im
großen Bogen, als ob er die Landschaft einpacken wollte, »gefordert wurde.
Heute Morgen fanden zwei Wanderer die Leiche und …«
    »Wer ist es?«,
unterbrach ich seinen Redeschwall und bemühte mich darum, ruhig zu bleiben.
Einige Meter weiter arbeiteten die Kollegen der Spurensicherung am und um den
Fundort der Leiche. Hier, im Außengelände, würde es einige Zeit dauern, bis
alles erledigt war. Ich entdeckte den dunklen Kombi des Bestatters am Rand des
abgesteckten Feldes. Die Leiche lag also noch am Fundort.
    »Bitte?«
    »Konnten Sie schon
die Identität der Leiche feststellen?«
    »Es tut mir leid,
Ina, aber …«, warf Hansen ein, der die ganze Zeit daneben gestanden und unserem
Gespräch zugehört hatte.
    »Nicht Andrea,
oder?«, flüsterte ich und spürte, wie meine Knie weich wurden.
    »Die Tote trug einen
Ausweis, ausgestellt auf den Namen Birgit Vorhaus, bei sich.« Sauerbiers Ton
blieb sachlich, auch wenn ihm meine Reaktion nicht entgangen sein konnte. »Der
Kollege Hansen hat sie nach Augenschein identifiziert. Näheres wird die
Leichenschau ergeben.«
    »Birgit?« Ich
spürte, wie meine Knie weich wurden. Nicht Andrea. Es war nicht Andrea. Ich
schwankte. In meinem Kopf wiederholte ich die Worte wie ein Mantra. Ich spürte
eine wilde Erleichterung und gleichzeitig eine tiefe Trauer. Wegen Birgit und
weil mir klar wurde, wie sich die Situation jetzt darstellte. Die für die
Bauerlaubnis bestochene Stadtangestellte Regina Brinke begeht Selbstmord, die
fanatische Projektgegnerin Andrea Herbstmann verschwindet spurlos, es taucht
ein Erpresserschreiben mit der Forderung nach einem sofortigen Baustopp auf,
und dann wird die

Weitere Kostenlose Bücher