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Luftkurmord

Luftkurmord

Titel: Luftkurmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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Tür. »Ich weiß noch nicht, ob ich es Papa erzählen werde. Vielleicht
später.« Es klackte leise, als sie die Tür hinter sich ins Schloss zog.
    ***
    »Ina?« Eine Hand
an meiner Schulter. »Warum schläfst du auf dem Boden?« Henrike saß auf dem
Sofa, die Haare wirr vom Kopf abstehend, und betrachtete mich wie ein seltsames
Insekt.
    »Ich wollte
niemanden wecken heute Nacht«, murmelte ich und hoffte, dass sie die Antwort
ohne weitere Nachfragen schlucken würde.
    »War’s spät?«
    »Ja. Es war spät.
Ich bin erst nach eins wieder da gewesen.«
    »Habt ihr sie
gefunden?«
    Ich runzelte die
Stirn und brauchte zwei Sekunden, bis ich verstand, wen sie mit »sie« meinte.
    »Nein.« Ich sah zu
ihr hoch. »Es tut mir leid. Hat sie sich noch einmal gemeldet?«
    Henrike schüttelte
den Kopf und biss sich auf die Lippen.
    »Ich habe Angst,
dass ihr was passiert ist, Ina.«
    Am liebsten hätte
ich ihr zugestimmt, sie in den Arm genommen und getröstet. Aber ich wollte sie
nicht noch mehr beunruhigen. Ich lächelte sie an.
    »Ist denn Reginas
Vater wieder aufgetaucht? Steffen hat mir davon erzählt.« Ihre Stimme hatte den
ängstlichen Unterton verloren. Ablenkung. Ihre Art der Verdrängung.
    »Oh, ja. Klar. Es
hat etwas gedauert, aber er ist wieder da.«
    »Was war mit ihm?«
    »Er hatte sich
verfahren und wusste nicht mehr, wie er zurückkommen sollte. Vermutlich wusste
er noch nicht einmal genau, wohin er zurücksollte, und ist einfach nicht mehr
weitergefahren.«
    »War er die ganze
Zeit da, wo ihr ihn gefunden habt?« Sie wickelte sich ihr Plumeau um den Leib
und ging in Richtung Küche.
    »Wo sollte er sonst
gewesen sein?« Ich nahm den Kater hoch und legte ihn in seine Kiste. Er schlief
sofort wieder ein. Ich folgte Henrike in die Küche, öffnete den Kühlschrank und
nahm die Milch heraus. Bevor sie nach der Packung greifen und sie an den Mund
setzen konnte, reichte ich ihr eine Tasse und goss ihr die Milch ein.
    »Aber er muss ja
irgendwoher gekommen sein, als er sich verfahren hat.«
    »Keine schlechte
Idee, Henrike. Ich werde die Kollegen fragen, ob sie auch über die Batterie
gefahren sind, um nach Alfons Brinke zu suchen.«
    »Schon auf, die
Damen?« Steffen lächelte uns fröhlich an. Hatte er bemerkt, dass ich gar nicht
im Bett geschlafen hatte? Wenn ja, ließ er es sich nicht anmerken. Er beugte
sich zu mir und gab mir einen Kuss. »Guten Morgen, Ina.«
    »Guten Morgen,
Steffen«, erwiderte ich, stellte die Milchtüte wieder zurück in den Kühlschrank
und sah auf die Küchenuhr. »Ich muss mich beeilen«, murmelte ich und verschwand
Richtung Badezimmer. Auch wenn ich mit Steffen sprechen musste, bestimmt war
jetzt der vollkommen falsche Zeitpunkt dafür.
    »Kannst du mich mit
zur Schule nehmen, wenn du nach Schleiden fährst?«, rief Henrike mir hinterher.
»Ich kann nicht hier sitzen und darauf warten, was mit Mama ist.«
    Ich steckte den Kopf
aus der Badezimmertür.
    »Willst du das
wirklich?«
    »Ja. Noch einen Tag
zu Birgit will ich auf keinen Fall.«
    Ich nickte. Steffen
hatte Henrike also nichts von den weiteren Ereignissen erzählt. Ich dachte kurz
nach.
    »Okay. Ich bringe
dich hin. Aber nimm dein Handy mit und lass es ausnahmsweise an, damit ich dich
erreichen kann, wenn ich etwas Neues höre.« Ich griff nach der Zahnbürste,
drehte den Wasserhahn auf und beugte mich vor. »Ach, Mist. Ich habe ja komplett
vergessen, dass mein Käfer mal wieder den Geist aufgegeben hat. Das muss ich
auch noch regeln«, fluchte ich verhalten.
    »Wie bist du
denn nach Hause gekommen?«, fragte Steffen, als ich angezogen und einigermaßen
wach in die Küche kam, »dein Auto steht nicht vor der Tür.«
    »Der Käfer streikt
schon wieder. Thomas hat mich ein Stück mitgenommen. Den Rest bin ich gelaufen.
Hat mir gutgetan.« Nicht jetzt. Er nickte.
    »Ich bringe dich
hin, und wir versuchen, den Wagen wieder in Gang zu bringen. Ich wollte dir
sowieso noch etwas zeigen.«
    »Jetzt?«
    »Ja, jetzt. Es liegt
auf dem Weg.«
    »Dann fahre ich doch
mit dem Bus«, warf Henrike ein, hängte ihre Tasche über die Schulter und hob
die Hand. »Versprichst du, dich zu melden, Ina?«
    »Sicher.«
    »So. Hier ist
es.« Steffen bremste mitten auf der Straße, schaltete den Wagen ab und stieg
aus. »Am Kreuzberg«, verkündete er mir, als ob ich nicht wüsste, wie die Straße
hieß.
    Ich sah mich um. Die
Häuser der kleinen Gasse drängten sich an der rechten Seite dicht an den
Berghang. Vor uns machte die Straße eine Kurve und

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