Luftschlösser
beginnen.
Sie betraten den großen Saal wie ein König und seine Prinzessin - ein attraktiver Mann mit perfekt gebundener Krawatte, an dessen Arm eine bildhübsche Frau schritt. Auf den Schlips hatte Edward beim Verlassen seines Hauses einen ganz verliebten Blick geworfen. Es ging doch nichts über gut sitzenden Halsschmuck und eine Tochter, die ihn so vorbildlich binden konnte.
Persephone sah geradezu beunruhigend gut aus. Ihr schlanker Körper steckte in einem nudefarbenen Corsagenkleid aus Seide, über dessen Oberfläche sich eine dünne Lage aus perlenbesticktem Tüll spannte. Passend dazu hatte sie ihr Haar französisch geflochten und mit Perlen verziert. Das leichte Lächeln auf ihrem Gesicht war jedoch weder ihrer eigenen Anwesenheit auf dieser Party geschuldet noch den anderen Gästen zugedacht. Sie lächelte, weil sie es geschafft hatte, die hübschen hautfarbenen High Heels im Internet ausfindig zu machen und per Express liefern zu lassen. Sich darüber so diebisch zu freuen, war kindisch und oberflächlich, das wusste Persephone sehr wohl. Andererseits war es eine dieser kleinen Freuden, die ihr das Leben versüßten. Sie hatte sich dafür entschieden, auf andere Leidenschaften zu verzichten, da würde man ihr diese Schwäche hoffentlich nachsehen.
„Das nenne ich einen Auftritt, mein Mädchen! Hast du bemerkt, wie die uns alle angestarrt haben? Beinahe wie in alten Zeiten...” Edward war über die interessierten bis neidischen Blicke der anderen Männer und Frauen sehr erheitert. Er mochte es noch immer, im Mittelpunkt zu stehen und der Welt zu zeigen, dass er noch nicht zum alten Eisen gehörte. Und, dass er eine hübsche Tochter hatte.
„Du bist unverbesserlich, Dad. Weshalb findest du es so toll, dass die verheirateten Frauen dich mit ihren Blicken ausziehen und mich anschauen, als würde ich ihnen sofort ihre Kerle ausspannen wollen?”
deWinter lachte kurz auf. „Weil es meiner Eitelkeit schmeichelt, wenn mir die Ladys hier feurige Blicke zuwerfen. Du solltest dich freuen, dass sie dich so giftig anschauen. Das zeigt nur, dass du das richtige Kleid angezogen hast.” Er tätschelte die Hand seiner Tochter und suchte die Gesellschaft nach seinen alten Freunden ab. „Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest, meine alten Knaben stehen da drüben und sehen aus, als könnten sie ein wenig Unterhaltung gut vertragen.”
Persephone erkannte die Männer, die in einer Ecke des Saals die Köpfe zusammengesteckt hatten und offenbar irgendetwas miteinander besprachen.
„Viel Spaß, Dad. Und benimm’ dich!”, ermahnte sie ihn.
Edward warf ihr einen schelmischen Blick zu und schlenderte gemütlich zu den anderen graumelierten Herren hin.
Damit begann für Persephone der langweilige Teil der Veranstaltung. Sie hasste es regelrecht, sich an einem lauwarmen Glas Champagner festzuhalten und dabei den Leuten zuzulächeln, die sie noch nie hatte leiden können. Sie schaffte es dennoch, sich eine halbe Stunde lang im Raum umzusehen und dabei die einzelnen Einrichtungsgegenstände zu begutachten, die die Cunninghams nicht hatten wegräumen können. Was sie sah, zeugte zwar vom Bemühen um Stil, nicht jedoch von Können. Wer auch immer die Einrichtung verzapft hatte, war dem Kitsch mit Leib und Seele verfallen. Wahrscheinlich Bitsy selbst. Ausnahmslos alle Möbel sahen auf den ersten Blick aus wie antike Originalstücke, entpuppten sich aber bei genauerem Hinsehen als Stücke aus dem Historismus. Der wilde Mix aus mehreren Epochen, der sich in jedem einzelnen Möbel wieder fand, schmerzte auf den Augen und beleidigte jeden Liebhaber echter alter Möbelstücke.
Gelangweilt und zunehmend genervt vom ständigen Hintergrundgedudel belangloser Fahrstuhlmusik schlenderte Persephone weiter in den angrenzenden Raum, in dem sich weitere Partygäste tummelten. Auch dort fiel ihr Kennerblick sofort auf die Sünden, die halb versteckt ihr Dasein in den Wandregalen fristeten. Eindeutig, Bitsy musste die Geschmacksverirrungen zu verantworten haben. Aus einer Ecke drang ein Lachen an ihr Ohr, das ihr verdächtig bekannt vorkam, das Lachen einer Frau. Dann stimmte eine tiefe Männerstimme in das Gelächter ein. Persephones Blick huschte suchend durch das Zimmer und wurde schnell fündig. Charles Manning stand da und amüsierte sich prächtig mit ihrer Sekretärin Trish. Das Schicksal meinte es nicht gut mit ihr, denn noch bevor sie sich ungesehen wieder davonschleichen konnte, bemerkte Charles sie und winkte
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