Lukes Verwandlung (German Edition)
Melissa sollte keine Scheu davor haben, ihren Sohn in seiner Gegenwart zu stillen. Und Luke wollte ein Teil davon sein, was bisher nur Melissa und dem Baby gehört hatte. Und er schwor sich auch, dass er noch vor Einbruch der Nacht das Recht dazu haben würde.
Um dieses Vorhaben auch in die Tat umsetzen zu können, hatte Luke eine Kleinigkeit zu organisieren. Während Melissa sich um das Baby kümmerte, machte sich Luke auf die Suche nach Benson. Im Pferdestall fand er seinen Vorarbeiter.
„Boss“, grüßte Benson und striegelte weiter eines der Pferde, ohne sich bei seiner Arbeit unterbrechen zu lassen. Wenn Donavan nach ihm gesucht hatte, dann hatte das sicher mit einer speziellen Aufgabe zu tun.
„Benson“, nickte Luke zurück. „Was hältst du davon, ein paar Besorgungen für mich in der Stadt zu machen?“
Ein Lachen folgte dieser rein hypothetischen Frage. Und die Antwort des Vormanns zeigte, dass er mit den Besorgungen seines Chefs nur zu vertraut war.
„Eine ebenso anspruchsvolle Aufgabe wie in Grahamswill?“
„Weniger anspruchsvoll, dafür mindestens genauso wichtig“, gab Luke zu. „Hol den Prediger, Benson. Ich möchte heute noch getraut werden“, eröffnete er wenig überraschend.
„Und Benson, ich möchte, dass die Jungs weiterhin denken, dass Miss Gray und das Baby eine Art Unfall meinerseits sind. Kein Wort davon, dass du sie in Grahamswill für mich ausgesucht hast.“
„Boss?“
„Wenn irgendjemand dumme Andeutungen macht, dann wirst du bestätigen, dass ich ein verantwortungsloser Mistkerl bin, der ein für sich viel zu junges Mädchen verführt hat, um sie dazu zu bringen zu heiraten“, erklärte Luke bestimmt.
„Halten Sie das für klug? Lügen werden früher oder später immer durch einen dummen Zufall aufgedeckt“, gab Benson zu bedenken.
„Dann wird es eben keine dummen Zufälle geben“, bestimmte Luke entschieden. „Erzähl was immer du willst. Hauptsache jeder denkt, ich wäre der Vater des Babys.“
„Das ist Ihr Leben, Boss. Aber manche Dinge lassen sich nicht für immer unter den Teppich kehren“, gab Benson zu bedenken.
„Alles lässt sich unter den Teppich kehren, Benson.“
Dieser Ansicht konnte sich der Vormann zwar nicht anschließen, aber wenn sein Boss auf dieser Version der Geschichte beharren wollte, würde er ihm keine Steine in den Weg legen.
* * *
Benson betrat den kleinen Gemischtwarenladen, der alles vorrätig zu haben schien, was irgendjemand in der Gegend brauchen könnte. Dass das auch für seine Besorgung zutreffen würde, davon ging er aus. Auch wenn er von diesem Ding nicht einmal so genau wusste, wie es aussehen sollte, vertraute er darauf, dass Ted Johannson, der Ladenbesitzer, wusste was gemeint war.
Benson war nicht der einzige Kunde, der an diesem Vormittag seine Besorgungen im Laden machte. Außer ein paar Hausfrauen standen auch noch eine Handvoll Männer im hinteren Teil des Ladens. Sie nutzten den Service, den Johannson anbot, und tranken Kaffee, da der Ladenbesitzer sich weigerte, ihnen vor zwei Uhr nachmittags einen Schnaps zu verkaufen. Ein widerliches Zeug, Johannsons Kaffee, wenn sich Benson richtig erinnerte, da er einmal so unvorsichtig war, die Brühe zu probieren.
Die Liste, die er von seinem Boss bekommen hatte, war nicht besonders lang, dafür erregte sie aber ein gewisses Interesse. Die Suche nach einer Babytrinkflasche ließ schon den Ladenbesitzer eine Augenbraue in die Höhe ziehen. Aber als Benson seine Wahl für ein Kleid getroffen hatte, verstummten sogar die Gespräche der Männer, die sich hier nur die Zeit vertrieben. Allerdings war das nicht lange der Fall, da jemand spöttisch lachte. Und obwohl sich Benson nicht umdrehte, um zu sehen wer da einem Heiterkeitsausbruch erlegen war, erkannte er doch dieses Lachen.
Er hätte sich bei seinem Eintritt die Mühe machen sollen, seinen Blick durch den ganzen Laden schweifen zu lassen. Dann hätte er auch nicht übersehen, dass Micky, dieses Großmaul, hier herumlungerte. Der Kerl musste sich natürlich irgendwie für seinen Rauswurf erkenntlich zeigen, und widmete sich dieser Aufgabe, indem er Bensons Einkäufe unter die Lupe nahm.
„Kaufst du für die Rothaarige ein, die mit dir auf die Ranch gekommen ist, Benson? Schade dass meine Sicht auf die Kleine gerade dadurch getrübt war, dass ich mich vom Boden hochkämpfen musste. Hätte mich nämlich auch interessiert, was da geboten wird“, hörte sich diese Bemerkung nicht nach reiner Freundlichkeit an.
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