Lukes Verwandlung (German Edition)
gemeinte Berührung, versuchte nicht sich aus seinem Griff zu winden. Luke sah das als positives Zeichen. Vielleicht brauchte sie den Trost eines anderen Menschen. Vielleicht wollte sie den Schrecken, von dem sie zu Johnny in der vergangenen Nacht gesprochen hatte, in seinen Armen vergessen. Und er war bereit, ihr seine starke Schulter zur Verfügung zu stellen, damit sie bei ihm Halt suchen konnte. Um ihr die Möglichkeit zu geben, sich nicht nur im übertragenen Sinne an ihn zu lehnen, drehte Luke Melissa vorsichtig zu sich herum und nahm sie in die Arme. Ein sanfter Seufzer entwich ihren Lippen, und ihr weicher Körper schmiegte sich an ihn.
Luke hoffte, dass es ausreichte Melissa so zu halten, und ihr sanft den Rücken zu streicheln. Er war nicht besonders gut darin, auf die Gefühle einer Frau einzugehen. Dieser Aspekt seines Wesens war vor vielen Jahren unter einem Berg aus Zurückweisung und Berechnung verschüttet worden. Aber irgendwo musste das Mitgefühl noch ein wenig Luft bekommen haben um zu überleben. Denn ein zartes Pflänzchen dieser sanften Seite bahnte sich seinen Weg ins Licht.
Allerdings traute Luke dieser Empfindung nicht so ganz, und darum wollte er auch nicht zu tief darin eintauchen. Ein nüchternes Wort, um diese Situation voller Gefühlsüberschwang zu beenden war angebracht.
„Wenn du bei jeder Kleinigkeit, die ich für dich oder das Baby besorgen lasse losheulst, weiß ich nicht, wie ich in Zukunft für euch sorgen soll. Wir könnten uns natürlich auch darauf einigen, dass du mir mit Worten dankst, oder selbst einkaufen gehst“, überlegte Luke laut.
Er hatte ganz sachlich gesprochen, ohne zu zeigen, dass ihn Melissas Reaktion in irgendeiner Weise berührte. Und der Blick, der auf die junge Frau gerichtet war, wirkte eher fragend kalt als mitfühlend. Ein Anblick, der sie vielleicht eingeschüchtert hätte, nur passte das, was Luke tat nicht ganz zu seinen mahnenden Worten.
Während er so aussah, als würde er sie schelten, strichen seine Hände ganz zart und sanft unaufhörlich über ihren Rücken. Und da Melissa mit diesem Widerspruch nichts anzufangen wusste, blickte sie fragend in die Augen des Mannes, den sie schon bald heiraten würde. Und das obwohl sie ihn kaum kannte, und nichts von ihm wusste.
So etwas wie Wärme ließ sich in seinem distanzierten Gesichtsausdruck einfach nicht erkennen. Aber dennoch fühlte Melissa genau diese Wärme. Die Wärme eines Körpers, der sie sanft hielt, und die Wärme von trostspendenden Händen, die Worte überflüssig machten.
Sie hatte sich so danach gesehnt, ihre Last mit jemanden zu teilen, ihre Angst und auch den Schock. In dem Augenblick, als sie die tote Kitty gefunden hatte, waren diese Gefühle auf sie niedergeprasselt, und hatten sie seither nicht mehr losgelassen. Und es war in dem Augenblick etwas in ihr zerbrochen, von dem sie bisher gedacht hatte, es könnte sich nie wieder zusammenfügen. Aber jetzt zeigte sich ein kleiner Hoffnungsschimmer.
Sie hatte sich selbst und den kleinen Johnny aus dem brennenden Bordell gerettet, und nicht gewusst, dass das erst der Anfang eines nicht enden wollenden Alptraums war. Niemand außer ihnen beiden hatte es nach draußen geschafft. Und Melissa hatte befürchtet, dass von den Mädchen gar keine mehr in der Lage war es überhaupt zu versuchen. Die Stille im Haus, als sie vom Bahnhof zurückkam, musste einen Grund gehabt haben, der womöglich genauso grauenvoll war wie das, was sie in Kittys Zimmer gesehen hatte.
Wer dabei seine Hände mit im Spiel hatte, wusste sie nicht, aber ein Verdacht drängte sich ihr direkt auf. Sie hatte ihn gesehen, Richard Banks und noch ein paar andere Männer. Keiner hatte einen Finger gerührt, um das brennende Inferno, das sich rasend schnell im ganzen Viertel ausbreitete zu bekämpfen. Ihr Interesse richtete sich nur auf eines. Auf das brennende Bordell, und ob wirklich alles darin ein Raub der Flammen wurde.
Dass niemand für die Bordellbesitzerin und ihre Mädchen einen Finger rührte, war schon schlimm genug. Noch schlimmer jedoch war zu sehen, welche Art Aufmerksamkeit man ihrem Entkommen aus dem Haus beimaß.
Auch wenn sie keines von Madam Valeries Freudenmädchen war, so hatte sie der eine oder andere Kunde schon einmal durch das Haus huschen sehen. Und ihre roten Haare waren zu auffällig, als dass sie nicht wiedererkannt worden wäre. Banks jedenfalls erkannte sie, und der Gesichtsausdruck, den sie aus der Entfernung glaubte zu sehen, machte ihr
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