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Lukianenko Sergej

Lukianenko Sergej

Titel: Lukianenko Sergej Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trix Solier 3445BAB7
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Fischhändler. Am
Ufer drückten sich ebenfalls ein paar von ihnen herum,
jünger als Trix, aber mit Sicherheit in der Lage, dem
Kleinen den Silberling abzuknöpfen.
»Ja«, antwortete Trix.
Schweigend liefen sie weiter. Rechts erstreckte sich
ein vernachlässigter Teil des Ufers, links lagen schäbige
Hütten, aus denen es nach Fisch stank.
»Die verfolgen uns«, bemerkte der Junge. Er beschleunigte den Schritt und versuchte, Trix zu überholen.
»Klaro …«
Trix schaute zurück. In der Tat, die Bande kam ihnen
nach. Er zählte sechs Jungen. »Geh langsam«, befahl er.
»Da vorn kommt jemand, da werden sie sich nichts trauen.«
»Klaro, da kommt jemand«, erwiderte der Junge traurig. »Und deswegen werden sie uns jetzt erst recht ausrauben.«
Vor ihnen waren zwei weitere Jungen aufgetaucht,
beide in Trix’ Alter. Allem Anschein nach handelte es
sich bei ihnen um die Anführer der Bande.
Trix hielt nach jemandem Ausschau, der ihnen zu Hilfe
kommen könnte. Aber die Fischer und Händler waren zu
weit weg.
Immerhin entdeckte er am Boden einen langen, kräftigen Stock. Mit einem ähnlichen Ding hatte er unter Anleitung des Hauptmanns der Wache Schwertkampf geübt,
bevor man ihm die erste Klinge gegeben hatte. Trix hob
den Stock auf, wischte den Dreck an seinen Hosen ab,
damit er sicher zupacken konnte, und fasste ihn mit jenem Griff, der in den Lehrbüchern der Kampfkunst
klangvoll als »Jungenspaß« bezeichnet wurde: mit beiden
Händen und vertikal vor sich.
Einer der Burschen, ein stämmiger Junge, bei dem auf
den ersten Blick klar war, dass er nicht sehr groß werden,
dafür aber gewaltige Schultern bekommen würde, spuckte aus und trat vor. »Wen haben wir denn da?«, fragte er.
»Einen Meister im Stockkampf?«
»Richtig«, antwortete Trix möglichst forsch. Natürlich
war er alles andere als ein Meister, überhaupt hatte er
zuletzt vor drei Jahren einen Stock in der Hand gehabt.
Wenn er doch bloß ein Schwert hätte! Oder besser noch:
ein Schwert und ein Kettenhemd!
»Gracq, gib mir meinen Stock!«, befahl der Bursche
und strich sich das strubbelige Haar glatt. Sein Gefährte
flitzte zu den Speichern. Trix drehte sich nach den anderen Jungen um. Die waren stehen geblieben und warteten
ab. Also brauchte er nur gegen den Anführer anzutreten.
Wer hätte gedacht, dass selbst diese Schufte ritterlichen
Edelmut zeigen können!
»Das ist der beste Lattenkämpfer vom ganzen Pier.
Klaro«, flüsterte Trix’ kleiner Gefährte. »Was ist mit dir?«
Trix beobachtete finster, wie Gracq seinem Freund
den Stock brachte, ein Ding von mindestens anderthalb
Metern Länge. Es war aus solidem Holz, von Hand poliert und an den Enden abgegriffen, was auf häufigen
Gebrauch deutete. Dem hatte Trix nur einen einfachen
Knüppel aus Buchenholz entgegenzusetzen.
»Ich verstehe durchaus etwas von der Sache«, behauptete Trix, um sich selbst Mut zu machen. »Soll ich’s dir
beweisen?« Sein Lehrer hatte den Stock verachtet. Doch
wenn nun einmal nichts anderes zur Verfügung stand.
»Der Kampfstock ist eine einfache und schlichte Waffe,
genau wie das Wort des Ritters«, sagte Trix. »Seine
Schläge sind gerade und ehrlich, kennen weder die Niedertracht der Armbrustbolzen noch die Hinterhältigkeit
der Stahlklinge. Der Baum wächst vom Boden zum
Himmel, deshalb schlägt der Stock dem Feind auch den
Boden unter den Füßen weg und schickt ihn gen Himmel! Nicht das Holz ist stark, sondern der unbeugsame
Wille! Der Stock ist nur eine Verlängerung der Hand des
Ritters, der Schlag eine Verlängerung seines Blickes und
der Sieg nur eine Verlängerung seines Weges. Die Bewegungen im Kampf sind mir vertraut wie dem Vogel
sein Flügelschlag und dem Fisch die Flosse!«
»Jawoll!«, feuerte der Junge ihn an. »Klaro! Zeig’s
ihm! Ständig knöpft der allen das Geld ab! Klaro!«
Schade, dachte Trix, dass diese flammende Rede, die
es wert ist, in Chroniken und Lehrbücher aufgenommen
zu werden, unbemerkt verhallt. Wenn er doch bloß lauter
gesprochen hätte, viel lauter, vielleicht hätte ja dann sein
Gegner Angst gekriegt! So hatte er nur einen kleinen
Rotzbengel begeistert!
Nun ließ sich das aber nicht mehr ändern. Der strubbelige Anführer dieser Stadtrandbande kam ihm bereits mit
dem Stock entgegen. Er hielt ihn übrigens parallel zum
Boden und die Hände recht weit auseinander. Es erinnerte
Trix an das »offene Herz«, eine Technik, deren sich ausschließlich erfahrene Kämpfer bedienten.
Strubbelkopf

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