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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Aufgabe für Sie.» Das gab den Ausschlag für die Rückkehr.
    Am letzten Mittwoch im Oktober 96 fuhr sie wieder an dem Alleebaum auf der Landstraße vorbei. Um die Mittagszeit betrat sie den Bungalow und hatte zum ersten Mal das Gefühl, nach Hause zu kommen und eine sinnvolle Aufgabe zu haben. Wenn Bruno Kleu so gerne wissen wollte, wie die Finger seiner Tochter in Bens Hände geraten waren   …
    In Lohberg hatte sie sich mit ein paar Lebensmitteln versorgt, unter anderem ein Fertiggericht gekauft, das im Backofen verkohlte, weil sie keinen Appetit hatte und es vergaß. Um den beißenden Geruch zu vertreiben, öffnete sie das Küchenfenster. Am frühen Nachmittag hielt der Mercedes vor dem Haus, zwei Sekunden später klingelte Nicole an der Haustür.
    Sie wollte nicht öffnen, aber Nicole war sehr hartnäckig, nahm den Finger gar nicht wieder vom Klingelknopf. Als Miriam in die Diele ging, war sie noch ruhig. Doch kaum hatte sie die Tür geöffnet, fiel die Fassade in sich zusammen.
    «Da bist du ja wieder», sagte Nicole erleichtert. «Wo warst du denn? Wir haben uns solche Sorgen gemacht.»
    Das brachte sie völlig aus der Fassung. Es hatte sich noch nie ein Mensch Sorgen um sie gemacht, höchstens ihre Mutter in frühen Jahren. Heinz Lukka hatte immer gesagt, sie sei stark. «Kleine Mäuse sind unverwüstlich, sie lassen sich nicht ausrotten.» Ausrotten! Ein merkwürdiger Ausdruck, das wurde ihr jetzt erst bewusst.
    Nicole nutzte den Moment der Verwirrung, schob Miriam von der Tür zurück in die Diele, schloss die Tür, schob sie weiter ins Wohnzimmer, drückte sie in einen Sessel und setzte sich ihr gegenüber. «Ich war jeden Tag hier und hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Walterhat schon überlegt, ob er dein Auto suchen lassen soll. Er macht sich ziemliche Vorwürfe, weil er sich so blöd benommen hat an dem Abend in Köln.»
    «Er hat sich nicht blöd benommen», sagte sie. «Er hat mir die Augen geöffnet.»
    «Das ist doch Unsinn, Miriam.» Nicole wurde eindringlich. «Walter hat in sämtlichen Kölner Hotels nachgefragt. Lukka hat nirgendwo übernachtet. Er war hier in der Nacht.»
    «Und warum hat er mich mit dem Hotel belogen? Konnte er hellsehen? Wusste er, dass in der Nacht ein Mädchen bei ihm auftauchen würde? Du hast ihn nicht erlebt an dem Abend. Er war ausgeglichen und zufrieden. So ein Mann fährt nicht nach Hause und bringt irgendein Mädchen um, das nur zufällig bei ihm klingelt, vielleicht nach einem Taxi telefonieren will. Nenn mir einen vernünftigen Grund, warum er das hätte tun sollen.»
    «Manchmal wissen solche Kerle selbst nicht, welchen Grund sie haben.»
    «Nenn ihn nicht Kerl.»
    «Doch, das tu ich», sagte Nicole. «Bruno Kleu nennt ihn sogar Scheißkerl, und ich schätze, das ist der richtige Ausdruck.» Sie beugte sich im Sessel vor, und ihre Stimme klang noch eindringlicher. «Sei vernünftig, Miriam. Lukka hat schon lange vor dem Sommer Frauen getötet. Walter sagte, kein Mensch weiß genau, wie viele Opfer es tatsächlich waren. Er war viel unterwegs, hat sich wahrscheinlich auf seinen Reisen ausgetobt und hier nur zugeschlagen, wenn sich eine günstige Gelegenheit bot. Du solltest dich mal mit Uwe von Burg unterhalten. Er kann dir einiges über Lukka erzählen. Seine Mutter hat sich früher um eine alte Frau gekümmert, die einen Mord beobachtet hat. Das war im August 80, eine junge Artistin, die Maria Jensen sehr ähnlich sah.»
    Nicole sagte noch eine Menge mehr. Das meiste rauschte an Miriam vorbei. August 80, das blieb haften. Zu der Zeit hatte ihre Mutter Heinz Lukka schon gekannt. Minutenlang kreisten ihre Gedanken um die letzte Fahrt mit ihrer Mutter, um die Flüche und Verwünschungen. «Scheißkerle allesamt. – Warum bin ich nicht selbst darauf gekommen? Und da wundere ich mich, dass mir   …»
    Irgendwann sagte Nicole: «Miriam, ich weiß, dass Lukka dir sehr viel bedeutet hat. Aber du solltest dir auch etwas bedeuten. Mach dich nicht kaputt für dieses Schwein und lass Ben in Ruhe. Nehmen wir den allerschlimmsten Fall, Lukka hätte Svenja Krahl und die beiden anderen nicht getötet. Was ändert sich für dich? Gar nichts. Es bleiben die beiden Kinder.»
    «Und du meinst, das kann man so hinnehmen?», fragte sie. «Denkst du dabei nicht an Patrizia? Sie ist täglich mit Ben zusammen. Und wenn es auch nur den Hauch eines Verdachts gibt, sollte man dem nachgehen, oder siehst du das anders?»
    Nicole schüttelte den Kopf, wusste nicht, was sie noch

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