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Lukkas Erbe

Lukkas Erbe

Titel: Lukkas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Geschütz auf. Dass er sie für krank hielt, normal sei es jedenfalls nicht, wenn eine junge Frau sich in einem Haus einquartiere, in dem sehr wahrscheinlich fünf Menschen gestorben waren, darunter das jüngste Kind einer Familie, die nur achthundert Meter entfernt wohnte.
    Wie er das ausdrückte, klang es nicht nach einer gesicherten Erkenntnis. «Was heißt sehr wahrscheinlich?», fragte sie.
    «Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit», korrigierte Walter. «Es gab nicht viele Sachbeweise. Lukka hatte Zeit genug, gründlich sauber zu machen. Zwischen Svenja Krahl und Britta Lässler lagen immerhin fünf Wochen.»
    Und dann nannte Walter Hambloch ein Datum, nannte den Tag, an dem Svenja Krahl beim Bendchen vergewaltigt worden war, nannte den Abend im Juli 95, an dem sie Heinz Lukka zum letzten Mal gesehen hatte.
    «Das kann nicht sein», sagte sie. «Nicht an dem Abend.»
    «Und ob», sagte Walter. «Es war ein Sonntag.» Er wandte sich an Hartmut und Nicole. «An dem Abend haben wir noch so lange in eurer Wohnung gearbeitet, erinnert ihr euch? Andreas und Uwe haben die Deckenpaneele angebracht.»
    «Genau», bestätigte Hartmut, «und du hast zwei Flaschen Bier getrunken und ihnen zugeschaut. Am besten hörst du jetzt auf davon. Du hast uns schon genug vom Abend versaut. Du kannst von Glück sagen, dass Miriam es so locker nimmt.»
    Davon konnte keine Rede mehr sein. «Moment», sagte sie. «Hier geht es um Mord. Lukka kann Svenja Krahl nicht getötet haben, wenn er nicht im Dorf war. Das war er mit Sicherheit nicht. Er war hier, an dem Tisch dort haben wir gesessen.» Sie zeigte mit dem Daumen über die Schulter, sah es noch so klar vor sich. Der schmächtige alte Mann ihr gegenüber, der sich ein Lächeln abrang und sagte. «Wenn ich dich sehe, geht es mir immer prächtig.» Sie sah ihn noch die Rechnung begleichen, ein großzügiges Trinkgeld geben – und die Rechnung auf dem Tisch zurücklassen – sein Alibi.
    Walter schüttelte nachdrücklich den Kopf und bestand darauf: «Du musst dich irren, Miriam.»
    Sie war sich ihrer Sache völlig sicher. «Es war mein letzter Abend mit ihm. Montag früh bin ich in Urlaub gefahren.»
    «Ihr habt aber bestimmt nicht die ganze Nacht hier gesessen», entgegnete Walter. «Um zwei Uhr kann er wieder im Dorf gewesen sein.»
    «Er ist nicht zurückgefahren», sagte sie. «Er wollte ein Hotelzimmer nehmen für die Nacht, hatte am nächsten Morgen einen Termin am Landgericht und wollte nicht unnötig hin und her fahren.»
    Walter betrachtete sie nachdenklich und meinte nach ein paar Sekunden: «Dann haben die Burschen wohl den falschen Tag angegeben. Die sind doch erst sieben Monate später nochmal zu Svenja Krahl befragt worden. Wer weiß denn nach sieben Monaten noch so genau   …»
    Das ist kein Argument, dachte Miriam. Walter Hambloch wusste nach mehr als einem Jahr noch, dass an dem Abend die Deckenpaneele angebracht worden waren. Sie konnte sich kaum noch auf seine Stimme konzentrieren. Ihr wurde so entsetzlich übel, dass sie glaubte, sich übergeben zu müssen. Wie durch Watte hörte sie Nicole fragen: «Sollen wir mal rausgehen, Miriam? Frische Luft tut dir bestimmt gut.»
    Das hörte sie noch, danach rauschte einiges an ihr vorbei, als hätte sie Wasser in den Ohren. Die Eisdecke hatte nachgegeben, sie war eingebrochen, strampelte hilflos in eisiger Kälte, fühlte, dass Nicole nach ihrer Hand griff, ihr auch gegen die Wange klopfte. Sie hörte Fetzen einer Auseinandersetzung, hätte aber nicht sagen können, ob nur Hartmut Rehbach heftig auf Walter Hambloch einsprach oder ob Nicole sich beteiligte.
    Nicole setzte ihr ein Glas an die Lippen, Mineralwasser. Alkohol trank Miriam nie, nicht einmal Wein zum Essen. Automatisch schluckte sie, es schmeckte nachnichts. Nur die Kohlensäure spürte sie auf der Zunge wie Schaumbläschen.
    «Geht’s wieder, Miriam?», fragte Nicole.
    Es ging nicht, der Schaum in ihrem Mund verhinderte, dass sie aussprechen konnte, was sie dachte. Heinz Lukka hatte Svenja Krahl nicht getötet, er konnte sie gar nicht getötet haben. Und wenn dieses Mädchen mit zwei anderen zusammen in einem Grab gelegen hatte, musste man seine Schuld auch bei Marlene Jensen und der Amerikanerin bezweifeln. Sein Abschiedsbrief! Zwei Tage nach Marlene Jensens Verschwinden geschrieben – einen lang gehegten Traum verwirklichen. Sie hatte doch gleich so ein sonderbares Gefühl gehabt bei dieser Formulierung.
    Der Oberkellner kam an den Tisch und

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