Lukkas Erbe
dir. Und was machst du, wenn sie ihre Meinung ändert? Wenn du von ihr abhängig bist …»
«Dann koch ich eben für drei», schnitt Nicole ihm das Wort ab. Walter ging ihr auf die Nerven mit seinen düsteren Vermutungen, die jeder Grundlage entbehrten.
«Du bist doch bloß sauer auf Miriam, weil du nicht bei ihr landen konntest», mischte Hartmut sich ein. «Gönnst du es uns nicht, wenn es uns ein bisschen besser geht? Zweihundert Mark mehr jeden Monat, die können wir gut gebrauchen. Und für Nicole wird alles leichter, keine Schichtarbeit, jedes Wochenende frei. Den Mercedes braucht sie auch nicht mehr. Ist ja nur ein Kilometer. Den kann sie zu Fuß gehen. Dann könnte ich vielleicht auch noch was dazuverdienen. Winfried wäre bereit, mich im Computerladen als Aushilfe zu nehmen. Erst mal für lau, aber dabei bleibt es nicht, das garantiere ich dir.»
Dass er ihnen etwas nicht gönnte, bestritt Walter Hambloch energisch.
«Es hört sich aber so an», sagte Hartmut. «Manchmal weiß man wirklich nicht, was man bei dir noch denken soll.»
Walter Hambloch winkte ab. «Macht doch, was ihr wollt. Aber wundert euch nicht, wenn das dicke Ende nachkommt.»
Weder Nicole noch ihr Mann hatten Zweifel an Miriams guten Absichten. Und Miriam reagierte mit überschwänglicher Freude auf die Nachricht von der Kündigung. Ihren Sieg wollte sie gleich am Samstagabend feiern, aber dafürwar der Italiener in Lohberg nicht geeignet. Sie reservierte einen Tisch für vier Personen in dem Kölner Restaurant, in dem sie ihren letzten Abend mit Lukka verbracht hatte. Hambloch durfte mitkommen und sich davon überzeugen, dass Lukkas Erbin nichts weiter wollte als ein geruhsames Leben auf dem Lande führen.
Miriam genügte, was sie erreicht hatte. Sie hatte mit Lukkas Henker in der Sonne gesessen und ihn sympathisch gefunden. Sie hatte mit Lukkas Erzfeind Bruno Kaffee getrunken, sich angehört, wie ihm zumute war, und ihm ein paar gute Tipps für den Umgang mit Maria Jensen gegeben. Und Lukka konnte sich nicht mal im Grab umdrehen, er war ja nur noch Asche.
Sie bewegte sich auf sehr dünnem Eis und spürte nicht, wie zerbrechlich die Kruste unter ihr war. In sechs Wochen war ihre Ersatzmutter für sie da, Tag für Tag, würde kochen und wischen, sie umsorgen und lieben.
Es war zu Beginn ein netter Abend, obwohl Walter Hambloch kein Blatt vor den Mund nahm und all die Bedenken äußerte, die er schon bei Nicole und Hartmut angebracht hatte. Miriam hörte ihm lächelnd zu, ließ sich durch nichts aus der Fassung bringen. Als er endlich schwieg, erkundigte sie sich: «Ist dir der Begriff Eifersucht geläufig, Walter? Es gibt verschiedene Formen. Es gibt zum Beispiel junge Männer, die sich für ihre Freunde ein Bein ausreißen und allergisch reagieren, wenn jemand etwas gibt, was sie nicht geben können. Da vermuten sie alle möglichen und unmöglichen Hintergedanken und wühlen so lange herum, bis sie ein Haar in der Suppe finden. Du wirst lange suchen müssen, Walter, ich leide nicht unter Haarausfall.»
«Ich bin auch nicht eifersüchtig», sagte Walter. «Ich frag mich nur, was für dich an Nicole so interessant war.»
«Ist», korrigierte Miriam. «Es hat sich nichts geändert, Walter, nur weil ich einige Gespräche mit Bruno Kleu geführt habe. Das war beruflich. Bei Nicole suche ich Freundschaft, und das solltest du nachempfinden können. Du bezeichnest dich doch auch als ihren Freund.»
Nicole verfolgte den Disput aufmerksam. Hartmut Rehbach war eher missmutig, ihm passte es nicht, dass Walter Miriam in dieser Form angriff. Aber sein Menü lenkte ihn ab. Hartmut hatte nur einen flüchtigen Blick auf die Speisekarte geworfen, festgestellt, dass er sie nicht lesen konnte, nach Gutdünken ausgewählt und etwas serviert bekommen, von dem er nicht genau wusste, was es war. Und in einem so noblen Lokal wollte er kein Aufsehen erregen. Nicole fischte verstohlen alles von seinem Teller, was er auf den Rand schob.
«Freundschaft kauft man nicht», sagte Walter. «Wer so vorgeht, will etwas anderes. Ich habe nicht studiert wie du, Miriam. Aber ein bisschen Psychologie eignet man sich mit der Zeit an in meinem Job.»
«Natürlich», stimmte sie ihm spöttisch zu. «Wie will man sonst beurteilen, warum Promillesünder zu tief ins Glas schauen oder die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Landstraße so oft überschritten wird.» Sie winkte den Oberkellner heran und ließ Dessertkarten bringen.
Walter fuhr sein schwerstes
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