Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod

Titel: Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Wahlberg
Vom Netzwerk:
Geländer festhielt und vorsichtig die Stufen am Ende eines Holzstegs ins Wasser hineinstieg. Der Himmel wechselte am Horizont ins Violett, vielleicht eine leise Vorwarnung vor einer neuen Regenfront.
    »Guck dir den Alten an! So von seinem eigenen Grundstück aus ins Wasser springen zu können«, sagte Erika und zeigte auf die blasse Gestalt, die jetzt hineinplumpste und ein paar Schwimmzüge machte.
    »Ja, das ist herrlich«, sagte Lundin. »Der Sommer ist dieses Jahr aber auch ungewöhnlich schön.«
    »So sollte es jedes Jahr sein. Aber Herbst ist auch nicht schlecht.«
    »Findest du?«
    »Mir gefällt er. Eigentlich beginnt das neue Jahr doch im Herbst«, sprach sie weiter. »Vielleicht liegt das daran, dass man zum Herbst immer mit dem neuen Schuljahr anfing. Man bekam eine neue Chance, Schwierigkeiten zu vermeiden. Ein neues Schuljahr lag vor einem, aus dem man etwas machen konnte, wenn man sich anstrengte. Nach Neujahr war es dann ja schon mehr oder weniger wieder gelaufen, das halbe Schuljahr rum.«
    »Aber du warst doch sicher eine fleißige Schülerin«, meinte er.
    »Oh nein«, widersprach sie lachend. »Ich hatte in der Oberstufe eine Zeit, die ich am liebsten vergessen möchte, und meine Eltern und meine Lehrer sicher auch.«
    Soso, dachte Lundin ohne Verwunderung. Er hatte schon viele Problemkinder kennen gelernt, die später etwas aus ihrem Leben gemacht hatten. Und das Gegenteil gab es natürlich auch. Nach so einem suchten sie im Augenblick gerade …
    Sie fuhren an einem großen weißen Holzhaus vorbei, das überwuchert war mit Schnitzereien, samt Turm und Wintergarten, der auch nicht gerade bescheiden war.
    »Da kann man ja richtig neidisch werden«, meinte Lundin mit Blick auf das Haus. »Ist es hier?«, fragte er Erika, die die Karte auf dem Schoß hatte.
    »Ne, ne, aber was für ein Idyll«, rief sie aus. »Möchtest du nicht hier wohnen?«
    »Warum nicht, aber noch lieber hätte ich Ausblick auf Kühe auf der Weide«, erklärte Janne Lundin, der auf einem Bauernhof aufgewachsen war. »Außerdem ist hier für meinen Geschmack zu viel zu machen. Da musst du dir schon Dienstboten leisten können, und ich weiß nicht, ob das immer so lustig ist, alle möglichen Leute um sich herumspringen zu haben, Maler, Gärtner, Putzfrauen.«
    Die Ferienhäuser, die meisten umgebaut für ganzjährige Benutzung, wurden immer kleiner, alte, kleine Hütten mit hervorstehenden Anbauten, um den Raum zu erweitern. Auf einigen Grundstücken waren die alten Häuser abgerissen und neue gebaut worden.
    Sie klappte die Karte auf ihrem Schoß auf, legte den Zeigefinger auf die Badestelle, folgte von dort der Straße Richtung Norden.
    »Fahr noch ein bisschen weiter, dann nach rechts auf eine Landzunge. Den ganzen Weg lang liegen Häuser. Stell dir vor, ich bin nie weiter als bis zu der Badestelle gekommen. Viel weiter schafft man es mit dem Fahrrad nicht.«
    »Du bist nicht aus der Stadt, oder?«
    »Nein«, antwortete Erika und setzte sich die Sonnenbrille auf, die Sonne brannte jetzt stark, auch wenn das Augustlicht verhältnismäßig sanft war. »Ich komme aus Malmö.«
    »Aber du hast keinen schonischen Akzent. Nicht so wie Gotte.«
    »Ich war acht, als wir hierher gezogen sind, und meine Mutter kommt aus Piteå, mein Vater von Jamaika, deshalb habe ich nie das Schonische angenommen. Aber ich kann, wenn ich will«, sagte sie lächelnd und spürte nicht die alte gewohnte Müdigkeit darüber, immer wieder erklären zu müssen, woher sie kam, sie mit der braunen Haut und den schwer einzuordnenden Gesichtszügen.
    Die Menschen wollten den anderen gern einordnen. Und sie hatte noch nicht einmal einen Akzent, der passte. Wenn die Leute nur ihr perfektes Schwedisch akzeptierten, war alles gut, wenn sie nicht einen Akzent zu hören meinten, der gar nicht vorhanden war. Und den es nie gegeben hatte. Und wie oft war sie gebeten worden, ihren Namen zu buchstabieren, bei der Bank oder der Post, sobald sie ihr Gesicht sahen, und ebenso oft entstand ein Moment peinlichen Schweigens, wenn sie ohne zu zögern den ganz normalen Namen buchstabierte: E, R, I, K, A …
    »Ich hätte mir ja denken können, dass du nicht aus der Gegend bist, sonst wärst du bestimmt schon einmal hier gewesen«, sagte Janne nur.
    »Jetzt nach rechts«, dirigierte sie, und sie bogen auf einen schmalen asphaltierten Weg ab, in einen Nadelwald hinein, in dem weiterhin kleine und große Ferienhäuser zwischen den Bäumen auftauchten.
    »Da«, sagte sie und zeigte

Weitere Kostenlose Bücher