Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
nach weiteren Worten, um Laura zu beschreiben, fand aber keine.
»Es tat mir Leid um Johan, und es war sicher dumm von ihm, nicht früher aufzuhören. Das hätte ich gemacht«, meinte sie. »Keiner glaubt doch, dass sich so was von allein klärt.«
»Lieber weglaufen als vergebens kämpfen. Aber was haben denn alle anderen gemacht?«
Er sah ein, dass das nicht der richtige Moment für eine moralische Einlage war, konnte aber nicht an sich halten. Sie gab keine Antwort, zuckte nur mit den Schultern.
»Was hätten wir machen sollen?«, fragte sie resigniert. »Es hätte sich doch sowieso niemand drum gekümmert, was wir, das Pflegepersonal davon halten«, erklärte sie und klang deutlich resigniert. »Vielleicht hätten wir trotzdem mit der Faust auf den Tisch schlagen und fordern sollen, dass die Ärzte zusammenhalten. Doch das ist nicht so einfach, wissen Sie.«
Ja, was hätten sie machen sollen? Die Gerüchte setzten sich sicher in allen mehr oder weniger fest, bis sie nicht mehr wussten, was oben und was unten war und schon gar nicht, was Lüge und was Wahrheit war. Oder Freundlichkeit, Kameradschaft und sozialer Zusammenhalt, und mitten in diesem Gemisch aus Taktik, Lügen und heimlichen Ränken war es vermutlich das Einfachste, die Augen zu schließen. Das konnte man auf verschiedene Art und Weise tun, unter anderem dadurch, dass man sich nicht um das kümmerte, was einen nicht direkt betraf. Er hatte das schon früher erlebt, Menschen, die sich weigerten zu registrieren, dass es so etwas wie Zivilcourage und ethische Eigenverantwortung gab.
Der Ausdruck soziale Kompetenz kam ihm in den Sinn. Es bedeutete nicht nur, beruflich kooperativ zu sein, Höflichkeit als ein professionelles Verhalten zu pflegen, ein hohles Lächeln zu zeigen, wann immer es passte. Nein, es ging um mehr, und wem fehlte es hier an dieser guten Eigenschaft? Johan Söderlund oder den anderen? Selten lag der Fehler allein bei einem Einzelnen.
Hier musste es ein Motiv geben.
Er griff zur Klinke, öffnete die Tür einen Spalt, hielt dann aber inne.
»Wenn Sie genauer nachdenken, könnte es nicht möglich sein, dass die Blumen, über die wir vorhin gesprochen haben, für Johan Söderlunds Beerdigung bestimmt waren?«, fragte er und wandte sich erneut Rigmor Juttergren zu.
»Doch«, sagte sie und ließ die Augenlider sinken, dass ein grünlicher Schimmer zu sehen war. »Das muss der Kranz gewesen sein. Der von der Klinik.«
»Ich danke Ihnen«, verabschiedete Claesson sich und ließ sie allein.
Yvette Ninne war gerade auf dem Weg zur Cafeteria, als Claesson sie aufsuchte, da sie nicht nach der Arbeit ins Polizeirevier kommen wollte, obwohl man dort ungestörter hätte sprechen können.
Die Cafeteria war offen zur Glastür des Haupteingangs hin, die sich für alle Besucher automatisch öffnete und wieder schloss, doch zu dieser Uhrzeit kamen nicht besonders viele. Wer sie, Yvette und Claes Claesson, sehen wollte, der konnte es, falls es von Interesse wäre: eine junge Schwesternhelferin und ein Kommissar mittleren Alters.
Yvette war höchstens fünfundzwanzig Jahre alt, wie er schätzte. Sie hatte kleine Haarklemmen im Pony, warum, konnte er nicht sagen, waren die Haare doch sowieso ganz kurz. An dem linken Handgelenk trug sie eine große Armbanduhr mit rotem Gehäuse und schwarzen Ziffern, die auch ein Halbblinder lesen konnte.
»Ich wollte Ihnen nur sagen, dass es einen Arzt hier gibt, der nicht ganz dicht ist«, kam sie gleich mit ziemlich affektierter Stimme zur Sache.
»Können Sie mir ein bisschen mehr davon erzählen«, bat Claesson, der es gewohnt war, zwischen Wichtigem und Unwichtigem, eher vulgären oder eher naiven Behauptungen zu sortieren.
»Er heißt Tomas Bengtsson, und früher war er ganz normal«, erklärte sie, und der Blick ihrer etwas auseinander stehenden Augen flackerte zwischen den eigenen Händen auf dem Tisch und Claessons Gesicht hin und her. Die Hände waren klein und rund wie die ganze Yvette, die Nägel sauber und ganz kurz geschnitten. »Aber jetzt ist er verrückt geworden, geht auf uns los, wird sauer und bekommt Wutausbrüche«, fuhr sie fort.
»Er geht auf Sie los«, wiederholte Claesson. »Was meinen Sie damit?«
»Na, er wird wütend und schreit wegen nichts herum. So war er nicht, bevor er Johan Söderlund totgefahren hat.«
Warum haben wir das nicht selbst überprüft?, dachte Claesson. Manchmal denkt man aber wirklich einfach nicht weit genug.
»Dann war es also Tomas Bengtsson, der
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