Lundborg-Westmann & Claes Claesson - 02 - Ein plötzlicher Tod
hatte sich beschwert. Übrigens die gleiche, die die Geschichte von Johan Söderlund wieder aufgewühlt hat und …«
»Und?«
»Na, es gab damals das Gerücht, er hätte Sexfotos auf seinem Computer im Krankenhaus laufen. Kinderpornos, aber das konnte nie bewiesen werden. Man fand keine konkreten Hinweise. Vermutlich war das erstunken und erlogen. Und die Oberschwester wollte wohl, dass man sich irgendwie dafür entschuldigte. Öffentlich. Johan Söderlund reinwusch, was ja gar nicht ging, weil es nichts reinzuwaschen gab. So sehe ich es jedenfalls. Sie ist so ein Besserwissertyp, eine von der Sorte, die nicht richtig kapieren, dass das Leben manchmal ziemlich kompliziert ist«, sagte er und klang reichlich überheblich.
Was du nicht sagst, dachte Claesson. Was weißt du schon über sie? Es sind nicht immer nur die Ärzte, die die Welt am Laufen halten.
»Ich bin ungefähr eine halbe Stunde geblieben. Maximal eine Stunde. Dann wollte sie noch schnell raus. Irgendetwas kaufen, was sie für die Reise noch brauchte. Ich habe ihr angeboten, sie zu fahren, aber sie wollte das Fahrrad nehmen.«
Claesson überlegte. Gab es noch etwas?
»Also, Sie sind doch häufiger bei Laura Ehrenswärd gewesen, natürlich immer nur als eine Art Freund, der Probleme hat«, fasste Claesson zusammen, und Bengtsson nickte. »Da können Sie mir doch sicher sagen, wo sie ihr Telefon im Erdgeschoss meistens liegen hatte.«
»Nein, kann ich nicht, weil sie es überall hinlegte. Sie hatte so ein schnurloses«, sagte er, schaute Claesson direkt an und sprach dann weiter: »Aber an dem besagten Freitag, da lag es auf dem Glastisch im Wohnzimmer. Zumindest, als ich ging. Es klingelte nämlich einmal, während ich dort war, und da sah ich, wie sie es von dem Tisch nahm. Ansonsten lag es meistens auf dem Couchtisch, gleich zur Hand, wenn sie Fernsehen guckte. Oder sie hatte es in der Küche, wenn sie kochte.«
Bengtssons Fingerabdrücke befanden sich nicht auf dem Telefon. Das wussten Claesson und Louise.
»Eine letzte Frage für heute«, sagte Claesson. »Können Sie sich ein Motiv denken, warum jemand Laura Ehrenswärd getötet hat?«
»Nein, keine Ahnung«, antwortete Bengtsson ohne zu zögern, und man konnte davon ausgehen, dass er die Wahrheit sagte. Er verkehrte ja auch nicht gerade in der Unterwelt.
KAPITEL 21
»Das geht nicht mehr lange gut«, murmelte Tomas Bengtsson in seiner Einsamkeit. »Auch mit mir nicht. Warum fahre ich eigentlich mutterseelenallein in diesem großen Wagen herum? Allein – großes Auto, viel Platz, der die Einsamkeit noch stärker spüren lässt. Ich muss mit Ewa reden und sie fragen, ob wir nicht tauschen können.« Das letzte Mal wollte sie nichts davon wissen, sie meinte, es reiche mit dem Golf. Aber der Chrysler fuhr schneller, und sie hätte mehr Platz für die Kinder.
So ein großes Auto schafft man sich für eine große Familie an, für Urlaubsreisen in die Berge oder in den Süden. Er hatte nie gedacht, damit allein herumzukutschieren.
Familie, dieses schwierige Wort. Es gab sie nicht mehr, aber sie war noch nicht ganz aufgelöst. Noch nicht, und das betonte er vor sich selbst immer wieder. Die Familie befand sich in der Warteschleife, und die Hoffnung, dass sie wieder auferstehen könnte, war noch nicht ganz verblasst.
Er musste das Vertrauen der Kinder und möglichst auch Ewas Vertrauen zurückgewinnen. Wie, das war ihm im Augenblick noch ein absolutes Rätsel, aber es musste möglich sein, spätestens dann, wenn er nicht mehr der Hauptverdächtige im Mordfall Laura Ehrenswärd war. Die Kunst, mehrere Bälle in der Luft zu halten, war nichts, was er im Augenblick bedachte. Seelische Traumata, die sich übereinander türmten, hatten die inneren Abwehrkräfte kollabieren lassen. Er fühlte sich wie eine durchgelegene Sprungfedermatratze.
»Wie zum Teufel bin ich nur so weit gekommen«, fluchte er und schlug mit der Handfläche mehrere Male auf das Lenkrad, während er durch den Hafen auf dem Weg nach Stensö fuhr. Wie zum Teufel konnte es nur so weit kommen!
Dass diese späten Sommertage schön und sanft wie Honig waren, genoss er nicht, nein, er bemerkte es nicht einmal.
Er war des Mordes verdächtigt, und im Augenblick stand er ziemlich schlecht da. Verdammt schlecht.
Er fror. Er fühlte sich nackt und wehrlos wie ein neu geborenes Kind.
Carl-Magnus wollte nicht aus seinem Haus gehen, und das Erste, was Tomas Bengtsson sah, als er den Schlängelweg zwischen den Sommerhäusern herangefahren
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